Juli 2021: In Kornwestheim entkommt ein Auto den Wassermassen nicht, die Insassen müssen herausgeholt werden. Foto: Archiv/Feuerwehr Kornwestheim

Erste Maßnahmen hat die Stadt schon ergriffen. Wie geht es nun weiter?

Die Rufe nach einem besseren Starkregenschutz sind spätestens nach der Katastrophe im Ahrtal unüberhörbar geworden. Auch jüngst ist das Thema im nördlichen Kreis Ludwigsburg wieder richtig präsent geworden: Schlammmassen wälzten sich durch Mundelsheim und Oberstenfeld, als sich eine Superzelle im nördlichen Landkreis entlud. Zum Glück wurde niemand verletzt, aber die Sachschäden sind erheblich. Erst im vorigen Jahr hatten sich im Juli in und um Ludwigsburg Straßen in reißende Bäche verwandelt, Kanaldeckel wurden hochgedrückt, Keller liefen voll. In Kornwestheim steckte gar eine Familie in ihrem Auto in einer überfluteten Unterführung fest.

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Wie Schäden bei solch extremen Ereignissen in Grenzen gehalten werden können, beschäftigt die Verwaltungen im Landkreis. Das Landratsamt empfiehlt allen 39 Kommunen, ein Risikomanagement für Starkregen aufzusetzen. Bisher haben 25 Kommunen damit angefangen und dafür eine Förderung des Landes bekommen beziehungsweise beantragt.

Gefahrenkarte zeigt Engpässe

Die Stadt Kornwestheim will ebenfalls ein Risikomanagement für Starkregenereignisse aufsetzen. Sie bekommt die Förderung dafür allerdings nicht vom Land, sondern vom Regierungspräsidium Stuttgart. 70 Prozent der Kosten werden übernommen, sodass die Stadt selbst noch etwa 24 000 Euro zahlen muss. Ansonsten unterscheidet sich das Projekt aber kaum von dem der anderen Kommunen im Landkreis. Zurzeit arbeitet die Stadt an einer Gefahrenkarte, die aufzeigen soll, wo Wassermassen abfließen oder sich stauen. Daraus lässt sich ableiten, wo und wie gehandelt werden muss.

In Kornwestheim lässt sich schon aus zurückliegenden Ereignissen schließen, wo die Problemstellen liegen könnten. So sammelt sich das Wasser regelmäßig im Moldengraben und an der Aldinger Straße, weil sie besonders tief gelegen sind. Auch das Wilkin-Areal und die Münchinger Straße sind anfällig, einige Keller in der Innenstadt sind in der Vergangenheit auch schon überflutet worden.

Regen soll abfließen und versickern

Die Stadtverwaltung ist deshalb bereits unabhängig vom Starkregenrisikomanagement tätig geworden. So ist im Bereich des Moldengrabens ein Gelände modelliert worden, damit das Oberflächenwasser besser in Richtung Mussenbach ablaufen kann. Künftig soll es dort auch einen Umleitungskanal geben. Außerdem soll eine zweieinhalb Hektar große Fläche in diesem Bereich umgestaltet werden. „Geprüft wird, inwiefern die Fläche künftig sowohl zum Zwecke der Naherholung als auch zur Sicherung von Belangen des Natur- und Artenschutzes herangezogen werden kann“, sagt der Erste Bürgermeister Daniel Güthler. So soll Regenwasser dort besser aufgehalten werden und versickern können. Die Stadt überlegt sich auch, ob sie den Bach im Bereich des Moldengrabens offenlegen soll. Das könne wirksam die Risiken von Überschwemmungen senken, heißt es aus der Verwaltung.

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Auch an anderer Stelle hat sich die Stadt bereits auf größere Wassermengen eingestellt. So gibt es mehrere Wasserrückhaltebecken und in der Bahnhofstraße sind die Kanäle vergrößert worden. Bei Neubauprojekten wird außerdem darauf geachtet, dass es ausreichend Kapazitäten für die Wasserrückhaltung gibt.

Städte sind besonders betroffen

Weitere Engstellen und Handlungsoptionen soll bald die Starkregengefahrenkarte bieten. Sobald diese erstellt ist, folgt daraus eine Gefährdungs- und Risikoanalyse. Die Ergebnisse gibt die Stadt an die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). So können die Informationen zum Beispiel im Flut-Informations- und -Warnsystem (FLIWAS) verwendet werden.

Starkregen ist vor allem in Städten ein heikles Thema, weil dort viele Flächen versiegelt sind. Wenn es besonders heftig regnet, schaffen es die Entwässerungssysteme kaum, das Wasser abzutransportieren. Auch das Kanalnetz im Kreis Ludwigsburg in naher Zukunft nicht für solche Wassermassen gerüstet sein. Deshalb müssen die Kommunen andere Lösungen finden. „Der Landkreis Ludwigsburg gehört zum Ballungsraum Stuttgart, in dem sich viele Sachwerte befinden und es bei einem Starkregenereignis zu hohen Sach- und Personenschäden kommen kann“, sagt ein Sprecher des Landratsamts.

Der Deutsche Wetterdienst spricht von Starkregen oder Starkniederschlag, wenn in einer Stunde mehr als zehn Millimeter oder in sechs Stunden mehr als 20 Millimeter Regen fallen.