Sie verteidigt das Sondierungsergebnis: Die Stuttgarter SPD-Abgeordnete Ute Vogt. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Kreisverband der Sozialdemokraten in Stuttgart debattiert heftig über die Groko. Ans Mikro treten mehr Nein- als Jasager.

Stuttgart - Auch in der Landeshauptstadt sind die Sozialdemokraten über die Frage, ob die SPD eine erneute Koalition mit CDU/CSU wagen soll, gespalten. Am Mittwoch debattierten die Mitglieder im Bürgerhaus Rot lange darüber. Eine Abstimmung über weitere Verhandlungen gab es aus formalen Gründen nicht. Die Stuttgarter Abgeordnete Ute Vogt schätzte das Verhältnis von Nein- zu Jasagern als pari. Tatsächlich überwog die Zahl der Neinsager, die ans Mikro traten, mit 14 die der Befürworter (acht).

Doch an dieses Stimmungsbild müssen sich Vogt und Stadtrat Udo Lutz nicht halten, wenn sie als Delegierte am Sonntag beim Bundesparteitag in Bonn ihre Stimme abgeben. Beide erklärten, auf der Grundlage des Sondierungsergebnisses die Koalitionsverhandlungen starten zu wollen. Zwar fehle der SPD ein klares Symbol wie der Mindestlohn beim letzten Mal, so Vogt. Nach einer Neuwahl werde die Partei aber nicht mehr als jetzt durchsetzen können.

Wenig Beifall für Befürworter

Die Befürworter der Koalitionsverhandlungen plädierten ähnlich, forderten aber eine bessere Vermarktung der Positionen. Wer koaliere, sagte die frühere Kultur-Staatssekretärin Marion von Wartenberg, müsse nicht nach Jahren in der Opposition Beschlüsse einer Regierung zurückholen. „Bei Neuwahlen sehe ich uns weit unter 20 Prozent“, warnte sie. Der Beifall für die Befürworter allerdings blieb verhalten – oder er blieb ganz aus.

Der Riss in der SPD geht auch durch den Kreisvorstand. Vorsitzender Dejan Perc und Stellvertreter Daniel Campolieti wandten sich pointiert gegen Verhandlungen – und damit gegen Vogt, die auch Stellvertreterin von Perc ist. Das Sondierungspapier arbeite nur ab, „was wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben, wir stellen den Normalzustand wieder her“, so Perc. Eine Profilbildung bleibe aus. Nach der klaren Ablehnung einer neuen Groko unmittelbar nach der Wahl werde zudem die Glaubwürdigkeit beschädigt. Perc erhielt viel Beifall. Ebenso Anaik Geißel, als sie die festgeschriebenen Zuwandererzahl als „klare, unerträgliche Obergrenze“ ansprach. Vogt widersprach dem heftig.

Mitglieder entscheiden

Das Papier sei inhaltlich so dünn, dass man es in zwei Jahren abarbeiten und die Koalition auf diese Dauer begrenzen könne, so ein Redner. „Gut, dass wir erst noch verhandeln und nicht entscheiden müssen“, sagte Walter Siek, Vorsitzender des Ortsvereins Vaihingen, und atmete hörbar auf.