Das Kraut hat Kultstatus in Leinfelden-Echterdingen. Foto: Archiv Guenter E. Bergmann

Das große Krautfest musste auch in diesem Jahr coronabedingt abgesagt werden. Krautsaison ist trotzdem auf den Fildern. Deshalb ein paar nette Geschichten rund um die spitzen Köpfe.

Filder/Leinfelden-Echterdingen - Wenn etwas auf der Filderebene Tradition hat, dann Spitzkraut. Das stattliche Gewächs mit seiner elegant gezwirbelten Spitze punktet nicht nur mit seinem zarten Aroma, auch sonst hat es einiges zu bieten. Sei es seine gesundheitsfördernde Wirkung oder sein Vorkommen in diversen Büchern. Das traditionelle Krautfest ist in diesem Jahr zwar erneut wegen der Coronapandemie ausgefallen, dennoch wollen wir hier der traditionellen Feldfrucht, die besonders für Leinfelden-Echterdingen eine große Bedeutung hat, einen Text widmen.

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„Das Filderkraut hat früher viel zum Reichtum der Region beigetragen“, sagt der Oberbürgermeister von Leinfelden-Echterdingen, Roland Klenk. Die wirtschaftliche Bedeutung sei heute zwar nicht mehr so groß, gleichwohl sei das Filderkraut nach wie vor aus mehreren Gründen wichtig. „Es ist ein wertvolles und gesundes Lebensmittel aus der Region, das dem Slow-Food-Gedanken bestens entspricht. Und es ist aufgrund der langen Geschichte ein Stück nach wie vor gelebter Tradition in Leinfelden-Echterdingen und trägt damit zur Identität in der Stadt bei“, erklärt der OB.

Spitzkraut hält die Verdauung in Schwung

Roher Spitzkohl enthält mehr Vitamin C als Orangen oder Kiwis. „Bereits 200 Gramm rohes Kraut reichen aus, um den Tagesbedarf an Vitamin C zu decken“, sagt die Ernährungsexpertin Karin Hofele aus Stuttgart-Vaihingen. Allerdings ist Vitamin C hitzeempfindlich und wird durch hohe Temperaturen teilweise zerstört. In wenig Wasser gegart oder kurz in der Pfanne angebraten, werde das Vitamin C aber geschont, so die Ökotrophologin, die seit zehn Jahren eine eigene Praxis in Vaihingen führt.

Spitzkraut enthält zudem Glucosinolate. Diese sekundären Pflanzenstoffe schützen den Kohl selbst vor Fraßfeinden. Für den Menschen sollen sie vorbeugend gegen bestimmte Krebsarten wirken. Auch Vitamin B 6 ist in Weißkohl enthalten. Das Vitamin ist an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt, stärkt Nerven und Abwehrkräfte. Spitzkohl soll zudem etwas leichter verdaulich sein als runder Weißkohl, und die Blätter sind zarter und enthalten weniger blähende Stoffe, so Karin Hofele.

Und warum mögen Kinder oft keinen Kohl? „Ich vermute, der strenge Kohlgeruch, der beim Kochen entsteht, schreckt viele Kinder einfach ab“, sagt die Ernährungsexpertin und lacht.

Der Weg vom Feld in die Dose

In Deutschland steht es in fast jedem Supermarktregal, und selbst in USA ist es vertreten: Sauerkraut der Firma Hengstenberg. Das Esslinger Unternehmen stellt seit 1932 Sauerkraut her. Kurze Transportwege sind der Firma wichtig. Ihren Weißkohl bezieht Hengstenberg daher von Landwirten im Umkreis von rund 20 Kilometern um ihre Produktionsstätten in Bad Friedrichshall und Fritzlar.

Das Werk im hessischen Fritzlar ist laut eigenen Angaben die größte Sauerkrautfabrik Europas. Insgesamt werden pro Jahr rund 45 000 Tonnen Weißkohl zu Sauerkrautspezialitäten verarbeitet. 1876 wurde das Familienunternehmen aus einer Essigfabrik gegründet. Das Sortiment reicht von Sauerkraut über Rotkohl, Essig, Gurken und Gemüse bis zu Feinkostspezialitäten. Heute beschäftigt das Familienunternehmen rund 500 Mitarbeiter in Esslingen, Bad Friedrichshall und Fritzlar.

