Die evangelische Gemeinde Kornwestheim tritt für Trauung gleichgeschlechtlicher Paare ein.
Kornwestheim - Die evangelische Kirchengemeinde Kornwestheim kritisiert in einem offenen Brief das Abstimmungsergebnis der Landessynode zur Trauung und Segnung lesbischer und schwuler Paare. Das Schriftstück, das vom Kirchengemeinderat verabschiedet worden ist, haben die Pfarrerin Elserose Haug und der Vorsitzende des Kirchengemeinderates, Dr. Klaus Schaldecker, unterzeichnet. Das Ergebnis der Synode habe „enttäuscht und empört zugleich“ schreiben Haug und Schaldecker in dem Brief, der an Synodalpräsidentin Inge Schneider, Landesbischof Otfried July und die Prälatin Gabriele Arnold adressiert ist. „Wir nehmen dazu Stellung, weil uns das Thema und vor allem die Situation, die entstanden ist, umtreibt“, heißt es darin.Die Herbstsynode der Landeskirche Württemberg hatte gegen eine öffentliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare votiert – mit nur knapper Mehrheit. Seitdem ist unter den baden-württembergischen Protestanten eine teils heftig geführte Debatte entbrannt. Nachdem die Dekane aufbegehrten, proben nun auch Kirchengemeinden landauf, landab den Aufstand gegen die Entscheidung der Synode. Einige Pfarrerinnen und Pfarrer haben bereits angekündigt, trotz des Beschlusses die Verbindungen gleichgeschlechtlicher Paare öffentlich zu segnen. Andere evangelische Gemeinden verfassten ebenfalls bereits offene Briefe, die sie an die württembergische Landeskirche schickten.
Dass die Kornwestheimer Protestanten sich dem Widerstand anschließen, ist kein Wunder: Sie haben sich der Initiative Regenbogen angeschlossen. Die darin vereinten Kirchengemeinden zeigen sich offen für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. In ihrem Schreiben heben Haug und Schaldecker vier Punkte hervor.• Erstens könne man nicht akzeptieren, dass die Segnung eines schwulen oder lesbischen Paares weiterhin ins stille Kämmerlein abgeschoben werde. „Man scheut das Licht der Öffentlichkeit.“ Das sei eine absurde Situation in „unserer Zeit“, angesichts der gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen und des Reformationsjubiläums. • Zweitens: „Was Nicht-Diskriminierung ist, kann nicht einseitig verfügt werden von denen, die in der Mehrheit sind und die Macht haben zu entscheiden.“ • Drittens, so heißt in dem offenen Brief weiter, lehne der Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“ Trau- oder Segnungsgottesdienste mit der Begründung ab, Bibel und Bekenntnissen der Reformation zu entsprechen – im Gegensatz zu den Befürwortern. Die Kornwestheimer Protestanten nehmen damit direkt Bezug auf das entsprechende Netzwerk in der evangelischen Landeskirche. „Wie Ehe nach biblischen Texten und Kontext auszusehen hat und was in der Reformation der Ehestand und andere Stände bedeutet haben, das findet sich in der Begründung der Ablehnung nicht wieder“, heißt es in dem offenen Brief. Dass homosexuelle Lebenspartnerschaften und die Ehe für alle nicht in Bibel und Reformationsbekenntnissen genannt seien, könne nicht als schlüssiger Grund dazu dienen, eine Trauung oder Segnung abzulehnen. • Viertens verwehre der Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“ kategorisch die Möglichkeit, „eine andere Überzeugung als die ihre in unseren Gemeinden leben zu können“, schreiben Elserose Haug und Klaus Schaldecker weiter.
„Wir setzen uns als Regenbogengemeinde ein für eine kirchliche Trauung für alle und das Ende der Diskriminierungen“, betonen sie. „Alle Menschen mit unterschiedlichen geschlechtlichen Orientierungen gehören in gleicher Weise zu unserer Gemeinde und Kirche dazu.“
Das Schreiben schließt mit dem Hinweis, dass der Brief „mit großer Mehrheit“ vom Kirchengemeinderat der evangelischen Gemeinde Kornwestheim in der Sitzung vom 17. Januar verabschiedet worden sei.