Auch am Klinikum Stuttgart soll man nach dem Willen der Stadt künftig Medizin studieren können, wie hier in Hannover. Foto: dpa

Das Klinikum der Stadt strebt nach dem Status einer Uniklinik. Im Verbund mit einer anderen Uniklinik könnte das gehen. Gespräche mit Ulm und Tübingen sind anberaumt. Das Land prüft das Ansinnen.

Stuttgart - Erst vor Kurzem haben der baden-württembergische Landkreistag und die Kassenärztliche Vereinigung die Erhöhung der Medizinstudienplätze „um mindestens zehn Prozent“ gefordert. Angesichts des sich in den kommenden Jahren „dramatisch verschärfenden“ Ärztemangels sei dies ein notwendiger Schritt, um die ausreichende medizinische Versorgung der Menschen im Land auch künftig sicherzustellen.

Zu dieser Erhöhung der Studienplatzzahl in Humanmedizin will das Klinikum Stuttgart einen Beitrag leisten. Nach langer Vorarbeit und Gesprächen mit dem Land hat man nun ein Konzept, wie dies gelingen könnte. Danach würde das Großkrankenhaus den Status einer Uniklinik durch ein „Beleihungsmodell“ von einer bestehenden medizinischen Fakultät erhalten und mit dieser in der Ärzteausbildung zusammenarbeiten. Dafür kämen aus Stuttgarter Sicht die Unikliniken in Ulm oder Tübingen in Frage. Es würde im Land somit keine weitere medizinische Fakultät entstehen.

Ausbildung erst nach dem Physikum

Nach den jetzigen Plänen würde das städtischen Klinikum in einer solchen Partnerschaft die klinische Ausbildung von Medizinstudierenden übernehmen, also ab dem fünften Semester. Die vorklinische Ausbildung bis zum Physikum würde an der verleihenden Universität erfolgen. „Dafür haben wir weder das Personal noch die geeignete Infrastruktur“, sagt Jan Steffen Jürgensen, der Ärztliche Direktor des Klinikums.

Anders sieht es bei der klinischen Ausbildung aus. In dem mit mehr als 2000 Planbetten größten Krankenhaus Baden-Württembergs wird in 50 Kliniken und Instituten schon in etlichen Bereichen auf Universitätsniveau gearbeitet. So etwa im Kinderhospital Olgäle, einem der größten und renommiertesten Kinderkrankenhäuser der Republik, im Neurozentrum und im Tumorzentrum im Katharinenhospital oder in Bad Cannstatt in der Psychiatrie und in der Hautklinik, der größten und ältesten in Deutschland. „Unser Fundus von hoch spezialisierten Fachrichtungen ist für die Lehre prädestiniert“, sagt Jan Steffen Jürgensen.

Die Reputation würde steigen

Auch in der vorhandenen klinischen Forschung sieht der Ärztliche Direktor weitere Potenziale. Ohnehin sind rund 50 Ärzte, darunter die meisten Chefärzte, habilitiert und haben Professuren an Universitäten, unter anderem in Tübingen, für dessen medizinische Fakultät das Klinikum seit Langem akademisches Lehrkrankenhaus ist.

Die Vorteile für das städtische Klinikum wären vielfältig. Dem Großkrankenhaus würden sich neue Entwicklungsmöglichkeiten bieten, die Reputation würde steigen und damit die Attraktivität für Patienten wie für Ärzte. Auch finanziell wäre der Schritt günstig. So bekäme das Klinikum für die Leistungen in den defizitären Ambulanzen eine bessere Vergütung von den Kassen.

60 Millionen Euro an Stiftungsmitteln

Beim Land wird es aber nicht zuletzt darum gehen, ob es günstiger wäre, zusätzliche Studienplätze in Stuttgart statt an den bestehenden Unikliniken zu schaffen. Immerhin kostet ein Medizinstudienplatz 200 000 bis 350 000 Euro. In Stuttgart ist von mindestens 50 Plätzen pro Studienjahr die Rede, in der Summe von etwa 300. Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) glaubt, dass das Klinikum hier aufgrund seiner Struktur im Vorteil ist. Zumal man erhebliche Gelder einbringen kann. Die Stiftung der Waiblinger Unternehmerin Eva Mayr-Stihl, die bereits das Tumorzentrum des Klinikums umfangreich unterstützt, würde für diesen Zweck 60 Millionen Euro in zehn Jahresraten aufbringen.

In den Gesprächen mit dem Land hat Michael Föll eine „positive Grundhaltung“ zu dem Vorhaben ausgemacht. Es seien aber noch viele Fragen zu klären, vor allem in den Gesprächen mit den möglichen Partnern in Ulm und Tübingen. Beim Wissenschaftsministerium bestätigt man die Prüfung der Pläne. Man sei dabei zu klären, ob diese „finanziell und rechtlich“ machbar seien, sagt Sprecher Jochen Schönmann. Wie lange das dauern wird, könne man noch nicht sagen, es gehe um keine kleine Sache. Als Vergleichsbeispiel nennt Schönmann das Klinikum Mannheim, das seit Langem ein Ableger der Uniklinik Heidelberg ist. Alleine das Jahresbudget für die Universitätsmedizin Mannheim betrage 62 Millionen Euro.