Die beteiligten Planer bewerten das Projekt in Kornwestheim bereits positiv.
Kornwestheim - Der auffälligste Unterschied beim Gang durch die verschiedenen Wohnungen sind die Fußböden. Hier Stein, da Parkett, hier hell, da dunkel. Weitere Details fallen ins Auge, wenn man genauer hinschaut – oder den Architekten Nicole Mertens und Martin Feketics vom Stadtplanungs-Büro „Lehendrei“ zuhört. Wo sind die Bäder, wo die Küchen, wo die Steckdosen? Wie sind Zwischenwände angeordnet, wie ist die Wohneinheit zugeschnitten? Wieviel smarte Technik ist direkt mitgedacht?
„Es gibt hier“, so erläutert es Nicole Mertens, „keine zwei Wohnungen, die gleich aussehen.“ Ja, die Wohnungen zu individualisieren, die Wünsche der einzelnen Familien und Parteien zu berücksichtigen und Entscheidungen herbeizuführen, die die gesamte Baugemeinschaft betreffen, das sei zwischendurch herausfordernd gewesen, ergänzt ihr Kollege Martin Feketics, ebenfalls Architekt.
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Aber am Ende haben doch alle an einem Strang gezogen, bestätigt Christl Haslimann, die als Projektmanagerin die Neckarstraße in den vergangenen Jahren betreut hat und somit viele Fäden in der Hand hielt.
Es ist also vollbracht: Dieser Tage werden die ersten Wohnungen in den beiden neuen Mehrfamilienhäusern an Familien der Baugemeinschaft Neckarstraße übergeben, zuletzt wurden noch Geländer an Balkonen angeschraubt und Mängel beseitigt. Bald erfolgt der Einzug, wenn auch etwas später als geplant: Ursprünglich hätten die Wohnungen schon im Herbst bezugsbereit sein sollen. Doch die allgemeinen Probleme – Mitarbeiterausfälle bei Handwerksfirmen, Baustoffmangel – betrafen auch die Baugemeinschaft.
Besondere Organisation
Apropos Baugemeinschaft: Die Organisationsform ist das Besondere an den beiden neuen Häusern – für Kornwestheim ist sie quasi ein Pilotprojekt, nicht zuletzt von Oberbürgermeisterin Ursula Keck energisch unterstützt. Die Kornwestheimer Verwaltung von Anfang organisatorisch mit dabei, auch das Grundstück stellte die Stadt bereit. Bei der Kommune musste sich bewerben, wer sich für eine der Wohnungen interessierte. In der Folge fanden sich recht schnell ausreichend Familien und Paare.
Mit Christl Haslimann, die von Anfang an mit im Boot war, wurde ein Gesellschaftervertrag ausgearbeitet, Architekten gesucht und weitere Pläne ersonnen. Im Januar 2020 erfolgte schließlich der Spatenstich. Bei regelmäßigen Baugruppensitzungen wurden die großen Leitplanken besprochen und darüber abgestimmt, Einzelne und Kleingruppen, die so genannten Themenbegleiter, kümmerten sich um Details. Die demokratisch organisierten Vorgänge sind in dem Vertrag festgelegt und definiert.
Beispiel für gemeinsame Entscheidungen
Ein Beispiel für eine gemeinsame Entscheidung: Nachdem zwischenzeitlich klar wurde, dass etwas Geld übrig bleibt, beschloss die Gemeinschaft, stärkere Stromleitungen in der Tiefgarage verlegen zu lassen – mit Blick auf die Auflademöglichkeiten für E-Fahrzeuge.
Insgesamt, so beschreibt es Haslimann, seien die Kosten trotz der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht gestiegen, man habe gut gewirtschaftet.
Etwa 4000 Euro pro Quadratmeter wird jede Wohnung am Ende im Schnitt wohl kosten, den Tiefgaragenplatz – aber eben mit stärkerem Stromanschluss – gibt es für die von Anfang an geplanten 26 000 Euro.
Insgesamt 20 Wohnungen
Die Wohnungen, insgesamt sind es 20, haben je nach Verwendungszweck verschiedene Größen, Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen für junge Familien oder Paare, die Nachwuchs planen, dominieren, doch es gibt auch Fünf-Zimmer-Domizile und Zwei-Zimmer-Wohnungen für Einzelpersonen. Die meisten Gesellschafter, so lässt es sich ebenfalls erfahren, ziehen zudem selbst ein. Was nun noch zu tun ist?
Nicht mehr allzuviel. Die Grünanlagen zwischen den beiden Gebäuen müssen noch gestaltet werden, Bäume und eine Hecke sind geplant. Spielgeräte kommen nicht zwischen die Bauten – in der Nähe gibt es einen städtischen Spielplatz, der mit genutzt werden kann.
Es fragt sich noch, ob die erfolgreiche Baugemeinschaft Neckarstraße generell ein Vorbild wäre, wie weiterer bezahlbarer Wohnraum in Kornwestheim geschaffen werden könnte – zumindest für die Menschen, die Freude daran haben, sich in ein solches Projekt einzubringen.
Gesprochen haben die Stadträte und die Verwaltung jedenfalls schon darüber, ob Baugemeinschaften nicht auch für das geplante Gebiet Nördlich Zügelstraße ein Baustein sein könnten, um dort ein diverses und vielfältiges Wohnbaugebiet zu schaffen.