Gibt es wegen der Flüchtlinge zusätzlichen Schulraumbedarf? Foto: dpa

Der Hilferuf von Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag, dass die Integration von jährlich 130.000 Asylbewerbern die Kommunen in den nächsten Jahren in den finanziellen Kollaps zu führen drohen, ist auf offene Ohren bei der Landesregierung gestoßen – mit einigen Einschränkungen.

Stuttgart - Der Hilferuf war eindeutig. Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag haben der Landesregierung jüngst vorgerechnet, dass sie die Millionenkosten nicht alleine stemmen können, die in den nächsten Jahren durch die Unterbringung und Integration der Flüchtlinge entstehen dürften. Es müsse eine „politische Lösung gefunden werden, und zwar in der ersten Jahreshälfte“, hatte Gemeindetag-Präsident Roger Kehle unserer Zeitung gesagt.

Am Montag nun hat die sogenannte Lenkungsgruppe Flüchtlinge, in der mehrere Amtschefs der Ministerien sitzen, geantwortet. Die Botschaft des 16-seitigen Papiers: So dramatisch wie es die kommunalen Spitzenverbände sehen, ist die Lage doch gar nicht. Natürlich müssten die finanziellen Belastungen zwischen Bund, Land und Kommunen „austariert werden“, heißt es in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt. Ob wirklich in den nächsten Jahren – wie von der kommunalen Basis prognostiziert – jährlich weitere 130.000 Asylbewerber ins Land kommen, sei zwar „grundsätzlich realitätsnah“, man mache aber den Vorbehalt, „diese Zahlen deutlich zu korrigieren“ – und zwar nach unten.

Auch an anderen Punkten werden die Hochrechnungen der Verbände relativiert. Es sei „nicht damit zu rechnen, dass anerkannte Asylbewerber nach kurzer Zeit ihre Familien tatsächlich nachholen“, wie es die Gemeinden vorhersagen. Experten sehen das freilich ganz anders als Grün-Rot. Da es sich vor allem um syrische Flüchtlinge handelt und deren Anerkennung als sicher gilt, wird davon ausgegangen, dass der Familiennachzug zwischen vier und sieben Personen pro anerkanntem Asylbewerber liegen wird.

Mehr Schulsozialarbeit? Grün-Rot winkt ab

Eine klare Absage gibt es an den Wunsch der Verbände, die Kleinkinderbetreuung auszubauen oder eine Residenzpflicht für die Asylbewerber einzuführen, inklusive von Leistungskürzungen bei Verstößen. Das werde „nur eingeschränkt möglich sein“, schreibt die Lenkungsgruppe. Die rechtlichen Möglichkeiten seien sehr beschränkt, der „gesetzgeberische Handlungsbedarf“ liege beim Bund. Ein ähnliches Abwinken gibt es für die Idee, mehr Schulsozialarbeit anzubieten oder zusätzlichen Schulraumbedarf bereitzustellen. Argument der Regierungs-Gruppe: „Der Rückgang der Schülerzahlen hat zu niedrigeren Klassenfrequenzen geführt. Bestehende Klassen könnten bis zur Obergrenze des Klassenteilers mit Flüchtlingskindern aufgefüllt werden.“

Gerade bei den Lehrergewerkschaften dürfte das für neuen Ärger sorgen. Ein Sprecher von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) beteuerte denn auch am Montagabend, man werde die Hochrechnung der drei Verbände prüfen, demnächst gebe es eine gemeinsame Sitzung mit der „Lenkungsgruppe Flüchtlinge“. Man sei den Städten und Gemeinden im alten Jahr finanziell schon weit entgegengekommen, „wir werden sie aber nicht im Stich lassen“.