Das Marbacher Krankenhaus wird bald keine vollwertige Klinik mehr sein, dafür soll ein Gesundheitscampus entstehen. Foto: Werner Kuhnle

Am 1. Juli entscheidet der Kreistag, wie die fünf Kliniken im Kreis aufgestellt werden. Eine Übersicht, was geplant ist, und was neben den beiden großen Häusern noch übrig bleiben soll.

Ludwigsburg - Wenn Kliniken geschlossen oder drastisch in ihrem Angebot beschnitten werden, zieht das normalerweise heftige Proteste mit sich. Mit kaum einer öffentlichen Einrichtung sind mehr Emotionen verbunden. Das konnte man im Jahr 2014 im Kreis Böblingen beobachten, als 30 000 Unterschriften für den Erhalt des Leonberger Krankenhauses gesammelt wurden, obwohl dessen Existenz offiziell nie in Frage stand. Auch im Rems-Murr-Kreis hat etwa die Schließung des Hospitals in Backnang massive Widerstände ausgelöst. Und im Kreis Ludwigsburg wurde das Vaihinger Krankenhaus zu einer Tagesklinik umgewandelt – vor Ort begleitet von scharfen Protesten.

Gemessen daran fällt der Widerstand gegen die Umwandlung des Marbacher Hauses noch gemäßigt aus, obwohl bei den Infoversammlungen vor Ort viele Kritiker vernehmbar waren. Am 23. Juni trifft sich der Marbacher Gemeinderat zu einer Sondersitzung – um zu fordern, zumindest die Innere Abteilung vor Ort zu belassen.

Doch die Verantwortlichen – vom Landrat Rainer Haas bis zum Klinikholding-Geschäftsführer Jörg Martin – haben offenbar im Vorfeld geschickt verhandelt und Marbach Entschädigungen angeboten. Dies wurde am Mittwoch deutlich, als der Aufsichtsrat und der Verwaltungsausschuss des Kreistages das Klinikkonzept bei nur einer Gegenstimme gebilligt haben.

Zwei Großkliniken in Ludwigsburg und Kornwestheim

Dieses sieht zwei Zentralkrankenhäuser in Ludwigsburg mit 1000 Betten und in Bietigheim mit 500 Betten vor. Dort soll sogar noch ein Zentrum für Altersmedizin entstehen – was eigentlich als Kompensation für Marbach geplant gewesen ist.

Doch der Geschäftsführer Jörg Martin rechnete vor, dass man in Bietigheim eine Geriatrie für 34,7 Millionen Euro bekommt, während sie in Marbach 55 Millionen Euro kosten würde. „Wir haben in Marbach sogar zwei Standorte untersucht“, erklärte Martin. Von Marbacher Seite werden die Zahlen angezweifelt. Ex-Bürgermeister Hermann Pötzsch (Freie Wähler) etwa meint: „Das kann ich nicht nachvollziehen.“ Doch auch diese Kröte wird man wohl von Marbacher Seite aus schlucken – weil die Alternative die völlige Schließung des Standorts wäre. Zudem bietet sich die Chance auf ein Belegkrankenhaus , in dem niedergelassene Ärzte operieren. Hier sind 40 Betten vorgesehen, die teilweise von Ludwigsburg und Marbach verlegt werden. Auch könnten 100 bis 200 Betten noch für eine private Psychosomatik und eine Reha-Klinik entstehen. „Wir führen dazu Gespräche“, sagte Martin.

Bei allem Ausgleich aber ist klar, dass nach 100 Jahren in Marbach kein allgemeines Krankenhaus mehr stehen wird. Der Landrat Haas drückte es so aus: „Das Konzept der Schwarzwaldklinik ist tot, einen Dr. Brinkmann als allwissenden Experten gibt es nicht mehr.“ Sprich: Die große Linie heißt Zentralisierung und Spezialisierung. Das führt zum Beispiel auch dazu, dass im neuen Großklinikum Bietigheim kein weiterer Herzkatheter angeschafft wird, weil dieser Bereich in Ludwigsburg konzentriert wird. Auch die beiden Standorte Ludwigsburg und Bietigheim haben unterschiedliche Schwerpunkte, um so in der Summe eine „Maximalversorgung“ (Martin) anzubieten. Es gab übrigens auch Pläne, nur noch ein Riesenklinikum in Ludwigsburg zu erhalten und dieses mit einer Art „Autobahn“ zu verbinden.

Doch dann wäre die Gefahr wohl zu groß, dass der Patient gleich nach Stuttgart weiterfährt. Im Klinikverbund Südwest versucht man sich übrigens an einem ähnlichen Modell und baut an der A 81 auf dem Flugfeld eine Zentralklinik, allerdings ohne die kleinen Standorte aufzugeben.

Nur noch ein Ärztehaus in Marbach?

Die Mehrheiten sind im Kreis Ludwigsburg jedenfalls breit, und in Marbach hofft man zudem auf einen „Gesundheitscampus“, der viele medizinische Dienstleistungen anbieten soll. Der Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Kemmerle, der selten ein Blatt vor den Mund nimmt, sprach aber aus, was so mancher denkt: „Es gibt Mediziner, für die wird das Haus in Marbach nur noch ein Ärztehaus.“ Der FDP-Kreisrat Johann Heer sieht hingegen eher Vorteile in dem neuen Konzept: „Wir haben gleich drei Chancen, weil Ludwigsburg und Bietigheim gestärkt werden und die Klinikholding ihr hohes Defizit abbauen kann.“

Denn auch wenn Martin und Haas betonen, medizinische Qualität stehe vor Ökonomie – am Ende geht es auch ums Geld. Vor allem Marbach und Vaihingen haben mit 1,7 und 1,5 Millionen Euro besonders hohe Verluste gemacht, während in Bietigheim nur 700 000 Euro Minus und in Ludwigsburg und Markgröningen eine schwarze Null erwirtschaftet wurden. Zumindest wird eine Privatisierung verhindert.