Durch das Aufkommen der Sauerkrautkonserven in den 1950er Jahren erlebte der Krautanbau noch einmal einen großen Aufschwung, doch die Anbaufläche ging immer weiter zurück. Und von ehemals 15 Sauerkrautfabriken sind heute nur noch zwei übrig: die Sauerkonservenfabrik Fritz Schlecht in Filderstadt-Bernhausen und die Firma Kimmich’s in Aichtal-Grötzingen.

Mehr Kohlköpfe als Einwohner in Dithmarschen

Nicht nur in Leinfelden-Echterdingen wird dem Kraut ein großes Fest gewidmet. Auch in Schleswig-Holstein finden jährlich die Dithmarscher Kohltage statt. Rund 90 Millionen Kohlköpfe gedeihen dort pro Jahr nach Angaben des Kreises auf den Feldern im milden aber windigen Nordseeklima. So gibt es dort mehr Kohlköpfe als Einwohner in ganz Deutschland.

Seit 1986 gibt es das regionale Fest im Kreis Dithmarschen jeweils Ende September. Auch in diesem Jahr fanden die Feierlichkeiten – wegen Corona zwar in etwas kleinerem Rahmen – statt. Botschafterinnen der Dithmarscher Kohltage sind die Kohlregentinnen. Seit 2019 gibt es eine eigene Flagge – die Kohltage-Flagge – , mit der die Bürger in ganz Dithmarschen ihre Vorfreude auf die Kohltage zum Ausdruck bringen können. Bereits im Frühjahr wird gefeiert: Denn dann bildet das Kohlpflanzfest den Auftakt in die Kohlsaison.

Die Sicht einer Vogelscheuche aufs Krautfeld

Irgendwann hatte Thomas Vogelschreck das schlechte Wetter satt. Er wünschte den Regen „ins Pfefferland“. Und sein Wunsch wurde Wirklichkeit. Doch die Krautpflanzen zu seinen Füßen drohten zu verkümmern. Im Kinderbuch „Thomas Vogelschreck“ erzählt Otfried Preußler eine Geschichte aus der Perspektive einer Vogelscheuche, die auf einem Krautacker steht. Ob der Regen wiederkommt, erfahren alle, die weiterlesen. Allerdings: Das Buch, das 1959 im Thienemann-Verlag erschienen ist, gibt es nur noch antiquarisch zu kaufen – oder in einer Bücherei zu leihen.

Rezept für einen exotischen Krautsalat

Zutaten
Schon längst hat sich das Kraut zum gesunden Trendgemüse entwickelt. Ob exotisch oder traditionell, als Beilage oder Hauptgericht – es gibt mittlerweile eine Vielfalt an unterschiedlichsten Kohlrezepten. Wir stellen ein leichtes und schnell zubereitetes Rezept für einen gut bekömmlichen, exotischen Kohlsalat vor. Und das braucht man: 1 halber Krautkopf, 1 kleiner Granatapfel, 1 Orange, 2 Karotten, 1 Paprika, Walnüsse; und für das Dressing: 1 EL Honig, 3 EL Apfelessig, Saft vom Granatapfel, Saft von einer Orange, Salz und Pfeffer.

Zubereitung
Zunächst werden die äußeren Blätter sowie der Strunk vom Kohlkopf entfernt. Anschließend wird der halbe Krautkopf fein gehobelt. Der Granatapfel wird halbiert, der Saft ausgepresst. Die Granatapfelkerne werden zum Kraut gegeben. Anschließend schneidet man die Orange und die Paprika klein und raspelt die Karotten. Alles wird im Anschluss mit dem Kraut vermengt.

Für das Dressing vermischt man alle Zutaten miteinander und beträufelt den Salat. Nun lässt man das Ganze eine halbe Stunde ziehen. Nach Belieben kann der Krautsalat noch mit Walnusskernen garniert werden. Wir wünschen einen guten Appetit!