Die Tür bleibt zu: Der Krawallnacht-Prozess gegen zwei junge Männer findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Foto: dpa/Marijan Murat

Zwei junge Männer stehen wegen versuchten Totschlags vor Gericht, weil sie in der Stuttgarter Krawallnacht im Juni 2020 einem 24-Jährigen gegen den Kopf getreten haben sollen.

Stuttgart - Vor der 3. Jugendstrafkammer des Landgerichts wird seit Mittwoch der Prozess gegen zwei heute 19 und 17 Jahre alte Angeklagte geführt, die in Stuttgart in der sogenannten Krawallnacht im Juni vorigen Jahres einen Mann schwer verletzt haben sollen. Die Staatsanwaltschaft wirft den Männern aus Geislingen an der Steige (Kreis Göppingen) unter anderem versuchten Totschlag und besonders schweren Landfriedensbruch vor. Da der jüngere Angeklagte zur Tatzeit erst 16 Jahre alt war, findet die Hauptverhandlung hinter verschlossenen Türen statt. Selbst die Verlesung des Anklagesatzes, sprich die genauen Vorwürfe gegen die Angeklagten, ist nicht öffentlich.

Erst wieder im Krankenwagen aufgewacht

„Ich war damals mit Freunden in der Stuttgarter Innenstadt“, sagt das Opfer, ein 24 Jahre alter Student aus Ludwigsburg. Man sei am Schlossplatz auf einer Bank gesessen, als er gesehen habe, wie aus einer Menge von jungen Männern Flaschen auf Polizisten geworfen worden seien. Er sei hingelaufen und habe gerufen: „Muss das sein?“, so der Student. Danach habe er keine Erinnerung mehr. „Ich bin erst wieder im Krankenwagen aufgewacht“, so der 24-Jährige.

Er war von hinten niedergeschlagen worden. Als er am Boden lag, wurde er mit Tritten gegen den Kopf malträtiert. Videos zeigen den Gewaltakt. Die zwei Angeklagten sollen unter den Kopftretern gewesen sein. Das Opfer hatte in jener Nacht auf den 21. Juni 2020 ein Schädel-Hirn-Trauma davongetragen. Zu allem Übel war der Student, als er bewusstlos am Boden lag, auch noch von einem 26-Jährigen bestohlen worden. Der Dieb nahm ihm den Geldbeutel mit 70 Euro in bar sowie Kreditkarte, Ausweis und auch Kopfhörer ab. Später hatte der Dieb sich an Plünderungen beteiligt. Dieser Mann aus Algerien, der in Deutschland unter rund einem Dutzend Aliasnamen geführt wird, ist bereits vom Amtsgericht zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Der aktuelle Prozess vor dem Landgericht ist bis zum 5. März terminiert. Der heute 17-Jährige war noch in der Krawallnacht festgenommen worden. Den Älteren nahm die Polizei vier Wochen später fest.

Die Justiz wird sich noch lang mit den damaligen Ausschreitungen beschäftigen müssen. Insgesamt stehen beim Amtsgericht Stuttgart noch rund 100 Krawallnacht-Prozesse an.