Die Stadt Böblingen und der Landkreis müssen ihren Plan von der gemeinsamen Vermarktung des Krankenhausareals begraben. An dem Gelände hat momentan kein Projektentwickler Interesse. Damit könnte eine Lea wieder im Rennen sein, doch die Stadt bleibt hartnäckig.
Es hat sich angedeutet, nun ist es gewiss: Stadt und Kreis haben keinen Investor für das Krankenhausareal in Böblingen gefunden. Ein dicker Dämpfer für die Stadt Böblingen, die dort einen Technologie- und Innovationscampus plant. Statt gemeinsam weiterzusuchen führt der Kreis nun Einzelverhandlungen mit „bereits bekannten Kaufinteressenten“. Dazu dürfte auch das Land Baden-Württemberg gehören, das auf dem Gelände eine Erstaufnahme für Geflüchtete einrichten will.
Der Kreis als Eigentümer des Areals ist angesichts seiner angespannten Haushaltslage auf Einnahmen angewiesen. Die Stadt, bei er die Planungshoheit liegt, wiederum argumentiert, dass ihr durch die Flugfeldklinik wichtige Gewerbeflächen – ein ohnehin knappes Gut – verloren gehen und das Areal für die Entwicklung der Stadt zentral sei. Eine gemeinsame Investorensuche sollte nach Möglichkeit beide Interessen befriedigen – und blieb nun ohne Ergebnis.
Die LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH (KE) war mit dem Verfahren beauftragt und empfahl zunächst eine Markterkundung durchzuführen, teilt Landratsamtssprecher Benjamin Lutsch in einer schriftlichen Erklärung mit. „Die KE hat direkt mit 25 potenziellen Geldgebern und Projektentwicklern intensive qualifizierte Gespräche geführt.“ Keiner hätte Interesse gezeigt. Grund sei die allgemeine, angespannte Marktsituation und ungünstige Bedingungen für die Entwicklung eines Gewerbegebiets, insbesondere eines Technologie- und Innovationsparks.
Schränken die Vorgaben der Stadt zu sehr ein?
„Die städtebaulichen Vorgaben hätten erfahrene Projektentwickler als zu restriktiv bewertet, hat uns die KE mitgeteilt“, schreibt Lutsch außerdem. Die Stadt hat, unterstützt vom Gemeinderat, klare Vorstellungen, was auf das Areal soll. Wohnbebauung schließen ihre Pläne beispielsweise fast vollkommen aus. Die Reaktion der Stadt Böblingen auf die erfolglose Suche wirkt reserviert. „Da wir bei der ersten Markterkundung nur zu Beginn, aber nicht im weiteren Verlauf eingebunden waren, können wir das Ergebnis vorerst nur zur Kenntnis nehmen“, teilt Pressesprecher Fabian Strauch ebenfalls schriftlich mit. Die Stadt trage gerne dazu bei „mehr fundierte Inhalte in die Ansprachen einfließen“ zu lassen und werde sich in die Analyse, warum die Suche scheiterte, einbringen.
Landrat Roland Bernhard (parteilos) bedauert das Ergebnis sehr. „Die Einzelvermarktung scheint nun die einzig praktikable Lösung“, lässt er sich zitieren. Damit dürfte eine Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) zumindest wieder im Rennen sein. Erst vor wenigen Wochen hatte das Land Baden-Württemberg bekräftig, nach wie vor am Krankenhaus-Areal interessiert zu sein.
Stadt soll selbst ein Kaufangebot machen
Das Finanzministerium wäre einem Bericht des SWR zufolge bereit, 52 Millionen Euro dafür zu zahlen – einen Preis, den Bernhard für angemessen hält, die Stadt für „völlig überhöht“. Sie ist beim Thema Kauf nun ebenfalls gefragt. Der Kreis fordert die Stadt auf ein konkretes Angebot vorzulegen. „Die Beschlussfassungen des Landkreises hatten eine Erstverhandlung mit der Stadt vorgesehen, die bislang noch nicht zum Abschluss geführt wurde“, teilt Strauch dazu mit.
Ein Kauf entspreche eigentlich nicht dem Wunsch der Stadt. Trotzdem befinde sie sich seit Sommer 2023 in „konstruktiven Gesprächen“ mit dem Kreis, die fortgesetzt werden sollen. „Im Moment arbeiten wir an den Inhalten und Eckpunkten und werden, sobald alle fundierten Grundlagen vorliegen und ein angemessener, aus der Nutzung abgeleiteter Preis daraus ermittelt wurde, ein Angebot abgeben“, so Strauch. Die Stadtverwaltung setze sich auch mit der Idee einer Projektgesellschaft zur gemeinsamen Entwicklung des Areals auseinander.
Wann eine Entscheidung fallen könnte
Komplett frei in seiner Entscheidung an wen er verkauft ist der Kreis nicht. Ein Beschluss des Kreistags sieht vor, das Areal zum „bestmöglichen“ Preis zu veräußern. Spiegelbildlich dazu hatte die CDU-Fraktion im Böblinger Gemeinderat die Stadt beauftragt, das Areal zu erwerben. Unklar ist, was „bestmöglich“ genau bedeutet. Das müsse nicht zwangsläufig der höchstmögliche Preis sein, meinte CDU-Stadtrat Thorsten Breitfeld in der letzten Gemeinderatssitzung im Juni. In einer zeitgleich versandten Mitteilung, bekräftigten auch Mitglieder der CDU-Kreistagsfraktion, alles daransetzen zu wollen, dass es ein positives Verhandlungsergebnis mit der Stadt Böblingen gebe.
Eine Entscheidung könnte spätestens Ende dieses Jahres fallen. Bis dahin will das Landratsamt dem Kreistag einen Beschlussvorschlag machen. In der Böblinger Stadtverwaltung gibt man sich nach wie vor zuversichtlich, dass auf dem Krankenhausareal ein Technologiecampus entstehen kann. „Wir arbeiten in engem Austausch mit dem Landkreis daran, diese Zielsetzung zu realisieren.“
Heiß umworbenes Grundstück in Böblingen
Krankenhausareal
Voraussichtlich 2027 zieht die Klinik aufs Flugfeld um. Was passiert dann mit dem Areal? Der Kreis braucht Geld, das Land sucht nach einem Gelände für eine Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) und die Stadt ist dringend auf Gewerbeflächen angewiesen.
Brandbrief
Das rund zehn Hektar große Gelände spielt für die Entwicklung der Stadt eine wichtige Rolle. Mehrere Firmen und Privatpersonen hatten sich in einem Brief an Landrat Roland Bernhard (parteilos) und OB Stefan Belz (Grüne) besorgt über das geringe Flächenangebot für Firmen und Forschung in Böblingen gezeigt.
Lea
Die städtebaulichen Rahmenbedingungen der Stadt schließen eine Nutzung des Areals für eine Erstaufnahmeeinrichtung aus. Allerdings könnte sich das Land theoretisch darüber hinwegsetzen.