Die hohen Baupreise machen sich auch bei der Kreisbaugruppe bemerkbar. Im 75. Jahr ihres Bestehens konzentriert man sich eher darauf, Projekte baureif zu machen, statt neue zu beginnen.
Die Wohnungsnot ist eines der bestimmenden Themen unserer Zeit, sagt der Landrat Richard Sigel. Der Bedarf insbesondere an bezahlbarem Wohnraum sei ungebrochen hoch. Doch der private Mietwohnungsbau ist wegen zuletzt steigender Zinsen und explodierender Baupreise quasi zum Erliegen gekommen. Weil zudem fast alle öffentlichen Förderquellen versiegt sind, muss dieser Entwicklung nun auch die Kreisbaugruppe Waiblingen Rechnung tragen.
Kein neues Wohnbauprojekt in diesem Jahr
„Im laufenden Jahr werden wir wohl kein neues Wohnbauprojekt beginnen können“, sagt der Kreisbau-Geschäftsführer Dirk Braune. „Ansonsten müssten wir Mieten jenseits der 20-Euro-Marke nehmen.“ Der durchschnittliche Quadratmeterpreis, den die Kreisbau aktuell berechnet, ist zwar gegenüber dem Vorjahr auch leicht angestiegen, er liegt allerdings mit 8,13 Euro deutlich niedriger, als das, was man für eine halbwegs wirtschaftliche Darstellung eines Neubaus verlangen müsste.
Das 2017 selbst gesteckte Ziel, binnen zehn Jahren mindestens 500 neue, bezahlbare Wohnungen fertigzustellen, will man dennoch nicht aus dem Blick verlieren. Ende 2025 werden es laut Braune bereits 400 Einheiten sein – hätten die Folgen des Ukraine-Kriegs nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht, hätte man die von Landrat und Kreistag gestellte Aufgabe aber wohl früher erledigt. Nun geht man „nur noch“ von einer Punktlandung Ende 2027 aus.
Fördertöpfe sind blockiert
Eine Nivellierung der aktuell viel zu hohen Herstellungskosten ist das eine, andererseits sieht Braune auch die Politik gefordert, an den Stellschrauben für die Rahmenbedingungen zu drehen. Sämtliche Fördertöpfe seien blockiert, weil die Mittel von verschiedenen Bauträgern zwar reserviert worden seien, die Bauprojekte aber nicht angegangen würden. „Hier muss die Politik dringend tätig werden“, sagt Dirk Braune, „entweder muss sie mehr in die Töpfe hineingeben oder die Reservierungszeit für die Fördermittel begrenzen.“
Bis das Bauen wieder halbwegs erschwinglich ist, will man freilich nicht untätig sein: „Wir sind dabei, mehrere Projekte so baureif wie möglich zu machen, damit wir im Idealfall sofort loslegen können, wenn die Rahmenbedingungen wieder passen“, sagt Braune. Man habe gewissermaßen ein kleines Konjunkturprogramm für Architekten aufgelegt, die ebenfalls stark unter der Bauflaute litten.
Begonnene Maßnahmen werden abgearbeitet
Zudem würden natürlich bereits begonnene Baumaßnahmen abgearbeitet. In Welzheim etwa ist im April Richtfest für ein Gebäude gefeiert worden, in dem elf öffentlich geförderte Mietwohnungen eingerichtet werden. In Backnang wiederum wird zunächst der zweite Teil eines Parkhauses fertiggestellt, das zum einen den Bewohnern auf dem ehemaligen Klinikareal und zum anderen den Patienten des gegenüberliegenden Gesundheitszentrums zur Verfügung steht. Im Frühjahr kommenden Jahres will man mit dem Bau weiterer flankierender Wohnhäuser beginnen.
Bereits in der Entwicklung sind zwei für die Kommunen wichtige Infrastrukturprojekte in Rudersberg und Urbach. In Rudersberg wird ein neues Pflegeheim mit 46 Plätzen inklusive Mitarbeiterwohnen und einem Café gebaut, das bis zum Sommer 2025 fertiggestellt werden soll. Das bisherige, als solches nicht mehr nutzbare Pflegeheim wird in eine Tagespflegeeinrichtung umgebaut. In Urbach will man in diesem Sommer mit einem ähnlichen Projekt beginnen.
Ziel Klimaneutralität
Zudem ist die Kreisbaugruppe ein entscheidender Partner, um das Ziel eines klimaneutralen Betriebs der Kreisliegenschaften zu schaffen. Der Kreis investiert hierfür jedes Jahr einen Betrag von 5,4 Millionen Euro. Die Maßnahmen hierfür verliefen planmäßig, sagt der Landrat, in der Zeitspanne zwischen 2019 und 2023 seien die CO2-Äquivalente bereits von 5719 auf 3777 Tonnen gesenkt worden.
Die Kreisbaugruppe selbst wird das Ziel wohl erst 2040 erreichen. Das hat eine Untersuchung des Bestands ergeben. Doch auch hier habe man eine verbindliche „Klimaroadmap“ aufgestellt, in der ein genauer Zeit- und Maßnahmenplan für alle Gebäude hinterlegt sei. Im vergangenen Jahr sei mit der ersten Maßnahme begonnen worden: In der Beinsteiner Straße in Kernen wird ein Gebäudeblock für 14 Bewohner in ein sogenanntes KfW-Effizienzhaus verwandelt, das die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes um 30 Prozent unterbietet.
Jahresabschluss der Kreisbau
Gruppe
Neben der Kreisbaugesellschaft Waiblingen mbH umfasst die Kreisbaugruppe die Rems-Murr-Kreis-Immobilien-Management GmbH und die Rems-Murr-Gesundheits GmbH & Co. KG. Mit 94,9 Prozent ist der Landkreis Hauptgesellschafter.
Bilanz
Die Kreisbaugruppe hat ihr Geschäftsjahr mit einer Bilanzsumme von 360,57 Millionen Euro abgeschlossen. Im Vorjahr waren es 331,77 Millionen Euro gewesen. Investiert wurden im vergangenen Jahr rund 35,5 Millionen Euro (Vorjahr 28 Millionen).
Zahlen
Im aktuellen Bestand sind 1069 Mietwohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 64 160 Quadratmetern sowie 106 Gewerbeeinheiten mit 51 000 Quadratmetern Fläche. Verwaltet werden zudem 2391 Fremdimmobilien. Die Durchschnittsmiete im Wohnungsbestand beträgt 8,13 (Vorjahr 7,94) Euro pro Quadratmeter.