Empfängt die neuen Rekruten auf dem Hohenasperg: Jörg Pauly als Friedrich Wilhelm Beyhl Foto: factum

Der Förderverein und die Stadt Asperg wollen mehr Besucher auf den Gefängnisberg locken. An Jahreszahlen wird bei der neuen Führung gespart, nicht aber an unterhaltsamen Anekdoten.

Asperg - Stiiiiill gestanden!“ Wenn Jörg Pauly alias Friedrich Wilhelm Beyhl, der Offizier der Torwache, künftig die Besucher auf dem Hohenaspergbegrüßt, dürfte es dem ein oder anderen – zumindest den kleinen Besuchern – ein bisschen mulmig werden. Auch für viele Zeitzeugen müssen die Geschehnisse um 1848, in die Pauly sein Publikum bei der neuen 70-minütigen Kostümführung entführt, beängstigend gewesen sein: In Deutschland rumort es. Angefacht von der französischen Februarrevolution werden landauf, landab die politischen und sozialen Strukturen infrage gestellt. Einige der Aufbegehrenden landeten auf dem Hohenasperg.

Mit dem Klavier auf dem Berg

Der Ton auf dem weit über die württembergischen Landesgrenzen hinaus bekannten Gefängnisberg, der auch als „Demokratenbuckel“, „Freiheitsgrab“ und „Tränenberg“ verschrien war, sei rau gewesen. Mit dem Ausspruch „wenn du nicht brav bist, kommst du auf den Asperg“, habe schon manch schwäbische Mutter ihren renitenten Sprössling zur Räson gebracht, sagt Friedrich Müller, Vorstand des Fördervereins Hohenasperg.

Bei der neuen Führung, die an diesem Samstag, 20. Juli, beim Asperger Stadtfest Premiere hat, schlüpfen die Besucher in die Rolle von Rekruten. Deren viermonatiger Dienst sei ziemlich eintönig gewesen, so Müller. Tor bewachen – Gefangene bewachen – Ordnung halten. Mehr sei nicht zu tun gewesen. Das Leben der Gefangenen hingegen war wohl oft gar nicht so übel, was die Geschichten, die Friedrich Wilhelm Beyhl erzählt, zeigen.

Einer derHäftlingehabe beispielsweise irgendwann beschlossen, als es ihm zu langweilig auf dem Berg wurde, einfach wieder nach Hause zu gehen. Ein anderer sei bereits mit 150 Koffern angereist, habe sich ein Klavier bringen lassen, um zu spielen und Feinkost aus dem nahen Stuttgart geordert. Auch hätten sich Studenten nach Duellen auf dem Berg getroffen und sich mit Trink- und Lernstoff versorgt. Die Zusammenkünfte in einem der drei Wirtshäuser auf dem Gelände hätten etwas Konspiratives gehabt. Was die Revoluzzer in Freiheit nicht mehr besprechen konnten, besprachen sie im Gefängnis.

Bei der Führung entlang des Walls bis zum Schubartturm erzählt Jörg Pauly, der gebürtig aus Waiblingen kommt und in Köln Schauspiel studiert hat, nicht nur von überzeugten Freiheitskämpfern, sondern auch von in Ungnade gefallenen Günstlinge der Herzöge und vom Schlendrian der Soldaten.

Geschichte unterhaltsam verpackt

Thomas Weber von der Spiegelberger Kabarettbühne „Kabirinett“, der Regisseur der Führung, hat bei seinen Recherchen herausgefunden, dass Mitte des 19. Jahrhunderts eine ziemliche „laissez-faire“-Atmosphäre auf dem Hohenasperg geherrscht habe. „Das ist ein Stück württembergischer Landesgeschichte“, sagt der Asperger. Unterhaltsam verpackt wollen Stadt und Förderverein damit nun mehr Besucher auf den Hohenasperg locken. Die Führung sei auch explizit etwas für Leute ohne großes Geschichtswissen, verspricht Weber.

Termin
„Angetreten! – Ein Gang über die schwäbische Bastille“ wird an diesem Samstag, 20. Juli, und Sonntag, 21. Juli, aufgeführt. Beginn ist jeweils 14 Uhr, die Teilnahme ist auf 30 Personen begrenzt und kostet zehn Euro. Es sind vier weitere Aufführungen geplant.