Teile der Sammlung Foto: Mateja fotografie/Christian Mateja

Experten schauen sich die Exponate der Stadtgeschichtlichen Sammlung an und entscheiden, was bleiben darf.

Kornwestheim - Caroline Wolf zieht den Hut vor dieser Sammlung. Die sei schon sehr, sehr umfangreich, sagt sie, und es sei zu spüren, dass sie mit großer Leidenschaft zusammengetragen worden sei. Sehr, sehr umfangreich – das bedeutet für die Volkskundlerin allerdings auch sehr, sehr viel Arbeit. Sie zeichnet zusammen mit Kollegen vom Münchener Planungsbüro Baur – spezialisiert auf Museen und Archive – und mit der Kornwestheimer Museumsleiterin Saskia Dams sowie Stadtarchivarin Natascha Richter dafür verantwortlich, dass die Exponate gesichtet und bewertet werden, dass sie verpackt und ins Ausweichdepot in der alten Stadtbücherei gebracht werden. Oder eben auch nicht.

40 Jahre lang hat der Verein für Geschichte und Heimatpflege – und zuvorderst Heimatforscher Hermann Wagner – Dinge aus der Kornwestheimer Geschichte im Sprecher-Haus in der Mühlhäuser Straße zusammengetragen. 50 000 Exponate – so wird geschätzt – sind’s geworden, vor gut einem Jahr überließ der Verein diese Sammlung im Rahmen einer Schenkung der Stadt Kornwestheim. Das Präsent hat allerdings einen Haken: Das Haus in der Mühlhäuser Straße wird abgerissen, und bis Dezember muss die Sammlung dort verschwunden sein. Ausweichdepot ist die alte Stadtbücherei, wo allerdings nicht mehr 1400, sondern nur noch 900 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Was kann mit, was muss weg? Darüber entscheiden in diesen Wochen die Experten.

Sie sichten die Sammlung und versehen die Exponate mit Aufklebern. Der grüne steht für „Auf jeden Fall behalten“, der blaue für „noch einmal in Ruhe durchschauen“, der rote für – nein, nicht „kann weg“. Verschenken oder gar entsorgen, das ist für die Exponate der Stadtgeschichtlichen Sammlung zunächst einmal nicht vorgesehen. Der rote Aufkleber bedeutet, dass das Exponat für ein künftiges Kornwestheimer Stadtmuseum, das die Kommune als langfristiges Ziel ansteuert, keine Bedeutung hat. Bevor es aber anderen Museen oder Sammlern angeboten wird, müssen die Eigentumsverhältnisse geklärt werden.

„Wir wollen eine Sammlungsrelevanz herausarbeiten“, nennt Johannes Baur das Ziel der Arbeit. Welche Exponate sind einzigartig oder typisch für Kornwestheim? Was gibt’s andernorts auch und muss nicht auch noch in Kornwestheim gezeigt werden? Was lässt sich, weil’s verkommen ist, gar nicht mehr retten? Um diese Fragen dreht sich die Sichtungsarbeit in der Stadtgeschichtlichen Sammlung. Die Arbeit gestaltet sich auch deshalb schwierig, weil es für viele der Exponate keine oder nur unzureichende Erklärungen gibt, woher sie stammen.

Klar, Salamander-Exponate bekommen in der Regel das grüne Bäbberle. Ausnahme: Ob die großen Produktionsmaschinen „mitgehen“, da hat Johannes Baur seine Zweifel. Die habe es schließlich auch an anderen Standorten gegeben. Und außerdem seien sie schon recht unhandlich. Die mit dem blauen Aufkleber versehenen Exponate können in der Eile der Zeit nicht gesichtet werden. Sie müssen nach dem Umzug noch einmal in Augenschein genommen werden – zum Beispiel die Gabriele-Hefte, eine Zeitschriftenreihe für Sekretärinnen. Ein roter Rasenmäher hat ebenso den roten Aufkleber bekommen wie ein Bild aus Bad Lauterberg im Harz. Sie sind ganz einfach zu gewöhnlich. Kunsthistoriker werden immer wieder zu Rate gezogen, und auch die Landesstelle für Museumsbetreuung soll später noch einmal einen Blick auf die Exponate werfen. Natürlich könne es passieren, dass man Fehler mache, dass man den Wert von Exponaten falsch einschätze, sagt Johannes Baur, aber dieses Risiko gehe man immer ein, wenn man Sammlungen bewerte und auflöse.

Bis zum Ende des Jahres muss das Haus geräumt sein. Diese erste Sichtung und Einordnung lässt sich die Stadt rund 200 000 Euro kosten, sagt Oberbürgermeisterin Ursula Keck. Wie die Nachsichtung in der alten Stadtbücherei in der Kantstraße organisiert wird und wer diese Aufgabe übernimmt, das ist noch offen.

Das Haus selbst ist in den vergangenen Monaten in Sachen Brandschutz auf Vordermann gebracht worden. Teils sind Regale schon eingebaut worden, Lagermöglichkeiten sollen aber auch aus der Mühlhäuser Straße mit in die Kantstraße umziehen. Museumsleiterin Saskia Dams möchte die Stadtgeschichtliche Sammlung dort nicht gänzlich verstecken. Sie kann sich vorstellen, die Türen dort zu besonderen Anlässen wie dem Internationalen Museumstag oder für angemeldete Besuchergruppen zu öffnen. Wo das endgültige Depot einmal eingerichtet wird, das steht noch nicht fest.

Erste Pläne für eine Präsentation von einzelnen Exponaten hat Museumsleiterin Saskia Dams schon. Im Jahr 2021 soll im Kleihues-Bau eine Ausstellung „Helden des Südwestens“ zu sehen sein, zu denen natürlich auch Lurchi zählt.