Das Landratsamt sucht händeringend nach geschultem Personal für seine Ausländerbehörde. Foto: Pascal Thiel

Die Genossen fordern eine Personalaufstockung und eine bessere Organisation in der Ausländerbehörde des Landkreises. Das Landratsamt ist mit der Dauer der Verfahren in der Flüchtlingsarbeit ebenfalls „nicht zufrieden“.

Kreis Esslingen - Die SPD-Kreistagsfraktion übt deutliche Kritik an der Ausländerbehörde des Landkreises Esslingen. Sie wirft der Behörde vor, sie bremse die Integration von Flüchtlingen, weil sie mit der anfallenden Arbeit überlastet sei und zudem das Integrationsgesetz zum Teil restriktiv zum Nachteil für Asylbewerber auslege, die eine Ausbildung oder ein Praktikum aufnehmen wollen. In einem Pressegespräch forderten die Genossen das Landratsamt auf, Abhilfe durch mehr Personal und eine verbesserte Organisation zu schaffen. Sie wollen entsprechende Anträge in die Haushaltsdiskussion einbringen. Das Landratsamt ist mit den Verfahrenszeiten in der Ausländerbehörde ebenfalls „nicht zufrieden“, wie der Sprecher Peter Keck einräumt. Aber es sei zurzeit sehr schwer, fachkundiges Personal auf dem Arbeitsmarkt zu finden.

Mehrfach habe die SPD-Kreistagsfraktion diesbezüglich das Gespräch mit dem Landratsamt gesucht, berichtet deren Vorsitzende Sonja Spohn. Doch bewirkt habe es nichts. Nach wie vor dauere es vier bis sechs Monate, ehe Anträge von der für die Kommunen – außer den Großen Kreisstädten – zuständigen Ausländerbehörde bearbeitet würden. Zu lange warteten deshalb die nach Deutschland geflüchteten Menschen auf ihre Aufenthaltserlaubnis oder Duldung sowie auf die behördliche Zustimmung für Praktika, Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse. Die Unzufriedenheit und Frustration bei den Flüchtlingen, den ehrenamtlichen Helfern und den um die Flüchtlingsintegration bemühten Betrieben steige deshalb zunehmend, sagt Spohn.

SPD bezeichnet Ausländerbehörde als „Nadelöhr“

Dem Fraktionssprecher Michael Medla zufolge hat die SPD den personellen Engpass der Behörde – mit Sitz in Nürtingen – als „Nadelöhr“ ausgemacht. Die Anträge stapelten sich auf den Schreibtischen, Entscheidungen würden viel zu spät getroffen.

Marianne Gmelin, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, kennt Beispiele. Etwa das eines afghanischen Flüchtlings, der nach einem Praktikum bei der Firma Festool sofort eine Festanstellung bekommen sollte. Doch sein im Mai gestellter Antrag auf eine Arbeitserlaubnis sei bis heute nicht bearbeitet worden. Auch Jobs in der Saisonarbeit scheiterten mitunter daran, dass die Genehmigungen erst dann erteilt würden, wenn die Saison für die Tätigkeit bereits vorüber sei.

Die SPD-Rätin Carla Bregenzer, die im Sozialausschuss des Kreistags sitzt, berichtet, die Ausländerbehörden in den Großen Kreisstädten bearbeiteten „deutlich schneller“ als der Kreis. Als Vorwurf an die Mitarbeiter in der Behörde sei das nicht zu verstehen, betonen die SPD-Kommunalpolitiker. Vielmehr müsse das Personal aufgestockt werden, denn dafür habe das Landratsamt von verschiedenen Gremien grünes Licht erhalten, erklärt Sonja Spohn. Freilich sei es nicht einfach, geschulte Mitarbeiter für diesen Bereich anzuwerben, zumal die Ressourcen dafür begrenzt seien und die Bezahlung schlechter sei als in anderen Kreis- und Stadtbehörden. Doch dann müsse man möglicherweise darüber nachdenken, Mitarbeiter aus anderen Abteilungen abzuordnen, wie Sonja Spohn vorschlägt.

Laut der Kreisbehörde ist der Arbeitsmarkt leer gefegt

Peter Keck, der Sprecher des Landkreises Esslingen, beteuert, es werde händeringend versucht, die Behörde personell aufzustocken. Der Arbeitsmarkt sei jedoch leer gefegt, es mangle an fachkundigem, mit der Gesetzeslage vertrautem Personal, „aber wir haben entsprechende Stellenangebote ausgeschrieben“.

Steffen Weigel, der Bürgermeister von Wendlingen und ebenfalls für die SPD Mitglied im Kreissozialausschuss, lobt die Konzepte für die Integration, die es auch im Kreis Esslingen gebe. Aber dann dürften nicht bürokratische Hindernisse die Flüchtlinge daran hindern, in Arbeit zu kommen. Wenn eine Erlaubnis nicht abgelehnt, sondern schlichtweg nicht bearbeitet werde, „ist das kontraproduktiv und macht alle anderen Bemühungen zunichte“, so Weigel. Er und seine Mitstreiter fordern zudem beim Ermessensspielraum für die Auslegung des neuen Integrationsgesetzes eine andere Haltung und Einstellung im Esslinger Landratsamt. Dort würden Arbeitserlaubnisse an Flüchtlinge mit einer geringen Bleibeperspektive erst gar nicht erteilt, obwohl das nach dem Gesetz möglich wäre.

Das sei freilich ein ganz schlechtes Signal, kritisiert Carla Bregenzer. Die Bürger seien dann fälschlicherweise der Ansicht, die Asylbewerber „gammeln nur rum“, und die Flüchtlinge seien – allein gelassen in ihrer Perspektivlosigkeit und Langeweile – „anfällig für diverse Verführer“.

Laut Peter Keck verfolgt die Ausländerbehörde des Kreises eine klare Linie. Flüchtlinge aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland und jene, die die sprachlichen Voraussetzungen nicht mitbringen, würden auch künftig keine Arbeitserlaubnis erhalten. Es würden nur Asylbewerber zugelassen, „die eine Chance haben, die Ausbildung zu absolvieren“. Diese Vorgabe werde in den nächsten Tagen umgesetzt.