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Politisch unkorrekt und ziemlich schräg: Für die Krankenhausserie „Dr. Klein“ verspricht das ZDF eine neue Erzählweise. Auch ohne Fördergelder hat sich der Sender damit für Stuttgart entschieden. Unglücklich formuliert ist der Pressetext zur Serie: Schwule, heißt es darin, seien „Exoten“.

Stuttgart - Politisch unkorrekt und ziemlich schräg: Für die Krankenhausserie „Dr. Klein“ verspricht das ZDF eine neue Erzählweise. Auch ohne Fördergelder hat sich der Sender damit für Stuttgart entschieden. Der Filmstandort blüht auf. Unglücklich formuliert ist der Pressetext zur Serie: Schwule, heißt es darin, seien „Exoten“.

Auf der Tunzhofer Straße vor dem Bürgerhospital stehen neuerdings mobile Verbotsschilder. „Auch auf dem Seitenstreifen“, ist auf einem angehängten Papier zu lesen, dürfe man nicht parken. Ausgenommen seien „Fahrzeuge der Filmproduktion“.

Etliche Transporter mit Münchner Kennzeichen werden an diesem sonnigen Nachmittag ausgeladen: Scheinwerfer, Kameras, Requisiten. Die Bavaria ist in der Stadt. Die in München ansässige Filmproduktion dreht die erste Staffel einer etwas anderen Krankenhausserie, die von Herbst an freitags um 19.25 Uhr im ZDF läuft. Sieht man mit dem Zweiten besser, was in Stuttgart möglich ist? Während der SWR immer mehr Fernsehproduktionen nach Baden-Baden auslagert, dreht das ZDF quasi vor der Haustür der in Stuttgart schwächer werdenden ARD-Anstalt so richtig auf.

Nach der „Soko Stuttgart“ entsteht nun die eigenwillige Vorabendserie „Dr. Klein“ mit der „Alberich“ in der Hauptrolle, der aus dem Münsteraner „Tatort“ bekannten SchauspielerinChristine Urspruch, die am Set im Bürgerhospital Dr. Valerie Klein heißt. „Sie ist die Einzige im Stuttgarter Kinderkrankenhaus, die mit ihren 1,32 Meter Körpergröße ihren Patienten wirklich auf Augenhöhe begegnet“, heißt es in der Ankündigung des ZDF. Das Bürgerhospital wird übrigens zur Rosensteinklinik.

Zu den Vorgänger-Formaten von „Dr. Klein“ zählen die Serien „Forsthaus Falkenau“ und „Der Landarzt“. Dass sich die Bavaria beim neuen Projekt für die Schwaben entschied, obwohl es keinerlei Lockmittel aus Fördertöpfen des Landes gibt,liegt an vier wahren Lokalpatrioten. Oliver Vogel, Torsten Lenkeit, Gero Weinreuter und Rolf Steinacker, die Produzenten und Autoren der „Soko Stuttgart“, haben die Münchner Chefs mit ihrer Idee für eine ungewöhnliche Arztserie überzeugt und konnten den Beweis erbringen, dass die Kosten in Stuttgart nicht höher sind, als würde in den Bavaria-Studios in Bayern gedreht.

„Die Ansiedlung von ,Dr. Klein‘ ohne Fördermittel zeigt, dass die Region Stuttgart mittlerweile ein wettbewerbsfähiger Film- und Fernsehstandort ist“, sagt Christian Dosch, der Leiter der Film Commission in der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, erfreut, „wir können hoch qualifizierte Filmschaffende und Dienstleister vom Kameraverleih über die Tonmischung bis zum Bildschnitt anbieten.“ Regionale Inhalte seien am erfolgreichsten, wenn man sie auch regional herstelle. Dosch ist nun gespannt, „wie mutig das ZDF bei ,Dr. Klein‘ neue Erzählformen ausprobiert“. Sein Wunsch: „Auch der SWR sollte die regionalen Potenziale in Zukunft noch mehr nutzen!“

Nicht allein um die Probleme im Kinderkrankenhaus geht es in den 45-minütigen Folgen, die im ersten Block bis zum 5. Juni gedreht werden und dann wieder im Juli, August und September. Die Tochter von Dr. Klein steckt mitten in der Pubertät und schämt sich für ihre „Zwergen-Mutter“. Und ihr Sohn beschließt aus Solidarität zu Mama, nicht mehr zu wachsen.

An der Seite von Christine Urspruch steht Miroslav Nemec, der als „Tatort“-Ermittler Batic vor allem bei Frauen gut ankommt. In Stuttgart wird er nun zum homosexuellen Chefarzt. Wie der ZDF-Pressetext diese und andere Rollen ankündigt, hat für Medienkritik gesorgt. „ZDF hält Schwule für Exoten“, protestiert der „Focus“ und fast wortgleich auch das Schwulenmagazin „Queer“.

Hier die umstrittene Passage der ZDF-Ankündigung: „Die kleinwüchsige Dr. Klein ist nicht der einzige ,Exot‘ in der Rosensteinklinik: Der Chefarzt (Miroslav Nemec) ist homosexuell, die Oberschwester (Martina Eitner-Acheampong) übergewichtig, der Assistenzarzt (Michael Klammer) dunkelhäutig – und ihr größter Konkurrent (Simon Licht) der festen Überzeugung, dass er nur deshalb den Posten des Leitenden Oberarztes nicht bekommen hat, weil er ,gesund, normal und hetero‘ ist.“

Was ist heute noch normal? Der exotische Vergleich jedenfalls ging daneben. Unsere Zeitung bat um eine Stellungnahme des ZDF. Der für die neue Serie verantwortliche Redakteur Axel Laustroer antwortete schriftlich per Mail: „‚Dr. Klein‘ ist eine Familien- und Krankenhausserie, die sich zwischen großen Emotionen und pointiertem Humor bewegt, der sich nicht vor politisch unkorrekten Zwischentönen scheut. Eine Serie über die Absurditäten des Lebens und die Tatsache, dass wahre Größe keine Frage von Zentimetern ist.“