Bei der Schuldnerberatung wird Betroffenen ihre finanzielle Situation erklärt. Foto: dpa

Die Schuldnerberatung ist gefragt wie nie zuvor. Immer mehr Menschen auch im Kreis Esslingen stehen in der Kreide und wissen nicht sich selbst zu helfen.

Kreis Esslingen - Die Wirtschaft brummt seit Jahren, und die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Trotzdem ist die Zahl der von Verschuldung betroffenen Menschen dem bundesweiten Trend folgend auch im Kreis Esslingen stark gestiegen. Waren hier 2004 noch rund 26 000 Personen von Überschuldung – also Zahlungsunfähigkeit – betroffen, stieg laut dem Landratsamt Esslingen die Zahl bereits auf mehr als 32 000 im vergangenen Jahr. Das entspricht einer Zunahme von einem Viertel.

Betroffene sollen Chance auf einen Neustart bekommen

Entsprechend eingespannt ist die auf fünf Standorte verteilte Schuldnerberatung im Landkreis Esslingen. Rund 1300 Privatpersonen sind dort im vergangenen Jahr beraten worden. 729 von ihnen haben eine erfolgreiche Kurzberatung in Anspruch genommen. In einem langfristigen Beratungsprozess sind 582 Hilfesuchende bei der Schuldenregulierung unterstützt worden. Über den Jahreswechsel 2017/2018 haben die Stellen 323 Menschen weiter beraten. Die Schadenregulierung geht mit dem Bemühen einher, Betroffenen wieder zurück in eine geordnete Lebensführung zu helfen und einer Neuverschuldung vorzubeugen. Prävention wird bei den drei Trägern der Schuldnerberatung – dem Kreisdiakonieverband, dem DRK und dem Landkreis Esslingen, großgeschrieben. Entsprechende Angebote zielen darauf ab, dass Menschen erst gar nicht in die Schuldenfalle geraten.

Dort stecken Betroffene meist bereits seit vielen Jahren fest. In der kostenlosen Beratung geht es deshalb darum, wieder eine Perspektive und eine Chance auf einen finanziellen Neustart aufzuzeigen. Das bedeutet, dass auch die Ursachen der Überschuldung beleuchtet und angegangen werden. Häufige Begleiterscheinungen von Überschuldung wie drohender Wohnungsverlust oder Stromsperre werden von den Beraterinnen und Beratern mit bearbeitet.

Die meisten Ratsuchenden sind Alleinstehende

Tief in die Miesen geraten Männer wie Frauen gleichermaßen. Bezogen auf die 582 mit längerem Beratungsbedarf liegt der Anteil der Frauen bei 280, der der Männer bei 302 Personen. Mit betroffen von der Schuldenproblematik waren auch 401 in den Haushalten lebende Kinder. Die meisten Ratsuchenden, 386 Männer und Frauen, waren alleinstehend – ledig, geschieden, verwitwet oder getrennt lebend. Lediglich 144 Betroffene waren verheiratet oder lebten in eheähnlichen Lebensgemeinschaften. Bei knapp 60 Prozent der Hilfesuchenden lag die Gesamtverschuldung bei unter 25 000 Euro, bei 27,5 Prozent sogar unter 10 000 Euro. Die häufigste Form der Schadenregulierung ist das Verbraucherinsolvenzverfahren.

Krankheit und Scheidung zählen zu den Ursachen

Auffallend bei der Altersstruktur ist der hohe Anteil an unter 30-Jährigen mit insgesamt 114 Personen. Seit drei Jahren gibt es im Landkreis eigens eine Jugendschuldnerberatung. Auch die Zahl der älteren Überschuldeten von 60 Jahren an ist mit 89 Personen hoch. Als die fünf häufigsten Überschuldungsursachen gelten: geringes Einkommen, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Scheidung und Trennung sowie gescheiterte Selbstständigkeit. Von den fünf Beratungsstellen im Kreis befinden sich zwei in Esslingen. Zudem gibt es jeweils eine Stelle in Kirchheim, in Nürtingen und in Filderstadt-Bernhausen.