Eigentlich ist der Online-Einkauf komfortabel. Das ändert sich mit der neuen Zahlungsdienste­richtlinie. Foto: Jens Büttner/dpa

Die Online-Händler befürchten wegen der komplizierteren neuen Kreditkartenrichtlinie Umsatzeinbußen. Besonders betroffen sind wohl die kleinen Anbieter.

Stuttgart - Sicherer ja, aber einfacher sicherlich nicht: Ulrich Binnebößel vom Handelsverband Deutschland (HDE) sieht insbesondere auf den Online-Handel in Deutschland unruhige Zeiten zukommen, wenn die neue Zahlungsdiensterichtlinie mit dem sperrigen Kürzel PSD2 greift. Diese hat die Finanzaufsicht Bafin am Mittwoch zwar auf unbestimmte Zeit über den Stichtag 14. September hinaus verlängert, um „Störungen bei Internetzahlungen zu verhindern und einen reibungslosen Übergang auf die neuen Anforderungen“ zu ermöglichen, wie es heißt. Doch der Zahlungsexperte Binnebößel ist sich sicher: „Der bequeme Online-Einkauf wird durch die neue Richtlinie eingeschränkt.“

Die Kreditkarten-Zahlung ändert sich

Genügten bei der Kreditkarten-Zahlung bisher Nummer, Verfallsdatum und Prüfziffer als Eingaben, müssen die Kunden künftig einen zusätzlichen Nachweis liefern, dass sie die Karteninhaber sind. Dieser muss aus dem Bereich Wissen, Besitz oder Biometrie stammen – also zum Beispiel Pin-Nummer, Smartphone oder Fingerabdruck. Viele Verbraucher, glaubt Binnebößel, wüssten noch gar nicht, dass diese so genannte Zwei-Faktor-Authentfifizierung nicht nur für das Online-Banking, sondern auch für den Kauf mit Kreditkarte gelte. Die Folge: Die überforderten Verbraucher könnten den Online-Kauf abbrechen, der Umsatz der Händler würde zurückgehen. Diese Sorge stützt auch eine Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI. Demnach befürchteten 80 Prozent der befragten Händler Kaufabbrüche, weil die Bezahlung komplexer werde. Ebenso viele fühlten sich selbst über die neue Richtlinie unzureichend informiert oder waren zum Befragungszeitpunkt im Frühjahr erst dabei, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Meiner Meinung nach hat sich daran bis jetzt nicht viel geändert“, sagt der EHI-Expertin Caroline Coelsch.

Mögliche Umsatzverluste ließen sich schwer zu beziffern – „aber es wird Verwerfungen geben, wie stark sie ausfallen, das kann man nicht abschätzen“, sagt der Handelsexperte Binnebößel. Er glaubt auch, dass etliche Kunden künftig gezielt nach einem Händler schauen könnten, der das Bezahlen mit Rechnung oder per Lastschrift anbiete. Diese sind von der neuen Richtlinie ausgenommen, weil sie vom Händler selbst initiiert werden. Schon jetzt beobachte der Handelsverband, dass Händler die neuen sicheren Verfahren noch nicht anbieten, auch wenn sie es könnten, wie Binnebößel betont. Keiner wolle derjenige sein, der den Online-Kauf zuerst komplizierter gemacht hat. „Die Händler befürchten, dass sie Kunden verlieren könnten und tragen das Risiko lieber selbst.“

Die Befürchtung ist, dass die großen Händler profitieren und die kleinen Händler leiden

Wie so oft sind die großen Händler im Vorteil. Sie haben oft mehr Zeit, Geld und Expertise, um die Richtlinie umzusetzen. Außerdem können sie die möglichen Ausnahmen besser nutzen, die die neue Richtlinie einräumt. So können Kunden ihre Kreditkarten-Bank bitten, einen Händler für sie auf eine vertrauenswürdige Liste zu setzen, das so genannte Whitelisting. Dass eine Bank das eher für Amazon genehmigt als für kleine Online-Geschäfte, liegt auf der Hand. Gelegenheitskäufe in kleineren Shops würden eher abnehmen und die Kunden tendenziell lieber dort einkaufen, wo sie es schon in der vereinfachten Form praktiziert haben, betont Binnebößel. „Die neue Richtlinie könnte die großen Anbieter stärken und die kleinen schwächen.“

Beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (behv) wird man diesbezüglich noch deutlicher: „Diesen zeitlichen und finanziellen Aufwand können kleine und mittlere Händler so nicht stemmen“, heißt es.