Ein Landwirt bearbeitet einen Acker – was trotz maschineller Unterstützung harte Arbeit ist. Doch das Image des Bauern ist oft ein anderes. Foto: Steffen Honzera

Beim Kreisbauerntag in Murrhardt wirbt die Vizepräsidentin des Bundesbauernverbandes für mehr Bereitschaft der Landwirte zur Veränderung. Aber auch Politiker und Verbraucher sieht sie in der Pflicht.

Sinkende Erlöse, steigende Energie- und Maschinenkosten, wachsende Bürokratie und Auflagen – das Leben eines Landwirts ist in den vergangenen Jahren nicht einfacher geworden. „Man braucht schon viel Optimismus und Gottvertrauen, wenn man heutzutage seinen Hof an die nächste Generation übergibt und meint, dass die auch gut davon leben kann“, sagt ein Landwirt in der gut besetzten Festhalle Murrhardt. Dort war am Freitag der diesjähriger Kreisbauerntag des Verbands Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems. Das Zukunftsthema stand im Vordergrund.

„Vorgaben gehen an der Realität vorbei“

Ganz so düster wie der Landwirt im Publikum will es der Kreisverbandsvorsitzende Jürgen Maurer nicht sehen. Wenngleich die Zeiten keine einfachen sind, müssten Landwirte ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen. „Wir sind offen für Neues, flexibel in der Umsetzung, hoch qualifiziert, lösungsorientiert, arbeiten ressourcenschonend, ob biologisch oder konventionell, und sorgen für das Wohlbefinden unserer Tiere.“ Bauern sieht er dazu noch als „Bodenmanager“, die mit dem Gut Boden „sorgsam und sorgfältig umgehen“. Das lasse sich allerdings nicht immer mit den gesetzlichen Auflagen und Verordnungen vereinbaren. „Bodenbewirtschaftung geht nicht nach Datum, Kalender und strikten Vorgaben – wir wollen und müssen uns nach Natur, Klima und Umwelt richten.“ Manche Vorgaben seien von Seiten der Politik vielleicht gut gemeint, gingen aber an der Realität vorbei. „Wir brauchen in der Politik Realisten, die Verantwortung übernehmen, und die mit uns gemeinsam die Zukunft gestalten.“

Zukunftsfähig sei die Landwirtschaft aus seiner Sicht aber nur, solange sie auf wirtschaftliche Tragfähigkeit ausgerichtet sei: „Wir brauchen keine fairen Preise, wir brauchen Preise, die zu einem positiven Betriebsergebnis führen.“ Wichtig sei hierzu auch entsprechende Infrastruktur. „Sie dürfen den ländlichen Raum nicht abhängen, wir brauchen Infrastruktur und Glasfaser“, sagte Maurer an die Politik gerichtet.

Dass die Landwirte von Umweltschützern als „Brunnenvergifter und Tierquäler an den Pranger gestellt werden, ist absurd und falsch“, sagte Maurer. „Landwirte sind seit dem Zweiten Weltkrieg ihrer Verpflichtung an die Gesellschaft nachgekommen und haben die Anforderungen erfüllt.“ Auf die Landwirte „einzudreschen“ sei völlig unangemessen. „Bei uns sitzt die Jugend mit am Tisch und gestaltet mit“, wandte er sich an die Umweltaktivisten der Letzen Generation: „Es ist besser mitzuarbeiten und etwas zu verbessern, als sich auf der Straße festzukleben und diejenigen zu bremsen, die sich einbringen und etwas arbeiten.“

Ist der „Zukunfts-Bauer“ eine Perspektive?

Arbeit gibt es genug. Das machte auch Susanne Schulze Bockeloh, Vizepräsidentin des Bundesbauernverbandes, in ihrem Impulsvortrag zum Thema Zukunfts-Bauer deutlich. Corona und Schweinepest hätten zu massiven strukturellen Verwerfungen geführt, auch verliere die deutsche Landwirtschaft durch hohe Kostenbelastung international an Wettbewerbsfähigkeit, nicht zuletzt bedrohten hohe Energiekosten einzelne Betriebszweige.

Der Bauernverband habe darum eine Zeitenwende eingeläutet, die Landwirte müssten noch mehr an ihrer Zukunft bauen. „Wir müssen das eigene Denken und Handeln auf den Prüfstand stellen, sagte die Vizepräsidentin. Es bedürfe eines neuen Selbstverständnisses, eines neuen Rollenverständnisses und einer neuen Kommunikation.

„Umweltverschmutzer“ versus „Ackernde Manager“

Das Bild, das Verbraucher von Bauern hätten und das die Landwirte von sich selbst haben, könne unterschiedlicher kaum sein, wie eine Studie gezeigt hat: Verbraucher dächten bei Landwirten an „Umweltverschmutzer“, „Tierquäler“ und „Dumme Bauern“. Auf der anderen Seite sähen sich die Bauern selbst als „leidenschaftliche Naturburschen“, „familiäre Traditionsbewahrer“ und „ackernde Manager“.

Nur durch bessere Kommunikation und Marketing könnten Vorurteile beseitigt werden. Bauern dürften sich nicht zurückziehen: „Landwirtschaft gehört in die Mitte der Gesellschaft, und dafür sind alle verantwortlich – Politiker, Verbraucher, aber auch wir Landwirte selbst“ sagte Schulze Bockeloh. „Wir müssen den Zukunfts-Bauer in jedem von uns lebendig machen.“

Der Bauernverband

Verbandsgebiet
 Das Gebiet des Bauernverbands Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems umfasst die Landkreise Schwäbisch Hall, Hohenlohekreis und den Rems-Murr-Kreis. Etwa 4800 Mitglieder bewirtschaften hier rund 100 000 Hektar landwirtschaftliche Fläche, etwa 1000 Hektar Weinbaufläche und 25 000 Hektar Wald.

Schwerpunkte Die wirtschaftlichen Schwerpunkte der Betriebe liegen in der Veredlung, rund 35 Prozent der baden-württembergischen Schweine und 70 Prozent der Puten im Land stehen in den Ställen der Mitglieder. Bedeutung hat auch die Milchviehhaltung, vor allem im Kreis Schwäbisch Hall und im Rems-Murr-Kreis. Im Hohenlohekreis sowie im Remstal finden sich als zusätzlicher Schwerpunkt Sonderkulturen wie Wein, Kernobst und Feldgemüsebau.