Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry muss sich heftiger Attacken aus der Führung erwehren. Foto: dpa

Die Führungsriege rebelliert gegen die Parteivorsitzende Frauke Petry. Vordergründig geht es um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl.

Berlin - Die Alternative für Deutschland (AfD) erlebt ein Déjà-vu: Die Szenen, die sich in der Führungsriege der noch jungen Partei abspielen, erinnern an die Entmachtung vor einem Jahr. Damals wurde der Parteigründer Bernd Lucke in die Wüste gejagt. Ihm wurden Alleingänge und ein autokratischer Führungsstil vorgehalten. Ähnliche Vorwürfe sieht sich nun die AfD-Vorsitzende Frauke Petryausgesetzt, die damals maßgeblich an Luckes Sturz beteiligt war. Sie sei charakterlich ungeeignet, lautet das vernichtende Urteil mehrerer Mitglieder des Bundesvorstandes. Offen werden die Anschuldigungen allerdings nicht vorgebracht, sondern in Hintergrundgesprächen mit Journalisten geäußert. Damit geht der seit Langem brodelnde Führungsstreit in eine neue Runde.

Petry soll nicht alleinige Spitzenkandidatin werden

Vordergründig dreht sich der Streit um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl 2017. Prominente Führungsleute rebellieren in dieser Frage offen gegen Petry. Obwohl die Frage der Spitzenkandidatur noch nicht ansteht, dringen die AfD-Oberen auf eine Vorentscheidung: Petry soll nach dem Willen eines Teils der Führung auf keinen Fall alleinige Spitzenkandidatin werden. Darauf arbeiten der Kovorsitzende Jörg Meuthen, zugleich AfD-Fraktionschef in Baden-Württemberg, sowie die Landesverbandschefs Alexander Gauland (Brandenburg) und Björn Höcke (Thüringen) hin. Der Machtkampf lässt sich kaum noch verschleiern. Erstaunlich ist, dass der wirtschaftsliberale Meuthen, der sich in der Vergangenheit Höckes Freundschaftsadressen an den französischen Front National rügte, mit dem umstrittenen Thüringer Rechtspopulisten paktiert. Gauland und Meuthen arbeiten seit einiger Zeit eng zusammen.

Dass Meuthen das Vorstandsmitglied Alice Weidel als Spitzenkandidatin ins Gespräch brachte, ist als Kampfansage an Petry zu werten. Die Unternehmerin aus dem Südwesten ist beruflich viel unterwegs und in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Weidel sagte selbst ab. Einig sind sich die drei Männer, dass Petry nicht allein an der Spitze stehen soll. „Wir können uns auch ein Spitzenteam vorstellen“, sagte Gauland der Nachrichtenagentur Reuters.

AfD-Chefin fordert Loyalität ein

Schon auf dem Bundesparteitag der AfD, der Anfang Mai in Stuttgart stattfand, wurde deutlich, dass Petry in der Führung isoliert ist. Petry selbst warnte damals vor neuen Grabenkämpfen und forderte von der Partei Loyalität ein. „Wir wollen keine Personaldebatte führen, sondern Inhalte transportieren“, sagte Petry seinerzeit. Doch der Appell verhalte ungehört. In den vergangenen Wochen war oft zu beobachten, dass Petry im Bundesvorstand einen schweren Stand hat. Als sie das Gespräch mit dem Zentralrat der Muslime führte, stand kein weiteres prominentes Vorstandsmitglied an ihrer Seite. Hinterher musste sich Petry für den missglückten Gesprächsversuch mit den Islamverbänden viel Kritik anhören – auch aus der Partei. Ungehalten sind ihre Vorstandsmitglieder deshalb, weil die 41-jährige Politikerin aus Leipzig vor allem auf eigene Rechnung agiert. Schlecht zu sprechen ist die Führungsriege auf Petrys Lebensgefährten Marcus Pretzell, der für die AfD im Europaparlament sitzt. Ihm werden Intrigen vorgeworfen.

Petry reagiert auf die Querschüsse aus dem eigenen Lager mit Stillschweigen. Anfragen lässt sie unbeantwortet. Verwunderung löst in der Partei aus, dass die Angriffe gegen Petry zum jetzigen Zeitpunkt erfolgen. Denn einer der Petry-Kritiker hat gewaltigen Ärger im eigenen Landesverband. Meuthen hat seiner Fraktion mit Rücktritt gedroht, falls diese den AfD-Abgeordneten Wolfgang Gedeon wegen antisemitischer Äußerungen nicht ausschließt. Ob Meuthen Fraktionschef im Land bleibt, ist offen.