Nicht nur der Katharinenhof (vorne rechts) soll abgerissen werden, auch die Bettenhäuser dahinter sollen Neubauten weichen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Zum wiederholten Mal steigen die erwarteten Baukosten für die Neuordnung des städtischen Klinikums drastisch an. Nach den jüngsten Berechnungen beträgt die jüngste Kostenzunahme bis zu 200 Millionen Euro.

Stuttgart - Die Vertreter der Gemeinderatsfraktionen dürften am Mittwoch im Lenkungsausschuss des städtischen Klinikums große Augen gemacht haben. In der Sitzung ging es um die Weiterentwicklung des größten Klinikkomplexes der Stadt, Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) präsentierte dem Gremium die jüngsten Kostenprognosen für die umfangreiche Neuordnung am Standort Mitte.

 

Bisher war man davon ausgegangen, dass der laufende Bau des sogenannten Hauses F an der Kriegsbergstraße, der später folgende Abriss und Neubau des Katharinenhofs, ein weiteres, kleineres Gebäude in der Zeile und die Sanierung der Bettenhäuser in der zweiten Reihe insgesamt 410 Millionen Euro kosten würde. Allerdings stellte Föll fest: „Die bisherigen Kostenansätze waren völlig unrealistisch.“ Inzwischen gehe man von mindestens 580 Millionen Euro aus. Das sind 170 Millionen Euro mehr. Nach der Empfehlung des Krankenhausbürgermeisters werden daraus sogar 208 Millionen Euro, wenn man die Bettenhäuser nicht saniert, sondern ebenfalls ganz neu errichtet.

Der geplante Abriss und Neubau des Katharinenhofs, des heutigen Haupteingangs, war bisher mit 76 Millionen Euro veranschlagt worden, inzwischen rechnet man mit 140 Millionen Euro Kosten. Vor allem aufgrund von Umplanungen wird das kleinere Gebäude an der Kriegsbergstraße, das unter anderem Spezialambulanzen aufnehmen soll, wohl 67 statt 43 Millionen Euro kosten.

Mehrere Neubauprojekte werden teurer

Ähnlich stark wie beim Katharinenhof ist die Abweichung der Kostenschätzung bei den Bettenhäusern aus den 1960er Jahren. Hier war man für die Sanierung von 80 Millionen Euro Kosten ausgegangen, jetzt rechnet man mit mindestens 150 Millionen Euro. Föll erklärt den Anstieg mit den hohen Auflagen für den Brandschutz und für den Erdbebenschutz. Bei einer weitgehenden Sanierung, wie dies für die Funktionsbereiche in den unteren Geschossen vorgesehen ist, würde man für das Gebäude den Bestandsschutz verlieren und müsste Neubau-Standards erfüllen. Da der Erdbebenschutz 2005, im Jahr, als das Konzept für die Neuordnung beschlossen wurde, drastisch verschärft wurde, müsste man heute bei einer Sanierung ins Fundament eingreifen. Damit würde das Klinikum dann zwar den Vorschriften entsprechen, „man hätte aber trotzdem funktionale Defizite“, sagt Michael Föll. Und was das Zeitziel anlangt, seien „die Termin- und Kostenrisiken bei einer Sanierung ungleich höher“ als bei einem Neubau. „Wir müssen aber irgendwann mal fertig werden“, findet der Bürgermeister. „Das Klinikum soll keine ewige Baustelle sein.“ Föll ist überzeugt, dass auch für die Patienten und Mitarbeiter ein Neubau verträglicher als eine Sanierung unter Betrieb wäre. Deshalb empfiehlt er dem Rat, sich für einen Neubau zu entscheiden, der nochmals 38 Millionen Euro teurer wäre als die Sanierung. Damit kämen die Kosten für die geplanten Neubauten nicht auf 410, sondern auf 618 Millionen Euro.

Nach dem neuen Zeitplan soll das Haus F, der künftige Haupteingang, 2020 fertig sein, das Gebäude mit den Spezialambulanzen möglichst auch. 2021 könnte man mit dem Abriss und Neubau eines der beiden Bettenhäuser beginnen, bis 2024 sollen diese Arbeiten dann abgeschlossen sein. Danach könnte der Abriss des Katharinenhofs und des dahinter liegenden Bettenhauses beginnen, was bis Ende 2027 oder Anfang 2028 dauern würde. Bei einer Sanierung der Bettenhäuser, fürchtet Föll, könnten die Arbeiten bis 2030 dauern.

Millionen zur Behebung der Brandschutzprobleme

Für den Gemeinderat sind die neuen Zahlen wichtig, weil sich die Frage stellt, welchen Anteil die Stadt an den Kosten übernehmen muss. Bisher war vorgesehen, dass das Klinikum für den Zentralen Neubau, der vom Land gefördert wird, 150 Millionen Euro trägt. „Schon das war ambitioniert“, räumt Föll ein. Daraus würden nun bis zu 235 Millionen Euro. Dass das Klinikum diese Summe übernehmen könnte, sei „schwer vorstellbar“, erklärt der Stadtkämmerer.

Die aktuellen Probleme mit dem Brandschutz waren auch Thema in der Sitzung. Föll hofft, dass es in diesen Tagen zu einer Einigung mit der Feuerwehr und dem Baurechtsamt kommt, welche baulichen und technischen Maßnahmen ergriffen werden müssen. Auch hier werden höhere Kosten erwartet. Man habe die Rücklagen dafür von 2,5 auf 5,4 Millionen Euro erhöht, sagte Föll.