In Schorndorf wurden seit Herbst viele Autos durch Kratzer beschädigt. Eine Frau bekennt sich nun offen zu den Taten. Foto: dpa/Angelika Warmuth

In einer Stellungnahme räumt eine Schorndorferin ein, dass sie Autos verkratzt und mit Aufklebern versehen hat. Sie begründet ihre Taten mit großer Verzweiflung angesichts des Klimawandels. Die Gruppe Klimaentscheid Schorndorf distanziert sich.

Sie gilt in der Stadt als eine Symbolfigur im Kampf gegen den Klimawandel. Sie hat die Gruppe Klimaentscheid Schorndorf mitbegründet und dazu beigetragen, dass in kurzer Zeit in etlichen anderen Kommunen im Rems-Murr-Kreis weitere Bündnisse für den Klimaschutz entstanden sind. Nach einem Bericht unserer Zeitung über Ermittlungen der Kriminalpolizei gegen die Schorndorferin, die im Verdacht steht, in den vergangenen Monaten mehrere geparkte Fahrzeuge verkratzt zu haben, ist die Gruppe Klimaentscheid Schorndorf nun auf Abstand zu der Aktivistin gegangen. Das hatte nach dem Rechtsanwalt und Stadtrat Max Klinger (CDU), der einige der Geschädigten vertritt, auch die AfD-Fraktion im Gemeinderat gefordert.

„Eine gewaltbereite Radikalisierung schadet unserem Anliegen“

In einer Stellungnahme teilt Mechthild Dierlamm-Harth stellvertretend für die Initiative mit: „Die Gruppe Klimaentscheid Schorndorf distanziert sich klar von jeglichem heimlichem Vandalismus und von Personen, die diesen ausüben.“ Die Gruppe setze auf „die offene Auseinandersetzung und die Kraft der Argumente“ sowie auf „eine beispielgebende Praxis mit dem Ziel, gesellschaftliches Umdenken und Handeln zu fördern und zu beschleunigen“. Das Fazit der Klimaschützerinnen und Klimaschützer lautet: „Wir sind überzeugt davon, dass eine gewaltbereite Radikalisierung unserem Anliegen schadet und verurteilen alle Aktionen in dieser Richtung.“

Mechthild Dierlamm-Harth sagt zu den aktuellen Vorfällen: „Ich konnte es gar nicht glauben. Niemand in unserer Gruppe hatte die leiseste Ahnung, wir sind wirklich aus allen Wolken gefallen.“ Seit Herbst 2022 waren bei der Polizei mindestens elf Anzeigen wegen beschädigter Fahrzeuge eingegangen, ein Schwerpunkt lag dabei im Teilort Weiler. Neben Kratzern im Lack meldeten die Geschädigten auch Aufkleber mit Begriffen wie „Klima-Killer“. Ein mehrfach von Vandalismus betroffener Bürger äußerte gegenüber unserer Zeitung die Sorge, dass es zu einem Unfall kommen könnte, „weil im Autoreifen plötzlich die Luft fehlt“.

Letzteres weist die Klimaaktivistin, die sich am Ostermontag mit einer schriftlichen Stellungnahme zu Wort gemeldet hat, entschieden von sich. „Ich habe keinen Reifen berührt und würde niemals Menschen durch Öffnen von Ventilen in Gefahr bringen“, beteuert Dörte Schnitzer. Sie gibt aber zu: „Ja, ich habe Aufkleber auf Autos angebracht und bei manchen den Lack zerkratzt.“ Dabei habe sie ganz allein gehandelt, betont sie – niemand aus der Gruppe Klimaentscheid Schorndorf habe davon gewusst.

Das unterstreicht auch Mechthild Dierlamm-Harth: „Wir in der Gruppe haben nie solche Dinge erwogen. Wir haben einmal überlegt, ob wir Aufkleber an Autos machen, uns dann aber dagegen entschieden. Es kann nicht sein, dass man Privatleute angreift. Wir richten uns ja an die Öffentlichkeit, wir brauchen allgemeine Regeln und Gesetze gegen den Klimawandel.“ Aus der Gruppe Klimaentscheid Schorndorf habe sich Dörte Schnitzer schon vor einiger Zeit zurückgezogen: „Sie steht zwar noch auf der Homepage, hat aber ungefähr zum Jahreswechsel angekündigt, dass sie sich zurückzieht. Sie ist nun in anderen Gruppen aktiv, zum Beispiel der Letzten Generation.“

Diesen Rückzug aus der Gruppe Klimaentscheid Schorndorf bestätigt die beschuldigte Aktivistin und betont, auch die städtische Stabsstelle Klimaschutz und Mobilität habe mit den Vorfällen nichts zu tun. Sie schreibt dazu: „Es steht keine andere Aktivistengruppe hinter mir, auch keine Menschen aus meinem nahen Umfeld, schon gar nicht meine Söhne.“ In dem Statement erläutert sie auch ihre Motive für die Taten, die offenbar ein Ausdruck von Verzweiflung und Hilflosigkeit waren. „Zerstörung und Gewalt ist keine Lösung, das ist mir bewusst. Aber meine Verzweiflung angesichts der offensichtlichen Dominanz von Autos auf Schorndorfs Straßen ist so groß, dass ich mir nicht anders zu helfen wusste.“

Die materiellen Schäden sollen ausgeglichen werden

Durch ihre Taten habe sie Menschen beleidigt und deren Eigentum Schaden zugefügt, schreibt die Schorndorferin: „Ich habe willkürlich Fahrzeuge ausgewählt, ohne die Besitzerinnen und Besitzer zu kennen. Dafür bitte ich um Verzeihung! Ich werde versuchen, die materiellen Schäden auszugleichen, und ich stehe für Gespräche zur Verfügung, unterstützt von einem Mediator. Die Geschädigten dürfen mir ihren Ärger ins Gesicht sagen, damit wir uns zukünftig wieder in die Augen schauen können. Ich stelle mich meiner Verantwortung, auch wenn das unglaublich viel Kraft kostet.“

„Das Ganze war wohl eine Verzweiflungstat“, sagt Mechthild Dierlamm-Harth. Auf die Frage, welche Folgen die Vorfälle für die Schorndorfer Klimagruppe haben, antwortet sie: „Es ist unser Gründungsmitglied.“ Sie hoffe aber sehr, dass deutlich werde, dass es sich bei den Sachbeschädigungen um die Aktion einer einzelnen Person gehandelt habe: „So etwas nützt nichts. Wir brauchen gesellschaftliche Mehrheiten.“