Auch Schuhe gehören zur Stadtgeschichtlichen Sammlung. Foto: Mateja fotografie

Stadträte haben sich die Stadtgeschichtliche Sammlung angeschaut.

Kornwestheim - Ihnen erging es nicht anders als den vielen Besuchern, die in den vergangenen Jahren die Stadtgeschichtliche Sammlung des Heimatvereins besucht haben. Die Stadträte fühlten sich in ihre Kindheit und Jugend versetzt, Erinnerungen ans alte Kornwestheim wurden wach. Wo stand noch einmal die salamandereigene Zapfsäule? Wo befand sich das Ladengeschäft von Hut Stickel? Wer hat seine Füße schon einmal in ein Pedoskop gesteckt? Knapp eine Stunde schlenderten sie durch die drei Stockwerke im Sprecherhaus an der Mühlhäuser Straße und bekamen einen Ahnung davon, mit welch einem Aufwand die Sichtung, Sortierung und Einordnung der vielen, vielen Exponate verbunden ist. Dafür will sich die Stadt nun Verstärkung holen. Ein Fachunternehmen aus München soll sich einen Überblick verschaffen und der Stadt Hinweise geben, wie sie am besten mit dem Schatz aus der Kornwestheimer Stadtgeschichte verfährt.

Im September hat die Stadt die Sammlung des Geschichtsvereins offiziell übernommen. Knapp 40 Jahre lang hatten die Ehrenamtlichen im Auftrag der Kommune Exponate aus der Heimatgeschichte zusammengetragen – viel Wertvolles, manch Überflüssiges. Wie viele Exponate sind’s geworden? Saskia Dams, neue Leiterin der Städtischen Museen, zuckt mit den Schultern. „50 000?“, antwortet sie und ergänzt, dass es sich dabei nur um eine „gefühlte Zahl“ handelt. Es seien auf jeden Fall zu viele Exponate, um in Eigenregie die Stadtgeschichtliche Sammlung zu durchforsten und zu bewerten. „Ich habe auch noch zwei Museen zu leiten“, rief Saskia Dams, die zudem nur über eine 70-Prozent-Stelle bei der Stadt verfügt, an diesen Nachmittag nicht nur einmal bei den Stadträten in Erinnerung.

Und selbst wenn sie die Zeit hätte, sich in „gefühlte“ 50 000 Exemplare zu vertiefen, bei manchen Stücken sei auch sie mit ihrem Latein am Ende, so die Museumsleiterin. Das gilt zum Beispiel für die großen Maschinen, die Heimatforscher Hermann Wagner, der die Stadtgeschichtliche Sammlung maßgeblich zusammengetragen hat, an Land gezogen hat. „Da braucht’s Technik-Experten, um zu beurteilen, was wertvoll ist“, erläuterte die Museumsleiterin den Stadträten.

An einem Sammelgebiet hat Dams ganz besonderen Gefallen gefunden: an Lurchi, den es in zigfacher Ausfertigung und in allen Größen gibt. Dank der vielen Exponate, die sich mit dem Maskottchen der Firma Salamander beschäftigen, „sind wir in der Lage, ein schönes Bild zu zeichnen, welche Werbemaschinerie mit Lurchi aufgebaut worden ist“, sagt Dams. Verschmerzen kann sie es, dass der Geschichtsverein die Modellschuhsammlung des Kornwestheimer Schuhherstellers mit 4300 Exemplare – allesamt Einzelschuhe – ans Deutsche Schuhmuseum nach Hauenstein gegeben hat. Sie verweist auf die wenigen leeren Regale im ersten Geschoss des Sprecherhauses und auf die vielen noch übervollen und will damit sagen: Es ist noch genug da. Eher zuviel.

Die Masse ist nicht das einzige Problem mit der Stadtgeschichtlichen Sammlung. Es drängt auch die Zeit. Voraussichtlich im kommenden Jahr soll das Sprecherhaus abgerissen werden und Neubauten weichen. Die Sammelstücke müssen also über kurz oder lang raus. Sie sollen, so die Pläne, in der alten Stadtbücherei in der Kantstraße gelagert werden, auch wenn es für die mittlerweile andere Ideen gibt.

Die FDP Kornwestheim würde in der Bibliothek gerne ein Jugendzentrum einrichten und das heutige Juz zum Lagerraum machen. Davon hält Oberbürgermeisterin Ursula Keck aber überhaupt nichts, wie sie beim Ortstermin ziemlich deutlich sagt. „Wir brauchen den Platz in der Bücherei“. Und selbst der könnte knapp werden, stehen dort doch nur 800 Quadratmeter zur Verfügung, während in der Mühlhäuser Straße 1500 Quadratmeter bis unter die Decke vollgestapelt sind.

Eine Diskussion entwickelte sich darüber, wie man nun geschickterweise vorgeht – erst die Schätze, den Kruscht und Krempel in die Kantstraße transportieren oder gleich vor Ort das Gute ins Töpfchen und das Schlechte ins Kröpfchen aufteilen? Während sich einige Stadträte dafür aussprachen, vorab Ziele für eine Heimatmuseum zu definieren und dementsprechend nur die brauchbaren Exponate mitzunehmen, plädierte Museumsleiterin Saskia Dams dafür, zunächst einmal alles zu sichten. „Wenn ich nicht weiß, was ich habe, kann ich keine Schwerpunkte setzen“, so ihre Meinung. CDU-Stadtrat Martin Ergenzinger gab sich in dieser Frage durchaus selbstkritisch: „Die Entscheidung, was wir machen wollen, schieben wir schon 20 Jahre vor uns her“. „Stimmt“, pflichtete ihm Susann Boll-Simmler (Grüne) bei.

Fortschritte erhofft sich die Stadt nun von dem Planungsbüro Baur aus München, das schon viele Museen in Deutschland beraten hat. Die Experten könnten nicht nur abschätzen, wie viel Platz man für eine Lagerung und Präsentation benötigen würde, sondern hätten auch viele hilfreiche Kontakte, sagte Dams. Oberbürgermeisterin Ursula Keck möchte insbesondere die Exponate behalten, die widerspiegeln, was Kornwestheim auszeichnet.