Natasche Richter (links) führt Besucher durch die Ausstellung. Foto: Mateja fotografie

Am Wochenende war die Ausstellung über Kornwestheim im Dritten Reich zum letzten Mal zu sehen.

Kornwestheim - Zum Abschluss war Stadtarchivarin Natascha Richter noch einmal im Großeinsatz: Am Freitagvormittag führte sie eine Schulklasse durch die Ausstellung „,Das Reich war uns kein Traum mehr’ – Wahn und Wirklichkeit, Kornwestheim 1931 – 1945“, am Nachmittag stand eine öffentliche Führung an, die auf großes Interesse stieß. Nun geht’s ans Aufräumen und Wegpacken: Die Exponate aus dem Stadtarchiv gehen zurück ins Rathaus, die Fibeln werden wieder im Schulmuseum einsortiert, Stücke, die Privatleute dem Museum überlassen haben, können wieder abgeholt werden. Richters Bilanz dieser heimatgeschichtlichen Ausstellung fällt durchweg positiv aus. Das Interesse war groß, das Publikum interessiert, die Rückmeldungen positiv. Wie viele Menschen die Ausstellung über Kornwestheims dunkle Jahre gesehen haben, das lässt sich allerdings nicht sagen, weil die Besucher im Obergeschoss des Josef-Kleihues-Baus nicht gesondert gezählt werden.

 

Ein Jahr lang war „Wahn und Wirklichkeit“ im Städtischen Museum zu sehen. Es habe sich ausgezahlt, diese Ausstellung über das eigentlich vorgesehene Ende Mitte Januar hinaus zu verlängern, berichtet Natascha Richter. In den vergangenen Wochen seien noch einmal vermehrt Schulklassen in den Josef-Kleihues-Bau gekommen, um sich über Kornwestheim im Dritten Reich zu informieren. Insgesamt habe es mehr als 30 Führungen gegeben, von denen einige auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Michael Gritz – er ist Geschichtslehrer – geleitet hat. Ein Exponat, das besonders großes Interesse hervorgerufen habe, das habe es nicht gegeben, so Richter über ihre Erfahrungen. Sei es „Der Kampf“ mit Hitler-Unterschrift, die Mutterkreuze oder der Spielzeugpanzer gewesen – all das sei mit großer Wissbegierde aufgenommen worden. Sie selbst habe von vielen Gesprächen mit älteren Ausstellungsbesuchern profitiert, die von ihren Erlebnissen in dieser Zeit berichtet hätten. Die Ausstellung, sagt Richter, sei „politische Bildung im besten Sinne“ gewesen.

Erarbeitet und zusammengestellt worden war „Wahn und Wirklichkeit“ von der früheren Museumsleiterin Dr. Irmgard Sedler und der Stadtarchivarin. „Eigentlich“, sagt Richter, „war’s die letzte Gelegenheit, so etwas zu machen.“ Immer weniger Zeitzeugen können von den Jahren berichten. „Es war allerhöchste Zeit, diese weißen Flecken zu füllen.“ Positiv hätten sich auch die Begleitveranstaltungen ausgewirkt – die Seniorenakademie des Ortsseniorenrates und das Zeitzeugengespräch vor einigen Wochen.

Auch wenn sich die Stadt durch die Forschungsarbeit des Münsteraner Historikers Prof. Thomas Großbölting – die Ergebnisse mündeten in dem Buch „Volksgemeinschaft in der Kleinstadt“ – und durch die Ausstellung „Wahn und Wirklichkeit“, zu der auch ein Katalog erschienen ist, intensiv mit den Jahren von 1931 bis 1945 beschäftigt habe, so lohne sich doch auch weiterhin die Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich, ist Natascha Richter überzeugt. Es gebe gute Grundlagen, „aber im Detail kann man noch weiterforschen“. So sei zum Beispiel noch nicht gänzlich geklärt, wo die Zwangsarbeiter in Kornwestheim untergebracht waren. Die Frage sei allerdings, ob man zu den einzelnen Themen noch Quellen findet.

Jetzt kehrt die Kunst ins Obergeschoss des Kleihues-Baus zurück. Ab Ende März sind Arbeiten des Spätimpressionisten Manfred Henninger dort zu sehen. Wann die Heimatgeschichte wieder ins Städtische Museum einzieht, das ist ungewiss. Der obere Raum ist für ein Stadtmuseum im Gespräch. Wann das Wirklichkeit wird, das ist allerdings noch ungewiss.