Bei der Abschaltung von zwei angeblich unrentablen Kraftwerken in Marbach und Walheim hat die Bundesnetzagentur dem Energieversorger EnBW einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun will der drittgrößte deutsche Stromkonzern gegen die Entscheidung klagen.
Ludwigsburg - Bei der Abschaltung von zwei angeblich unrentablen Kraftwerken in Marbach und Walheim hat die Bundesnetzagentur dem Energieversorger EnBW einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun will der drittgrößte deutsche Stromkonzern gegen die Entscheidung klagen.
Beim Oberlandesgericht Düsseldorf hat das Unternehmen eine Beschwerde gegen den Bescheid der Aufsichtsbehörde eingelegt. EnBW-Chef Frank Mastiaux sprach in einem Interview von „Notwehr“. Der Karlsruher Konzern sieht eine Benachteiligung im Wettbewerb mit Kraftwerken im Ausland und nördlich der Mainlinie. Im Norden der Republik dürften Anlagen kurzfristig eingemottet werden, weil sie keine systemrelevante Rolle bei der Stromversorgung spielen würden. Diese Chance habe die EnBW beim Kraftwerksbetrieb nicht.
Dem Streit um die beiden Kraftwerke im Neckartal wird ein Grundsatzcharakter mit bundesweiter Auswirkung auf die gesamte Energiewirtschaft beigemessen. Die EnBW ist der erste deutsche Energieversorger, dem die Abschaltung von Kraftwerken von der staatlichen Aufsicht verboten wird. Derzeit liegen der Bundesnetzagentur mit Dienstsitz in Bonn insgesamt 41 Anträge auf die Stilllegung von Kraftwerken vor. Untersagt wurde die geplante Abschaltung der Meiler in Marbach und Walheim, weil die Bundesnetzagentur nach der Abschaltung der Atomstrom-Blöcke in Neckarwestheim und Philippsburg um die Sicherheit der Stromversorgung im Südwesten fürchtet.
Die Aufsicht hält die beiden Kraftwerke im Landkreis Ludwigsburg für system-relevant und verfügte, dass die Anlagen mindestens bis Juli 2016 weiter betrieben werden müssen. Das Kraftwerk in Marbach hat drei Blöcke und wird mit Gas und Ölbefeuert. Im wenige Kilometer neckar-abwärts liegenden Walheim werden zwei Blöcke zur Energiegewinnung mit Steinkohle geheizt. Vom Streit um die geplante Abschaltung sind auch etwa 100 Arbeitsplätze an den beiden Standorten betroffen. Die Leistung der zwei Reservekraftwerke wird mit etwa 670 Megawatt beziffert. Zum Vergleich: Der stillgelegte Block I im Kernkraftwerk Neckarwestheim hatte bis zur Abschaltung etwa 840 Megawatt erzeugt.
Wirtschaftlich ist der Betrieb allerdings wegen niedriger Strompreise aus Sicht der EnBW weder in Marbach noch in Walheim. In der Vergangenheit galten die beiden Kraftwerke im Neckartal konzernintern deshalb als Reserve für den Notfall. Einen Dauerbetrieb gab es längst nicht mehr, nur beim Ausfall von Neckarwestheim sprangen die Turbinen auf Abruf an. Noch 2011 hatte der Karlsruher Energieversorger immerhin 35 Millionen Euro in das Walheimer Kraftwerk investiert, um Leitstand und Rauchgasreinigung auf den neuesten Stand zu bringen. Stolz waren die Kraftwerker auch auf eine moderne Gasturbine, die bei Störfällen in der Stromversorgung binnen nur drei Minuten ans Netz gehen sollte.
Für den Weiterbetrieb der beiden Kraftwerke kann der Stromkonzern eine Ausgleichszahlung erwarten. Details werden momentan ausgehandelt, im Gespräch ist eine zweistellige Millionensumme. Allerdings ist die Höhe der Entschädigung auch ein Streitpunkt: Laut EnBW sind mit der Zahlung nur knapp 75 Prozent der durch den Weiterbetrieb entstehenden Kosten gedeckt.