Hoch die Tassen: Manch ein Anwohner fühlt sich von den Biergärten aber in seiner Nachtruhe gestört. Foto: dpa/Andreas Gebert

Anwohner fordern die Stadt auf, bei der neuen Verordnung für die Sperrzeiten differenziert vorzugehen.

Kornwestheim - Zapfenstreich um 23 Uhr: Das sieht die „Rechtsverordnung über die Festsetzung der Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung“ vor, über die der Gemeinderat am Donnerstagabend abstimmen soll. Der Kornwestheimer Michael Kaufhold hält den Beschluss, so er denn gefasst wird, für rechtswidrig. Er hat sich zusammen mit Nachbarn an Oberbürgermeisterin Ursula Keck gewandt und auf Unstimmigkeiten hingewiesen.

Wie kann es sein, fragt er, dass die Polizeiverordnung der Stadt Kornwestheim Nachtruhe für die Zeit von 22 bis 6 Uhr vorschreibt, den Gastronomen aber eine Stunde mehr zur Bewirtung der mit fortgeschrittener Zeit immer lauter werdenden Gäste eingeräumt wird? Wobei Kaufhold, der im Süden Kornwestheims wohnt, gar nicht pauschal gegen eine Verkürzung der Sperrzeit ist. Aber er hält eine genaue Differenzierung für dringend geboten – und zwar so, wie sie auch in anderen Städten vorgenommen wird. Gaststätten in reinen Wohngebieten sollten auch weiterhin um 22 Uhr ihre Gäste ins Haus bitten, schlägt Kaufhold vor. Betriebe wie das Applaus im K, die im Prinzip keine Nachbarn haben, könnten auch länger bewirten.

Im Juni des vergangenen Jahres hatte der Gemeinderat den Beginn der Sperrzeit auf 23 Uhr verschoben – eine halbe Stunde früher als eigentlich von FDP, SPD und Grüne/Linke beantragt. Die Regelung wurde auf das Jahr 2020 befristet und als Probelauf gesehen. Und der, sagt nunmehr die Stadtverwaltung, sei gut verlaufen. Es sei, so erläutert die Stadtverwaltung den Stadträten aller Fraktionen, „zu keiner Zunahme von Beschwerden der Anwohnerschaft, die sich in ihrer Nachtruhe gestört fühlten, gekommen“.

Aber: Gegen eine Gaststätte im Kornwestheimer Süden gibt es aus der Nachbarschaft schon seit vielen Jahren immer wieder Beschwerden, weil um 22 Uhr eben nicht Zapfenstreich ist. „Seit 2010 haben sich regelmäßig alle angrenzenden Grundstücksbesitzer und auch Mieter über die Lärmbelästigung nach 22 Uhr durch die Gartenwirtschaft an den verschiedensten Stellen beschwert“, sagt Kaufhold. Das sei beim Fachbereich im Rathaus auch aktenkundig. Natürlich hätten sich jetzt die Anwohner nicht beschwert, weil sie das ja schon seit Jahren tun würden. Aber klar ist für die Nachbarn auch: 23 Uhr als Sperrstunde kann in diesem reinen Wohngebiet, in dem zwischen dem Biergarten und den Schlafzimmern mitunter nur gut zehn Meter liegen, nicht hingenommen werden.

Kaufhold hält auch den Probelauf mit der 23-Uhr-Sperrzeit für nicht ganz redlich. Er sei die meiste Zeit über in den Ferien vorgenommen worden, wegen der Corona-Bestimmungen hätten nicht alle Plätze zur Verfügung gestanden. Jetzt gehe es aber um eine generelle Verkürzung der Sperrzeit, sagt der Kornwestheimer.

Sollte der Gemeinderat für die neue Sperrzeit-Verordnung votieren, will Kaufhold auf jeden Fall das Regierungspräsidium einschalten und darum bitten zu überprüfen, ob sie eine andere Uhrzeit ausweisen darf als die Polizeiverordnung.