Ein Ehepaar ist freigesprochen worden. Foto: picture alliance/dpa/Britta Pedersen

Vor dem Strafgericht heißt es am Ende: Im Zweifel für die Angeklagten.

Kornwestheim - Das Ludwigsburger Strafgericht hat ein Kornwestheimer Ehepaar freigesprochen, das im Verdacht gestanden hatte, mit gestohlenen Waren der Firma Weckerle Cosmetics in Eislingen/Fils gehehlt zu haben. Ein Mann aus Schorndorf, aus dessen Lager die Kosmetikartikel stammen, ist mittlerweile zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er entlastete das Ehepaar als Zeuge vor Gericht: Weder die Kornwestheimer noch er selbst hätten gewusst, dass es sich um gestohlene Waren gehandelt habe.

Der Freispruch für die 30-jährige, inzwischen arbeitslos gewordene Filialleiterin und ihren 28-jährigen Ehemann, der als Beruf Angestellter angegeben hatte, erfolgte nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“, also im Zweifel für den Angeklagten. Die Richterin konnte den beiden nicht nachweisen, dass sie zwischen dem 7. Januar und dem 28. Februar des vergangenen Jahres gewerbsmäßige Hehlerei begangen haben, wovon die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ausgegangen war. Das Ehepaar hatte gestohlene Make-ups, Lip-Gloss und Lippenstifte teurer Marken bei Facebook angeboten. Zudem hatte die Frau auf einem Parkplatz in der Kornwestheimer Rosenstraße sowie einem weiteren Parkplatz der Stadt auch einzelne Artikel aus der Diebesbeute im Gesamtwert von fast 9000 Euro persönlich an Abnehmerinnen verkauft.

Entscheidend für die Freisprüche war die Zeugenaussage des 53-jährigen Lagerhalters aus Schorndorf, der wegen gewerbsmäßiger Hehlerei bereits zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Von seinem Zeugnisverweigerungsrecht konnte er in Ludwigsburg nun nicht mehr Gebrauch machen, da sein Urteil rechtskräftig ist. Der Schorndorfer gab zu Protokoll, er sei nur mit dem Mann aus Kornwestheim in Kontakt gewesen und nicht mit dessen Frau. Der Kornwestheimer habe bei ihm im Büro seines Lagers ein Mobiltelefon gekauft und dabei „die Schminke gesehen“. „Die Kosmetik war nicht meine“, beteuerte der Schorndorfer, er habe die Ware für einen Auftraggeber in Bosnien verschicken sollen.

„Ich habe dem Angeklagten gesagt, dass die Waren auf jeden Fall sauber und nicht gestohlen sind“, fuhr der Schorndorfer fort. Davon dass die Kosmetikartikel bei Weckerle Cosmetics in Eislingen/Fils entwendet worden seien, habe er selbst keine Ahnung gehabt. „Ich habe für einen in Bosnien die Ware in Eislingen abgeholt und bei mir gelagert“, erklärte er. Jemand habe ihm versichert, es handele sich um Überschussware oder um fehlerhafte Artikel.

Aus Bosnien war in dieser Angelegenheit weder jemand nach Schorndorf gereist, noch hatte jemand von dort Waren abgeholt. Der Schorndorfer will von dem Bosnier lediglich die Mitteilung erhalten haben, dass er die Sachen in seinem eigenen Online-Geschäft veräußern könne, in welchem er „Werkzeuge und alles mögliche“ anbiete. Die Kontaktaufnahme zwischen dem Schorndorfer und dem Kornwestheimer Ehepaar erfolgte über eine Kleinanzeigenplattform.

„Da kommt einer wegen eines Handys aus Kornwestheim nach Schorndorf und interessiert sich für Make-up?“, fragte sich der Staatsanwalt. Auch die Richterin hätte gerne gewusst, wer denn dann der Kosmetikdieb gewesen sein soll, wenn es der Schorndorfer nicht war. Beschäftigte der Firma Weckerle Cosmetics und ein Werkschützer hatten zuvor bereits einiges zur Aufklärung des Diebstahls beigetragen. Die Mitarbeiterinnen hatten gleich gemerkt, woher der Doppelcontainer Lip-Gloss stammt, der da von einer Kornwestheimerin im Internet angeboten worden war. Und dem Eislinger Werkschützer war es sogar gelungen, einen Scheinkauf in Kornwestheim zu tätigen. Der 73-jährige ehemalige Kriminalhauptkommissar hatte einfach seine Ehefrau dazu überredet, sich als interessierte Käuferin auszugeben.