Eigentlich sollte die wichtige Kosten-Nutzen-Analyse der Stadtbahn im Kreis Ludwigsburg Ende dieses Jahres vorliegen. Nun wird bekannt, dass die wichtige Vorplanung ein weiteres Jahr auf sich warten lässt. Was bedeutet das für das Projekt?
Das Projekt Stadtbahn im Kreis (Lucie) steht schon seit Monaten unter Druck. Erst musste Geschäftsführer Frank von Meissner unter mysteriösen Umständen gehen, dann meldeten sich immer mehr kritische Bürgermeister und Lokalpolitiker, die in dem Megaprojekt eine zu große Belastung in finanziell schwierigen Zeiten sehen. Nun macht die Projektplanung erneut keine gute Figur: Die Fertigstellung der entscheidenden Kosten-Nutzen-Analyse für die millionenschwere Förderung wird um mindestens ein Jahr verschoben. Das ärgert die Befürworter des Projektes, Kritiker dagegen haben Aufwind.
Die Information, dass die Kosten-Nutzen-Analyse frühestens Ende 2025 fertig wird, habe für viel Irritation gesorgt, sagt der Ludwigsburger Infrastrukturbürgermeister Sebastian Mannl. Er sei von dieser Neuigkeit erschrocken gewesen, ergänzt Klaus Herrmann, der CDU-Fraktionsvorsitzende im Ludwigsburger Kreistag. Auch Räte der Grünen und der SPD sagen, sie seien aus allen Wolken gefallen. Das Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse sei die wertvollste Ware für das Projekt, sagt Nathanael Maier, SPD-Stadtrat und Mitglieder der Lucie-Verbandsversammlung. „Wir müssen vorankommen.“
Ärger unter Stadtbahn-Befürwortern
Die Lokalpolitiker stören sich aber nicht nur am Aufschub. „Es gab keine Erklärung, warum sich die Analyse verspätet“, sagt Stefanie Liepins, die für die SPD in der Lucie-Verbandsversammlung sitzt. „Mir fehlen die Einblicke.“ Ähnlich äußert sich Christine Knoß von den Grünen, sie erhofft sich mehr Informationen des Stadtbahn-Teams unter der Leitung von Interims-Geschäftsführer Michael Ilk. Aktuell müsse sie sich als Verbandsversammlungsmitglied selbst einen Überblick verschaffen, sagt Knoß verärgert.
Er könne nachvollziehen, dass einige Beobachter den Eindruck gewännen, dass zu wenig vorangehe, sagt der Stadtbahn-Geschäftsführer Michael Ilk. Gleichzeitig sei es wichtig, der Analyse ausreichend Zeit einzuräumen. Der Zweckverband müsse Bund und Land präzise beschreiben, wo die Stadtbahn wie entlangfahren könnte und wie viel Geld die Gleise, Bahnen und das Personal kosten würde. „Ich hoffe, dass anerkannt wird, dass wir uns intensiv Gedanken machen. Und die Planung nicht hinschludern.“
Bei der Frage, warum man sich in der Zeitplanung so verschätzt hat, bleibt Michael Ilk vage. Die Planung kritischer Streckenpunkte, wie die Kreuzung der B 27, dauere eben lang. Auch am Bahnhof gebe es knifflige Stellen, sagt Ilk: „Wir wollen mit der Analyse eine gewisse Tiefe erreichen, die Hand und Fuß hat. Das braucht Zeit.“ Zweifel an einem positiven Ausgang der Prüfung, hat Ilk derweil nicht. Er ist sich sicher, dass die Analyse ergeben wird, dass sich die Stadtbahn für die Menschen, Gemeinden und den Kreis lohnt.
Davon sind auch die Befürworter im Landratsamt, im Ludwigsburger Rathaus, von CDU, Grüne und SPD weiterhin überzeugt. Das Team um Michael Ilk sei trotz der Zeitverzögerung engagiert und tatkräftig – die Stadtbahn werde kommen und die Region voranbringen, so deren Botschaft.
FDP und AfD wollen den Ausstieg
Während die Befürworter weiterhin leidenschaftlich für die Stadtbahn einstehen, reißen die Angriffe auf das Projekt nicht ab. Die Verzögerung der Kosten-Nutzen-Analyse bietet Stadtbahngegnern neuen Raum und Zunder. Dass das Selbstbewusstsein der Kritiker steigt, zeigte sich auch während der Haushaltsdebatte im Ludwigsburger Gemeinderat in dieser Woche. FDP und AfD beantragten einen Ausstieg der Stadt Ludwigsburg aus dem Zweckverband. Ein Schachzug, der rechtlich zwar höchst fragwürdig ist, jedoch für das gewollte Aufsehen sorgt. „Das Projekt ist an so vielen Stellen krumm, jetzt können wir noch aussteigen“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Haag.
Doch auch Aussagen von Oberbürgermeister Matthias Knecht lassen zumindest einmal aufhorchen. Er sehe die Verzögerung der Kosten-Nutzen-Analyse höchst kritisch. Wenn diese dann endlich da sei, müsse man „Tabula rasa“ machen und entscheiden, ob man „rechts oder links“ abbiegen möchte. Der Druck auf die Stadtbahn steigt – besonders auf die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analyse.
Projekt und Kosten-Nutzen-Analyse
Die Stadtbahn
Die Stadtbahn im Landkreis Ludwigsburg soll Schwieberdingen und Markgröningen mit Ludwigsburg verbinden. Die Strecke soll darüber hinaus durch Ludwigsburg in Richtung Pattonville führen. Fast 90 Prozent der Kosten für die Reaktivierung und den Bau der Gleise sollen laut Planung von Bund und Land bezahlt werden. Die verlangen jedoch eine Kosten-Nutzen-Analyse.
Der Zweckverband
Für die Planung und Umsetzung der Stadtbahn haben sich der Landkreis Ludwigsburg (50 Prozent), die Stadt Ludwigsburg (25 Prozent), Markgröningen, Möglingen, Remseck und Schwieberdingen zu einem Zweckverband zusammengetan. Der Verwaltungsrat (Landrat und Bürgermeister) und die Verbandsversammlung (Kreis- und Stadträte) führen und kontrollieren die Arbeit des Stadtbahn-Teams unter Leitung von Geschäftsführer Michael Ilk.