Flüchtlinge freuen sich, dass sie von einem Rettungsschiff aufgenommen worden sind. Foto: dpa/SOS Mediterranee

SPD, Grüne und Linke wünschen sich, dass Kornwestheim dem Städtebündnis Seebrücke, das geflüchtete Menschen unterstützt, beitritt.

Kornwestheim - Im September 2019 waren der Architekt Olaf Oehmichen und Pfarrerin Ines Fischer auf Einladung des Ökumenischen Arbeitskreises Asyl im Schafhof zu Gast und berichteten von ihrer Arbeit für die Flüchtlingsrettungsorganisation Sea-Eye. Sie warben mit eindrücklichen Bildern fürs Städtebündnis Seebrücke, dessen Mitgliedskommunen sich bereit erklären, Menschen aufzunehmen, die aus Seenot gerettet worden sind. Oehmichens und Fischers Einsatz wird in Kornwestheim vermutlich keinen Erfolg zeitigen. Der Gemeinderat wird am Donnerstag über einen Beitritt entscheiden, aber es zeichnet sich keine Mehrheit ab. Bei der Vorberatung im Verwaltungs- und Finanzausschuss standen sechs Ja- acht Neinstimmen gegenüber.

Und dabei haben die Fraktionen Grüne/Linke und SPD ihren Antrag auf einen Beitritt Kornwestheims zur Seebrücke modifiziert. Sie verzichten auf den Passus, mit dem Kornwestheim zusichert, dass es aus Seenot gerettete Flüchtlinge aufnimmt, sondern legen den Schwerpunkt darauf, dass sich die Stadt mit den Menschen auf der Flucht und mit den Zielen der Seebrücke solidarisch zeigt. „Das ist doch eine Brücke, über die man gehen kann“, bat SPD-Stadtrat Florian Wanitschek (SPD) um Zustimmung zu diesem Alternativvorschlag. Vergebens.

Freie Wähler werden uneinheitlich abstimmen

„Wir wollen keinen Beitritt zur Seebrücke“, betonte Jörg Schaible (CDU) unmissverständlich. Er hatte ohnehin Zweifel, dass sich der Gemeinderat zu diesem Zeitpunkt mit dem Thema befassen darf. Weil die letzte Beratung erst wenige Wochen zurückliege, müsse doch eigentlich eine sechsmonatige Sperrzeit greifen, meinte Schaible. Dem sei aber nicht so, korrigierte ihn Oberbürgermeisterin Ursula Keck. Mitte März sei über den Antrag von der SPD und der Fraktion Grüne/Linke nicht abgestimmt worden, weshalb es sich jetzt nur um eine Weiterberatung handele.

Uneinheitlich werden die Freien Wähler am kommenden Dienstag abstimmen, kündigte Gabi Walker für ihre Fraktion an. „Wir sind uns einig, dass man Menschen in Not helfen muss“, sagte sie. Aber eine Mehrheit hält dafür einen Beitritt zur Seebrücke nicht für notwendig. „Wenn man helfen will, kann man auch alleine aktiv werden“, so Walker. Ähnlich äußerte sich Andreas Schantz von der FDP: „Man braucht nicht einem Verein beizutreten, um Flüchtlingen zu helfen.“

Den Antragstellern fehlen zwei Stimmen

Grüne/Linke und SPD kommen im Gemeinderat zusammen auf zwölf Stimmen. Um auf eine Mehrheit im 27-köpfigen Gemeinderat zu kommen, müssten also noch zwei Stadträte oder ein Stadtrat und die Oberbürgermeisterin pro Beitritt stimmen – vorausgesetzt, dass alle Stadträte zur Sitzung am Donnerstag erscheinen.

Die Stadt Gerlingen hat sich in der vergangenen Woche für einen Beitritt zur Seebrücke ausgesprochen. Die Entscheidung fiel auch dort ausgesprochen knapp aus – mit zwölf Ja- und zehn Nein-Stimmen. Nach Asperg, Bietigheim-Bissingen und Marbach ist Gerlingen der vierte „Sichere Hafen“ im Landkreis.