Ausgestreckter Hals, langsame Flügelschläge, imposante Spannweite: Kraniche am Himmel. Foto: dpa

Mehrere Kranichgruppen sind derzeit am Himmel der Landeshauptstadt zu bewundern. Der größte Trupp umfasste mehr als 110 Vögel. Das Schauspiel, schätzt der Naturschutzbund in Stuttgart, könnte noch bis in den Dezember zu sehen sein.

Stuttgart - In den vergangenen Tagen haben etliche Stuttgarter immer wieder den Kopf ins Genick gelegt, um mit den Augen den Himmel abzusuchen. Dafür gab es zweierlei Gründe: Entweder hörten die Menschen dort oben jenen eindeutigen, schallenden Trompetenruf. Oder sie erblickten auch ohne lautstarke Untermalung jene Kranich-Schwärme, die aktuell durch die Lüfte über Stuttgart gleiten.

Seit der letzten Oktoberwoche sind mehrere Kranichgruppen über die Landeshauptstadt gezogen, berichtet die Stuttgarter Gruppe des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) – „ein Naturschauspiel und ein echtes Erlebnis“, erläutert Ulrich Tammler vom Nabu. Der größte Trupp bestand aus mehr als 110 Vögeln. Zuletzt wurden in der Nacht zum Sonntag Kraniche gehört. Wer sie hört oder erblickt, darf sich gleich ein bisschen besser fühlen. Werden die Kraniche doch in verschiedenen Kulturkreisen als Glücksbringer verehrt.

Kraniche am Himmel über Stuttgart? Das war vor wenigen Jahren eher die Ausnahme. Meist konnten nur wenige dieser Vögel des Glücks wahrgenommen werden. Dies hat sich seit dem Jahr 2010 geändert, der Nabu Stuttgart beobachtet in den vergangenen fünf Jahren eine stetige Zunahme. Ein vorläufiger Höhepunkt stellt nun das aktuelle Jahr dar, denn so imposant waren die Beobachtungen noch nie. Wahrscheinliche Ursache für diesen Rekordflug sind die gestiegenen europäischen Brutbestände.

Bis in den September sind Kraniche zu sehen

Und der Blick nach oben lohnt sich nicht nur in den kommenden Tagen, sondern nach Einschätzung des Nabu je nach Wetterlage sogar noch bis weit in den Dezember hinein.

Zu übersehen sind die Vögel übrigens dank ihrer imposanten Spannweite von bis zu 222 Zentimetern nicht. Kraniche sind größer als Graureiher, fliegen mit ausgestrecktem Hals und relativ langsamen Flügelschlägen. „Gern lassen sie sich von Aufwinden im Segelflug in größere Höhen tragen“, so Tammler. Weithin erkennbar sind sie an ihren V-förmigen Flugformationen.

Die milde Witterung lässt viele Vögel länger in ihren Rastgebieten in Nord- und Ostdeutschland ausharren. Bei Kälteeinbruch erfolgt die Zugwelle gen Süden in die Winterquartiere von Westfrankreich, auf die iberische Halbinsel und bis nach Marokko. Normalerweise ziehen die Kraniche in einem schmalen Korridor über das südliche Niedersachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Anfangs waren es wohl nur einzelne Abweichler von dieser Traditionsroute. Mittlerweile scheinen sich nun ganz neue Zugstrecken zu entwickeln, die in neu erschlossene Überwinterungsquartiere führen. „Wer weiß, vielleicht bildet sich auch über dem Stuttgarter Raum eine solche Route aus?“, erklärt der Nabu und freut sich über Mail-Nachrichten (ulrich.tammler@nabu-stuttgart.de) von Menschen, die diese fliegenden Glücksboten ebenfalls über Stuttgart oder der Region gesichtet haben.