Methadon ist als Schmerz- und Substitutionsmittel für Drogenabhänge bekannt. Besitzt es auch unerforschte positive Wirkung bei Krebspatienten? Foto: dpa

Der Streit an der Uniklinik Ulm um die Forscherin Claudia Friesen zieht Kreise. Bei der Deutschen Krebshilfe wurde jetzt eine Studie beantragt und eine Online-Petition läuft.

Ulm - Eine Auseinandersetzung am Universitätsklinikum Ulm über die Forscherin Claudia Friesen zieht Kreise. Wie berichtet, hat der Vorstand der Universitätsklinik dem Rechtsmedizinischen Institut, in dem die Molekularbiologin Friesen forscht, Teile der Homepage gesperrt und so die Veröffentlichung von Pressemitteilungen unterbunden, die den Einsatz von Methadon bei der Behandlung von Krebspatienten propagierten. Nun sieht alles danach aus, als ob die Deutsche Krebshilfe eine von allen Seiten geforderte klinische Studie finanziert.

Eingereicht hat den Antrag Wolfgang Wick, der geschäftsführende Direktor der Neurologischen Klinik und des Nationalen Zentrums für Tumorerkrankungen in Heidelberg. Wick ist auch der Sprecher der Neuroonkologischen Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Krebsgesellschaft (NOA) – was den Erfolg des Antrags sehr wahrscheinlich macht. Entsprechend sagte der Arzt auf Anfrage am Freitag: „Ich glaube, dass wir Anfang nächsten Jahres starten werden mit der Studie.“ Ergebnisse seien bis in längstens drei Jahren zu erwarten.

Der Heidelberger Neurologie-Professor Wick glaubt nicht an Methadon

Der Heidelberger Professor der Neurologie gehört erklärtermaßen zu den Skeptikern der Fallbeobachtungen, die Claudia Friesen in Ulm gesammelt hat. „Das Thema ist ja seit 2007 publiziert. Niemand fragt, warum denn außer Frau Friesen kein anderer daran forscht. Sind wir alle weltweit so böse und so sehr von den Pharmafirmen instrumentalisiert?“, fragt Wick. Seine Einschätzung: „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir mit diesem sehr unspezifisch wirkenden Medikament Methadon das Problem lösen. Das ist relativ naiv, sich das so vorzustellen.“ Im Förderantrag ist Methadon eines von fünf älteren Medikamenten, deren Wirkung auf Patienten mit einem Hirntumor, genannt Glioblastom, in einer Patientengruppe getestet werden soll.

Dass Methadon nun doch untersucht wird, begründete Wick mit dem zuletzt entstandenen öffentlichen Druck. „Wir müssen das klären, und zwar ohne Vorurteil, aber mit einer gesunden Skepsis.“ Dieser Druck dürfte durch eine neu formulierte Petition in Richtung des Deutschen Bundestages auf der Internetplattform „Onlinepetition“ mit dem Titel „Methadon in der Krebsmedizin“ noch steigen.

Petent Rainer Just hat Mutter, Vater und Lebensgefährtin verloren

Der Petent ist der 54 Jahre alte Rainer Just aus der Gemeinde Issum in Nordrhein-Westfalen. Ende Mai verlor er, wie er im Gespräch sagte, seine Lebensgefährtin an den Krebs. Seit der Jahrtausendwende seien seine Großmutter, seine Mutter, der Vater und der Schwiegervater ebenfalls an Krebs gestorben. Er habe jahrelange Pflegearbeit hinter sich. Sein Resümee: „Klassische Medizin heißt Chemo, Chemo, Chemo“. Doch kein Leben in seiner Familie habe gerettet werden können. Als seine Lebensgefährtin erkrankt sei, haber er von Claudia Friesen in Ulm erfahren, mit ihr Kontakt aufgenommen und versucht, einen Arzt in der Heimat zu finden, der Methadon verschreibt. Niemand habe ihm geholfen – bis er sich das Opioid in Holland besorgt habe. Doch es sei zu spät gewesen.

Die Redaktion der Onlineplattform hat die Petition nach Berichten über den Ulmer Streit am Donnerstag in ihrem Newsletter veröffentlicht. Bis zum Redaktionsschluss am Freitag stieg die Zahl der Unterstützer schnell auf knapp 4500.