Masketragen bei hochsommerlichen Temperaturen ist nicht angenehm, aber in Bussen unverzichtbar. Foto: /Martin Kalb

Seit Ende April gilt in Baden-Württemberg eine Maskenpflicht – auch in öffentlichen Verkehrsmitteln. In den Bussen im Kreis wächst bei manchem Fahrgast die Abneigung gegen die Mund-Nase-Bedeckung. Wie reagieren die Busunternehmen?

Kreis Ludwigsburg - Wer im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Baden-Württemberg ohne Maske erwischt wurde, zahlte bislang eine Strafe zwischen 25 und 250 Euro. Einige Maskenverweigerer schreckte das nicht ab. Um auch der zunehmenden Nachlässigkeit entgegenzuwirken, hat die Landesregierung die Untergrenze des Bußgelds in dieser Woche auf 100 Euro angehoben. Den Busunternehmen im Kreis Ludwigsburg ist das nur recht. Denn auch sie beobachten, dass sich immer weniger Menschen an die Maskenpflicht halten.

Die Maskenverweigerer

Zwar trägt die überwiegende Mehrheit im Bus eine Mund-Nase-Bedeckung, doch Bülent Menekse, Geschäftsführer der Omnibusverkehr Spillmann GmbH in Bietigheim-Bissingen, spürt auch einen größer werdenden Widerwillen. Aus den internen Reportings des Busunternehmens geht hervor, dass die Zahl der Maskenverweigerer in den vergangenen zwei Wochen zugenommen hat. Die Berichte hat das Unternehmen bereits vor der Corona-Pandemie implementiert, um Trends zu erkennen und Missständen entgegenzuwirken. Und es gibt eine weitere Erkenntnis: Die Busfahrer werden zunehmend auch verbal angefeindet, wenn sie auf die Verfehlungen hinweisen. Zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Personal und Fahrgästen sei es bislang glücklicherweise nicht gekommen.

Zwar gebe es auch viele Fälle, in denen die Maske nur vergessen wurde, die Personen sogar von anderen Fahrgästen darauf hingewiesen werden und einsichtig sind, doch die Fälle, in denen „das Fahrpersonal verbal massiv beschimpft und persönlich beleidigt wird“, nehmen ebenfalls zu, so Menekse. Meistens seien es junge Männer, die sich weigern, eine Maske zu tragen. Dabei handle es sich auch um Menschen, die die Gefährlichkeit des Coronavirus generell anzweifelten.

Beim Ludwigsburger Busunternehmen LVL Jäger werden die Masken-Verstöße nicht extra erhoben, doch es gibt sie auch in der Barockstadt. „Ich sehe natürlich auch Leute ohne Maske in unseren Bussen", sagt Geschäftsführerin Carry Buchholz. Ihr Unternehmen bekommt offenbar regelmäßig Zuschriften von Fahrgästen, die sich über Mitreisende ohne Maske beschweren.

Die Busfahrer

„Nach den Verordnungen des Landes sind unsere Fahrer angewiesen, auf die Maskenpflicht gegenüber den Fahrgästen hinzuweisen“, sagt Bülent Menekse. Das bringt die Fahrer bisweilen in unangenehme Situationen. „Anfeindungen haben die Fahrer nicht verdient“, sagt der 54-jährige Spillmann-Geschäftsführer.

Auch in den LVL Jäger-Bussen in Ludwigsburg sollen die Fahrer auf die Maskenpflicht hinweisen. Wie weit sie dabei gehen, muss aber jeder selbst entscheiden. „Das ist wie bei einer Fahrkartenkontrolle“, sagt Carry Buchholz. „Wir müssen auch unsere Fahrer schützen.“ Heißt: Bevor es zu Handgreiflichkeiten kommt, soll der Busfahrer den Maskenmuffel lieber gewähren lassen.

Die Konsequenzen

Das Problem vieler Fahrer ist, dass sie keine richtige Handhabe gegen die Maskenverweigerer haben. „Wir sind eben keine Behörde“, sagt Carry Buchholz. In den Ludwigsburger Bussen soll bald eine Durchsage laufen, die neben den zahlreichen Hinweisschildern auf die Maskenpflicht aufmerksam macht.

