Das Klinikum Stuttgart hat mit vielen Baustellen und einem hohen Defizit zu kämpfen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Der Skandal um einen Millionenschaden am Klinikum Stuttgart durch die mangelhafte Kontrolle eines Libyen-Projektes kann im Gemeinderat nicht aufgearbeitet werden. Die Verwaltung will vor einer Debatte die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft abwarten.

Stuttgart - Der Verwaltungsausschuss des Stuttgarter Gemeinderates sollte am Mittwoch durch das städtische Rechnungsprüfungsamt (RPA) Ursachen und Hintergründe eines Millionenschadens am städtischen Klinikum erfahren. Es geht um ein völlig aus dem Ruder gelaufenes Geschäft der Abteilung des Klinikums, die sich um internationale Patienten kümmert. Bei der Behandlung von Kriegsverletzten aus Libyen ist ein Verlust von 9,4 Millionen Euro entstanden.

Zur Aufklärung kam es am Mittwoch nicht. Die Stadträte werden womöglich noch Jahre auf eine Erklärung aus dem Schlussbericht der Prüfer warten müssen, denn OB Fritz Kuhn (Grüne), bei dem das Papier dem Vernehmen nach auf dem Schreibtisch liegt, und die Kontrolleure wollen erst die Ergebnisse von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in der Sache abwarten. Sie richten sich laut Stadtverwaltung gegen einen Geschäftspartner des Klinikums, der das Libyen-Projekt anbahnte, sich um die Patienten kümmerte und bündelweise Bargeld verteilte.

Zu hohen Summen fehlen schriftliche Vereinbarungen

So genannte „Regiekosten“, die insgesamt 13,4 Millionen Euro umfassten, pauschale Auszahlungen und fehlende schriftliche Vereinbarungen über die Konditionen hatte das RPA bereits in seinem Prüfbericht 2014 offenbart. Das Klinikum hatte für die Patienten ein Konto gefüllt, das durch Zahlungen der libyschen Übergangsregierung mehr als ausgeglichen werden sollte. Der Geldstrom verfügte bald, abgehoben wurde weiterhin. Nach dem 2014er-Bericht wollte das RPA deutlich tiefer in die Materie einsteigen.

Die Vorgänge hatten Mitte März zur Trennung vom langjährigen Klinikums-Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz geführt. Der goldene Handschlag für ihn wog 900 000 Euro. Aus Sicht einiger Stadträte vergleichsweise wenig für jemanden, der in den nächsten sechs Jahren, so lang lief sein Vertrag noch, einschließlich Boni 2,4 Millionen Euro erhalten hätte.

Stadträte halten Information jetzt für nötig

Nach mehr als einem Jahr „wäre jetzt der richtige Zeitpunkt gewesen um zu hören, was alles schief gelaufen ist“, sagt der FDP-Stadtrat Matthias Oechsner. Nach der Trennung von Schmitz hatte Krankenhausbürgermeister Werner Wölfe (Grüne) eine neue Leitungsstruktur installiert, die allerdings nur für ein Jahr amtieren soll. Wie sich das Klinikum künftig aufstellt soll das Beratungsunternehmen Ernst und Young aufzeigen. Oechsner hält künftig eine Doppelspitze für angemessen, auch könnte der bisher ausschließlich mit Stadträten besetze Ausschuss für den Eigenbetrieb in einen Aufsichtsrat überführt werden, in den mehr medizinischer Sachverstand einzieht.

Auch der SPD-Fraktionschef Martin Körner drängt auf eine Debatte über den RPA-Bericht. „Die Geheimniskrämerei ist nicht nachzuvollziehen, jetzt müssen für den Gemeinderat die Fakten auf den Tisch. Auch, damit Spekulationen ein Ende haben“, sagt Körner. Das Argument, dass nun zunächst die Staatsanwaltschaft am Zug sei habe ihn nicht überzeugt.

Welche Rolle spielte das Controling?

Spekulationen gibt es zuhauf. Dem Abteilungsleiter der Internationalen Einheit wurde zwar personelle Hilfe zugewiesen, welche Rolle das Controlling des Klinikums bei dem Millionenverlust spielte, fragen sich aber einige Stadträte. Bis auf Schmitz sind alle Personen aus dem Leitungsgremium in Amt und Würden. Ob die Stadt, die für das seit Jahren stark defizitäre Klinikum haftet, einen Teil des Geldes wieder sieht ist fraglich. Der Mittelsmann scheint zahlungsunfähig, eine Versicherung würde allenfalls einen kleinen Teil der verlorenen Summe ausgleichen.

Bürgermeister Wölfle will am Freitag zusammen mit der Krankenhausleitung dem Krankenhausausschuss „die Ist-Situation der betroffenen Abteilung schildern“. Er werde die Maßnahmen darstellen, die auf Grund der Hinweise der Prüfer getroffen worden seien. Weiteren Überlegungen zum internationalen Geschäft werde die Krankenhausleitung darlegen.