Bereits im Sommer gab es Streit: Verdi-Mitglieder hielten eine Mahnwache vor dem Klinikum Ludwigsburg ab. Foto: factum/Archiv

Die Gewerkschaft Verdi kritisiert den Chef der Kreiskliniken, Jörg Martin. Dieser schränke Grundrechte ein und zerstöre Arbeitsbeziehungen innerhalb des Personals. Martin wehrt sich gegen die Vorwürfe: Er sei zum Dialog bereit.

Ludwigsburg - Die Gewerkschaft Verdi erhebt schwere Vorwürfe gegen den Chef der regionalen Klinikenholding in Ludwigsburg, Jörg Martin. Grundrechte der Beschäftigten und die Rechte der Gewerkschaften würden eingeschränkt, schrieb Verdi am Freitag in einer Mitteilung. So habe ein Treffen von Verdi-Mitarbeitern und Angestellten des Klinikums Ludwigsburg „vor der Tür“ stattfinden müssen, weil die Gewerkschafter das Haus nicht hätten betreten dürfen. Die Klinikleitung habe dadurch eine Beratung verhindern wollen. Cuno Hägele, der Verdi-Geschäftsführer im Bezirk Stuttgart, sagt: „Es darf nicht sein, dass unter der Kontrolle des Landrats grundlegende demokratische Rechte nicht eingehalten werden.“ Aus diesem Grund will Verdi dem Kliniken-Chef Martin am Montag eine symbolische rote Karte überreichen.

Der Gescholtene ist von der massiven Kritik überrascht. Erst im August habe es ein Treffen zwischen der Klinikleitung und der Gewerkschaft gegeben. Dabei sei auch ein Papier beschlossen worden, dass genau regle, wann und wie Verdi-Mitarbeiter auf die Stationen kommen dürften. „Daran halten wir uns sehr strikt“, meint Martin. Klar sei aber auch, dass in sensiblen Bereichen wie der Notaufnahme Besucher nicht einfach ein- und ausgehen könnten. „Da geht es auch um Datenschutz“, sagt der Krankenhauschef. Für den entsprechenden Tag habe die Klinikverwaltung Verdi vorab per Mail eine Absage erteilt, es handle sich also nicht im ein Hausverbot, sondern um eine Terminverschiebung. „Selbstverständlich achten wir die Koalitionsfreiheit unserer Mitarbeiter mit den Gewerkschaften.“

Verdi prangert bewusste Mehrbelastung des Personals an

Das angeprangerte Hausverbot ist nicht der einzige Streitpunkt. So habe die Geschäftsführung veranlasst, alle Reinigungskräfte und Stationshilfen im Krankenhaus Ludwigsburg zu versetzen, um „eingespielte Teams aus Pflege und Reinigung zu trennen“, wie die Gewerkschaft schreibt. Dadurch steige auch die Belastung für das Pflegepersonal weiter an – und das, obwohl ohnehin zu wenig Personal vorhanden sei, um alle Tätigkeiten ausführen zu können. „Es ist menschlich empörend, wenn systematisch persönliche Bindungen und effektive Arbeitsprozesse zerstört werden“, sagt der Verdi-Funktionär Marc Kappler.

In der Chefetage der Kliniken sieht man auch diese Kritik naturgemäß ein wenig anders. Zwar bestätigt der Geschäftsführer Martin: „Wir führen derzeit eine Re-Organisation der Reinigung durch.“ Die von der Gewerkschaft genannten Gründe dafür seien allerdings „völliger Unsinn.“ Mit persönlichen Beziehungen habe der Umbau nichts zu tun. „Ich fange gewiss nicht an, funktionierende Teams zu zerschlagen.“ Es käme aber hin und wieder zu Versetzungen. „Man muss sich an das eine oder andere neue Gesicht gewöhnen.“

Der Streit hat eine Vorgeschichte

Die Vorwürfe von Verdi haben ihre Vorgeschichte. So eskalierte schon im Sommer ein Streit zwischen der Klinikleitung und dem Pflegepersonal einer Belegstation im Ludwigsburger Krankenhaus, die von der Gewerkschaft unterstützt wurde. Damals protestierten die Mitarbeiter wegen chronischer Arbeitsüberlastung, vollends ausgeräumt ist der Streit noch nicht.

Zudem kam jüngst Zoff im Bietigheimer Krankenhaus dazu: Der Pflegeleiter einer Station kündigte nach 15 Jahren wegen Überlastung, daraufhin prangerte das Team massive Missstände wegen dramatischen Personalmangels an.

Wie es nun weitergeht, ist noch unklar. Am Montag will Verdi der Geschäftsführung die rote Karte übergeben. Ob Jörg Martin sie auch annimmt, entscheidet sich kurzfristig. Cuno Hägele, der Bezirkschef von Verdi, sieht derweil dringenden Handlungsbedarf beim Landrat Rainer Haas. Der gescholtene Martin sagt indes: „Wir haben uns an die Spielregeln gehalten.“