In Bietigheim gibt es zusätzliche Hinweise auf den digitalen Bildschirmen in den Bussen. Der Umgang mit unbelehrbaren Fahrgästen ist dort genau geregelt: Erkennt ein Fahrer einen Fahrgast ohne Maske, lässt er den digitalen Hinweis zwei- bis dreimal laufen. Zieht der Fahrgast daraufhin immer noch keine Maske über, hält der Busfahrer an und geht auf ihn zu, um ihn persönlich auf die Maskenpflicht hinzuweisen. Fruchtet dies immer noch nicht, kann der Fahrer den Fahrgast bitten, den Bus zu verlassen. Weigert der sich weiter, ruft er die Polizei.

Aus unserem Plus-Angebot: Unterwegs mit Kontrolleuren in der Bahn – Wer keine Maske trägt, muss aussteigen

Spillmann-Chef Menekse beklagt Verspätungen, weil sich seine Angestellten vermehrt mit renitenten Fahrgästen herumschlagen müssten. Besonders gravierend seien die Auswirkungen auf die Fahrpläne, wenn der Fahrer auf die Polizei warten muss.

Aber ohne die Beamten geht es manchmal eben nicht. Sie sind auch befugt, ein Bußgeld zu verhängen. Seit der vergangenen Woche kontrolliert die Polizei ohnehin verstärkt in öffentlichen Verkehrsmitteln. Den Auftakt machte das Polizeipräsidium Aalen im Ostalbkreis, Rems-Murr-Kreis und im Landkreis Schwäbisch Hall. Am Freitag hat das Innenministerium die Rahmenbedingungen für größer angelegte Kontrollen an alle Polizeireviere im Land verschickt. „Wir planen entsprechende Aktionen“, sagt der Ludwigsburger Polizeisprecher Peter Widenhorn. Die Vorbereitung dauere aber noch einige Tage.

Die bisherigen Polizeieinsätze

In Ludwigsburg wird die Polizei ein- bis zweimal am Tag gerufen, weil Menschen sich weigern, eine Maske aufzuziehen. „Meistens rufen dann die Busfahrer bei uns an“, so Widenhorn. Größere Reibereien habe es bislang aber nicht gegeben. Bei Personen, die einsichtig sind, ihre Mund-Nasen-Bedeckung aber schlicht vergessen haben, haben seine Kollegen auch schon mit Einwegmasken ausgeholfen.

Die Polizei in Bietigheim hat nur einen größeren Fall registriert, bei dem es am Bahnhof zu einem Gerangel zwischen Kontrolleuren und einem Bahn-Fahrgast kam. Der 30-Jährige schlug einem der Kontrolleure mit einem Holzstock auf den Kopf. Die Bahnangestellten hatten versucht, die Freundin des Mannes – ebenfalls ohne Maske – in Bietigheim aus dem Zug zu schieben. Die wenigen Fälle in den Bussen waren dagegen weit weniger aufsehenerregend.

Die Städte und der Landkreis

Auch die Verwaltungen haben das Problem auf dem Schirm. „Wir schauen mit ganz großer Sorge auf diejenigen, die nicht bereit sind, andere zu schützen“, sagt der kommissarische Leiter des Dezernats 4 im Ludwigsburger Rathaus, Albert Geiger. Überall, wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, gelte: Maske auf. „Und wer im Bus keine aufsetzen will, der muss eben mit dem Rad fahren“, findet Geiger. Oberbürgermeister Matthias Knecht (parteilos) schlägt in die gleiche Kerbe. „„Bei allem Verständnis dafür, dass inzwischen viele in der Freizeit und bei schönstem Sonnenschein die Alltagsmaske lästig finden – sie ist zwingend notwendig.“ Sein Amtskollege Jürgen Kessing (SPD) aus Bietigheim hat sich in einem Video an Busfahrgäste gewandt – und um mehr Disziplin in den Bussen geworben.

Das Landratsamt hat von sich aus bei den Busunternehmern nachgefragt und Hilfe angeboten. „Wir stimmen uns jetzt mit der Polizei über geeignete Maßnahmen ab“, so Pressesprecher Andreas Fritz.