Die neue Bahnbrücke in der Bahnhofstraße soll mit Graffiti-Kunst aufgewertet werden.
Kornwestheim - Die Kunst“, hat der irische Schriftsteller Oscar Wilde im 19. Jahrhundert einmal gesagt, „soll den Zuschauer beherrschen, nicht der Zuschauer das Kunstwerk.“ Das ist dem Graffitikünstler Christoph Ganter, in der Szene besser bekannt als Jeroo, und den Designern des Stuttgarter Studios Vierkant zunächst einmal ganz gut gelungen. Ihre Entwürfe für eine Gestaltung der neuen Bahnbrücke hat die Stadträte im Ausschuss für Umwelt und Technik ausgiebigst beschäftigt. Zu einer Empfehlung, welches Kunstwerk denn nun auf Beton gebracht werden soll, kamen sie aber noch nicht. Der Beschluss ist dem Gemeinderat vorbehalten, der in der kommenden Woche tagt. Möglicherweise kommen sogar beide Entwürfe zum Zuge – im wahrsten Sinne des Wortes.
Mit der alten Bahnbrücke ist auch das Kunstwerk verschwunden, das Jeroo vor acht Jahren auf die Brückenwand gesprayt und das seinerzeit eine Jury ausgewählt hatte. Sein neuer Entwurf für die neue Brücke lehnt sich an das alte Kunstwerk an. Kugeln fliegen wieder durch das Bild, und vom Würfel sind auch noch Ecken zu erkennen. Weil es einen Wiedererkennungswert zur alten Brücke gibt, findet der Jeroo-Entwurf Befürworter bei der Fraktion Grüne/Linke und auch bei den Freien Wählern.
Stadträte haben Wünsche für Wimmelbild
Das Gros der Stadträte tendiert, so sieht es aus, indes zum Entwurf des Studios Vierkant, Wimmelbild genannt, weil so viel darauf zu erkennen ist – Bäume, Buchstaben und Gebäude. Offenbar der Wilde’schen Theorie nicht folgend, dass die Kunst den Zuschauer und nicht der Zuschauer das Kunstwerk beherrschen soll, äußerten einige Stadträte ein paar Verbesserungsvorschläge.
Robert Müller (SPD) zum Beispiel hätte gerne Motive aus der Weststadt auf dem Bild – den Rangierbahnhof oder das Salamander-Werk. Schließlich sei der Durchlass das Tor zum Westen Kornwestheims. Martin Ergenzinger (CDU) wünscht sich von dem Künstler, dass der Städtename Kornwestheim besser erkennbar wird. Nicht alle in der Fraktion hätten den Schriftzug auf Anhieb gesehen, kritisierte er. Edda Bühler (Grüne/Linke) und Daniel Güthler (Erster Bürgermeister) wünschen sich kräftigere Töne. „Da ist sehr pastellig“, kritisierte Edda Bühler und bemängelte darüber hinaus, dass der Rathausturm auf dem Kunstwerk fehlt.
Entscheidung fällt schwer
Sie brachte einen Vorschlag in die Runde ein, den andere Stadträte durchaus bedenkenswert fanden. Wie wäre es denn, fragte Bühler, wenn man Jeroo die Fläche an der Brücke zur Verfügung stellen würde und dem Studio Vierkant die Bahnhofsunterführung, die ebenfalls neu gestaltet werden soll? Gute Idee, lobte Silvia Stier (CDU), denn in der Bahnhofsunterführung könne man sich beim Vorbeischlendern in Ruhe mit dem Kunstwerk beschäftigen. Intern wollen sich die Fraktionen nun noch einmal beraten. Und beim Studio Vierkant wird man wohl nachfragen müssen, ob Änderungen möglich sind. . . Nebenbei bemerkt: Auch vor acht Jahren mochte sich die Jury nicht festlegen und schlug vor, ein Graffito in der Bahnhofstraße zu verwirklichen und einen zweiten Entwurf von Jan Haas und Frederic Sonntag in der B27-Unterführung im Süden der Stadt.
Ach so, ein Stadtrat hält die Theorie von Oscar Wilde doch nicht für ganz so abwegig. „Es ist immer schwierig, wenn Künstler dem Wunsch des Betrachters folgen sollen“, sagte CDU-Mann Hans-Joachim Schmid. Man solle dem Künstler nicht ins Handwerk pfuschen. „Das sieht man dem Bild an.“