Lia wurde mit einem Nierentumor geboren. Urmel half ihr und ihrer Familie. Foto: privat

Die Urmel Kinder-Krebshilfe gründet einen Ableger für den Raum Ludwigsburg/Stuttgart. Der Verein will unbürokratisch helfen und Netzwerke schaffen.

Ludwigsburg - Chemo, Glatze, Tod – und Angst. Diese Assoziationen kommen nach Melanie Vulcanos Erfahrung den meisten Menschen zuerst in den Sinn, wenn sie mit dem Thema krebskranke Kinder konfrontiert werden. „Dabei ist das Leben, wenn man ein an Krebs erkranktes Kind hat, sowieso eine Achterbahnfahrt“, sagt die Ludwigsburgerin. Familien, die dieses Schicksal ereile, bräuchten nicht Mitleid, sondern Ermutigung, Unterstützung und Informationen.

An diesen Punkten will der gemeinnützige Verein Urmel Kinder-Krebshilfe mit Sitz in Tettnang jetzt auch im Raum Ludwigsburg/Stuttgart ansetzen. Der Auftakt für den regionalen Ableger, den Melanie Vulcano mit anderen Eltern und dem Vorstandsteam aus Tettnang initiiert hat, war am Samstag in Freiberg; betroffene Familien kamen mit Helfern, Multiplikatoren und potenziellen Sponsoren zusammen.

Der Verein, der sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert, hilft Familien, die durch die Erkrankung ihrer Kinder in finanzielle Notgeraten. Etwa weil ein Elternteil wegen der Krankenhausaufenthalte und aufreibenden Behandlungen des Kindes seinen Job an den Nagel hängen muss. Oder weil Krankenkassen nur das Nötigste zahlen. Dann springt Urmel ein, hilft etwa bei der Einrichtung eines rollstuhlgerechten Badezimmers, der Anschaffung einer Perücke oder beim Kauf eines Computers, damit die Kinder im Krankenhaus dem Schulunterricht folgen können.

Urmel will Familien helfen und eine Ludwigsburger Geschäftsstelle gründen

Der Verein versucht auch Herzenswünsche der kranken Kinder zu erfüllen – vom Zeppelinflug bis hin zum Treffen mit dem Lieblingsrapper. Nicht zuletzt will Urmel aber auch vernetzen und mit Informationen zu je nach Erkrankungsart spezifischen Organisationen und Institutionen aufwarten. Am besten, wie in Tettnang, mit einer zentral in Ludwigsburg gelegenen Geschäftsstelle, die aber im Moment noch ein Wunschtraum ist. „Ich selbst habe, nachdem unsere Tochter mit sechs Jahren die Diagnose Gehirntumor bekam, unglaublich viel im Internet recherchiert. Es war ein regelrechter Dschungel“, erzählt Melanie Vulcano. Hätte sie auf ein regionales Netzwerk mit gebündelten Auskünften, Erfahrungen und Anlaufstellen zurückgreifen können, dann hätte ihr das viel Zeit gespart. „Zeit, die ich für meine Tochter und meine drei anderen Kinder dringender gebraucht hätte“, sagt sie. Denn oft kommen, wenn die Krebserkrankung eines Kindes das Familienleben auf den Kopf stellt, die Geschwisterkinder zu kurz. Von der Partnerschaft ganz zu schweigen.

Jacqueline Ramin aus Esslingen, deren Tochter mit einem Nierentumor auf die Welt kam, sprang Urmel finanziell bei der Einrichtung eines Kinderzimmers bei. Für die junge Frau ist aber auch die mentale Unterstützung Gold wert. „Man hat das Gefühl, seinem Kind nicht helfen zu können, und soll oft auch noch seinem Umfeld Kraft geben, obwohl man es selbst kaum schafft. Der Austausch mit Familien, die in der gleichen Situation sind, und gemeinsame Projekte haben mir Halt gegeben“, sagt sie.

Auch Oberbürgermeister Werner Spec will sein Scherflein beitragen

Genau solche Netzwerke brauche die Gesellschaft, findet der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec. „Es gibt einen Bedarf an Beratung und Begleitung, die Institutionen allein nicht leisten können. Dabei geht es nicht immer um Geld, sondern um Rat, Tat und ein offenes Ohr.“ Seine Aufgabe sehe er darin, Urmel enger mit den Angeboten zusammenzubringen, die es in der Stadt und im Kreis gebe. Melanie Vulcano schweben überdies Kooperationen mit Vereinen und Institutionen vor – für Musik- und Kunsttherapien, Geschwisterbetreuungen, Sportangebote oder die Wissenserweiterung um eine Ernährung, die den Heilungsprozess fördert.

„Das Urmel ist ein fröhliches Tierchen, das in der Umgebung guter Freunde aufwächst“, schrieb der Autor Max Kruse, als er dem Verein den Namen seiner Kinderbuchfigur überließ. Aus der Fröhlichkeit und positivem Denken heraus will auch der Verein agieren, betont Melanie Vulcano. „Denn die Kinder sind auch positiv. Oft sind sie es, die uns die Kraft geben, anstatt andersherum.“ Urmel wolle mit den Familien zusammen in erster Linie dies: „Ein Stück weit in Richtung Licht gehen.“