Eine Krebsdiagnose hat ihr Leben neu ausgerichtet. Jetzt möchte Ina-Maria Bürkle aus Mundelsheim (Kreis Ludwigsburg) ihre Erfahrungen mit anderen Betroffenen und deren Angehörigen teilen.
Man sieht Ina-Maria Bürkle ihre beklemmende Krankheitsgeschichte auf den ersten Blick nicht an. Interessiert und offen blitzen die Augen, freundlich begrüßt sie ihre Gäste. Doch dass der Krebs, der sie mit knapp 40 Jahren heimgesucht hat, etwas mit ihr gemacht hat, steht ohne Zweifel fest. „Jede Krankheit fordert ihren Tribut“, sagt Bürkle, die in Bretten aufgewachsen ist und die seit rund zwei Jahrzehnten mit ihrer Familie in Mundelsheim lebt.
Die Diagnose ist ein Schock
Damals kam die Diagnose Brustkrebs wie ein Schock über die Mutter, deren Mädchen gerade mal drei Jahre sowie sechs Monate jung waren. „Und das, obwohl ich regelmäßig untersucht wurde, weil ich nicht stillen konnte.“ Im September 2007 war ihr jüngstes Kind geboren; im April 2008 wurde bei einer Routineuntersuchung per Ultraschall ein bösartiger, schnell wachsender Brustkrebs der Stufe III entdeckt. „Die Wächterknoten waren bereits befallen, aber sie hatten noch nicht gestreut. Das war mein Glück, denn der Krebs war regelrecht in mir explodiert“, erzählt sie.
Und obwohl die Nachricht sie „geplättet“ habe, ließ Ina-Maria Bürkle eines nicht zu: „Ich habe mich von dieser Krankheit nicht dominieren lassen.“ Stattdessen hat sie den Krebs als Weckruf verstanden und ihr bisheriges Leben hinterfragt. Und dabei festgestellt: „Ich hatte bis dahin so viele Signale überrannt. Denn bis zu jenem einschneidenden Tag war ich stets von dem Grundsatz geprägt, ‚Das pack’ ich mit links’.“ Schließlich aber musste sie erkennen: „Es holt dich ein!“ So habe sie erst einmal ganz bewusst ihr Leben entschleunigt und gelernt, auch mal „Nein zu sagen“. Für sie ist inzwischen klar, eine schwere Krankheit sei das Signal des Körpers, der um Hilfe schreit und sagt: „Ich kann nicht mehr.“
Bei ihren beruflichen Erfahrungen als Einzelhandelskauffrau in der Modebranche, später dann als Besitzerin eines Tagescafés in Pforzheim, wo sie nebenbei noch einen Flughafen-Transfer mit drei Bussen aufgebaut hatte und obendrein zweimal jährlich einen Schiffsausflug an den Bodensee für rund 300 Personen organisierte, stand sie vermutlich mehrfach am Limit – „weil ich immer Vollgas gegeben habe“.
Pragmatismus im Daseinskampf
Bei der Bewältigung ihrer Krebskrankheit hat ihr Ehemann Christian viel geholfen. Sie bezeichnet ihn als „meine Säule“. Sein fester Glaube daran, „dass ich das schaffe, hat mir allein schon Kraft gegeben. ‚Fraule, das kriegen wir miteinander in den Griff’“, lautete seine pragmatische Ansage für die mühselige Zeit mit sechs Chemotherapien sowie einem wirtschaftlichen Daseinskampf. Das Paar hatte frisch gebaut und lebte erst seit einem Jahr im neuen Haus. Doch auch, wenn sie zunehmend schwach wurde und sich schlecht fühlte, achtete Ina-Maria Bürkle darauf, gepflegt zu erscheinen. „Meine Krankheit war nicht sichtbar. Ich wollte das unbedingt rocken“, sagt sie voller Stolz.
Energiefluss im Körper ist wichtig
Außerdem habe sie erkannt, wie wichtig die Energie im eigenen Körper sei. Durchdrungen von zuversichtlichen Gedanken und einem unerschütterlichen Glauben an ihre Heilung kämpfte sie sich durch das Tal ihres Leidens, inklusive Brustaufbau. Offensichtlich gelang ihr das so gut, dass ihr Arzt sie als Vorbild für andere entdeckte und sie fragte, ob er Patienten an sie vermitteln dürfe. So sah sie sich alsbald in der Rolle einer Mentorin. „Mir war wichtig, auf Augenhöhe all die Fragen zu beantworten, die mir gestellt wurden“, erklärt die Frau. In dieser Zeit wurde Ina-Maria Bürkle praktisch in Richtung Buchautorin geschubst.
Wenn Freunde sich zurückziehen
Ihre Vorstellungen nahmen Gestalt an, wie sie die eigenen Erfahrungen und ihr Prinzip, mit dem Krebs umzugehen, niederschreiben und an andere weitergeben könne. Als Resultat ist ihr selbstverlegtes Buch „Das Leben ist ein Cocktail“ entstanden, das „von der Kraft, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen“ handelt. Ihr ist nicht allein wichtig, „dass Menschen nicht gegen ihr eigenes Naturell leben“. Sie thematisiert darin zahlreiche Sachverhalte, die vermutlich bei allen Patienten eine Rolle spielen: Etwa der Umstand, dass manche Freunde sich zurückziehen oder auch jener Punkt, der das bestehende System betrifft. „Wir sollten unsere Kinder so mitnehmen, dass deren kleine Seele das verarbeiten kann“, nennt sie ein Beispiel.
Ina-Maria Bürkle hat viel gelernt. Auch, dass sie ihr Schicksal akzeptiert hat und heute Dinge macht, die sie schon immer tun wollte. So engagiert sie sich als Trainerin für Yoga, Pilates und Step-Aerobic beim TV Mundelsheim oder organisiert Ü30-Partys. Und mit Hingabe begleitet sie das Heranwachsen ihrer Töchter, die mittlerweile junge Frauen sind.
Das Buch über den Krebs