Ann-Kathrin Müllers leicht verfremdetes Selbstbildnis aus der Arbeit „Tamerlan“ hat die Jury überzeugt. Foto: Ines Rudel

Der neue Südwestdeutsche Kunstpreis der Stiftung der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen geht an die Fotografin Ann-Kathrin Müller. Zu dem Wettbewerbsthema „Porträt – Spiegel der Seele, Spiegel der Zeit“ hat es mehr als 360 Einsendungen gegeben.

Esslingen - Der Landrat ist da und auch der Landtagsabgeordnete, die Vorstandsvorsitzenden von Einst und Jetzt sind gut vertreten, und das reichlich erschienene Publikum verspricht ausgeprägten Kunstsachverstand. Es muss also ein „großes Ding“ sein, das da in der Kreissparkassengalerie in Esslingens Bahnhofstraße läuft. Und tatsächlich hält die Empore etwas über 50 Bilder und Objekte parat, die für die Kunststiftung des Geldinstituts eine Art neue Zeitrechnung signalisieren.

„Unser Baby hat einen neuen Namen bekommen“, sagt eingangs Vorstandsvorsitzender Burkhard Wittmacher. Das Baby Kunstpreisvergabe ist freilich schon gute 40 Lenze alt – und in der Phalanx der Vaterschaften steht der frühere Bankenchef Karl-Otto Völter ganz vorne dran. Und sind in all den Jahren die Kunstschaffenden quasi mit ihren Werken unterm Arm angereist, so stellt sich laut Wittmacher heute die Frage, wie man an „herausragende Leute“ überhaupt herankommt.

Für den Hauptpreis gibt es 10 000 Euro

Diese Leute seien nämlich heutzutage übers ganze Land verteilt und stammten von Fall zu Fall aus ganz anderen Weltgefilden. Darauf und auf die mittlerweile üblichen digitalen Bewerbungswege hat man laut dem Vorstandsvorsitzenden reagieren müssen, unter anderem mit der „zweifachen Jurierung“. Und auch die neuen Dotationen – 10 000 Euro für den Hauptpreis und 2500 Euro für den Förderpreis sowie einen glatten Tausender für den vom Publikum erwählten Preisträger – haben offenbar ihre Wirkung nicht verfehlt: Mehr als 360 Einsendungen, so hieß es, sind zum Wettbewerbsthema „Porträt – Spiegel der Seele, Spiegel der Zeit“ eingegangen.

Um die Spannung noch ein bisschen am Köcheln zu halten, unternahm KSK-Kunstberater Tobias Wall einen Kurztrip durch die recht variantenreiche Ausstellung. Gezeigt werden von den Stuttgartern Steff Ochs und Frank Bayh etwa Adolf Hitler und Nordkoreas Kim Jong-Un in Kindgestalt. Wall bezeichnete das Gesicht als „das Persönlichste und Verletzlichste des Menschen“. Das Geheimnis von Porträts liege in der „Aura“ des Gezeigten – auch in Zeiten der technischen Reproduzierbarkeit und des grassierenden „Selfie“-Booms.

Publikumspreis für Diethard Sohn, Föderpreis für Lisa-Marie Pfeffel

Und dann war es heraus: Diethard Sohn aus Stuttgart erhält den Publikumspreis. Sein Motiv zeigt die Theaterschauspielerin Elke – für Tobias Wall ein Beweis dafür, dass „echte Schönheit nichts mit dem Alter zu tun hat“. Der Förderpreis geht an die Pforzheimerin Lisa-Marie Pfeffel. Ihr Beitrag „Rosemaries“ zeigt zwei Mädchen, bei denen man auf den ersten Blick meint, dass deren Köpfe, Arme und Hände wie bei siamesischen Zwillingen zusammengewachsen sind. Für die Künstlerin selbst handelt es sich freilich nur um ein Kind, allerdings habe sie in die „perspektivische Verzerrung“ auch Erinnerungen an die eigene Kindheit eingearbeitet.

Der Hauptpreis schließlich fiel an die 30-jährige Fotografin Ann-Kathrin Müller aus Stuttgart. In ihrem Triptychon „Tamerlan“, dem entlehnten Titel aus einem Buch der ostdeutschen Autorin Brigitte Reimann, ist die gebürtige Nürtingerin Müller selbst leicht verfremdet mit Bademütze, Plastikhandschuhen und angestrengtem Blick in die Ferne zu sehen.