Voll besetzt? Das ist nicht mehr erlaubt. Auch im Theatersaal dürfen nur die Hälfte der Plätze belegt werden. Foto: Archiv/Werner Kuhnle

Wie eng sitzen die Besucher im Kultur- und Kongresszentrum beieinander?

Kornwestheim - Die ersten Lacher hatte beim Auftritt der Musikakrobaten Gogol und Mäx im K die Stadt Kornwestheim auf ihrer Seite. Zum Schutz vor dem Coronavirus möge man doch bitte die Maske aufbehalten und eineinhalb Meter Abstand zu seinen Mitmenschen halten, begrüßte eine Stimme vom Band die Gäste. 1,50 Meter? Aber warum sitzen die 50 Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung dann fast ausnahmslos in den ersten Reihen des 420 Plätze großen Theatersaals – teils direkt hintereinander, manchmal mit nur einem freien Platz Abstand nebeneinander? Warum hat die Stadt die Tickets nicht so verkauft, dass ausreichend Platz zwischen den Zuschauern ist? Manche Besucher verlassen noch vor Beginn der Veranstaltung ihre Plätze und suchen sich eine Sitzgelegenheit etwas weiter hinten – weit ab von anderen.

1,5 Meter sind darzustellen

„Im Rahmen ihrer Hygienekonzepte haben die Veranstalter die Umsetzung der Abstandsempfehlung von 1,5 Metern darzustellen und besonderes Augenmerk auf sie zu legen“, heißt es in den Erläuterungen zu den aktuell gültigen Corona-Regelungen für den Kunst- und Kulturbereich aus dem baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Es erlaubt zudem nur eine Auslastung der Platzkapazitäten von maximal 50 Prozent. „Hierdurch wird die Einhaltung weitergehender Abstände ermöglicht, die mit Blick auf die hochansteckende Omikron-Variante neben der Maskenpflicht notwendig ist, um unmittelbare Kontakte und damit das Infektionsrisiko zu reduzieren.“

Die Stadt Kornwestheim verteidigt ihr Vorgehen. Sie achte bei der Vergabe der Plätze nicht auf das Einhalten eines Abstands, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage unserer Zeitung. Wörtlich schreibt die Stadt: „Eine Abstandsregelung ist nach aktuell geltender Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg bei Einhaltung aller Hygienemaßnahmen und beim Tragen der FFP2-Maske nicht vorgesehen.“ Sie beruft sich dabei auf ein Schreiben des Städtetags Baden-Württemberg aus dem vergangenen August, das seinerseits das Sozialministerium des Landes Baden-Württemberg ins Feld führt. Das hatte seinerzeit einen Mindestabstand von eineinhalb Metern nur noch „empfohlen“, nicht aber vorgeschrieben.

Viele Veränderungen

Angesichts der vielen Veränderungen bei den Corona-Regelungen, so heißt es in der Antwort der Stadt weiter, sei es dem Kulturmanagement auch gar nicht möglich, „die Gäste im Saal proaktiv neu zu platzieren“. Es sei den Besucherinnen und Besuchern aber unbenommen, sich selbst einen unbesetzten Platz zu suchen. Darüber würde bei entsprechenden Rückfragen auch informiert.

Die Lüftungsanlage im Theatersaal hat die Stadt wegen des Corona-Virus’ neu ausgerichtet. Sie springt nun schon an, wenn der ppm-Raumwert in der Luft den Wert von 500 ppm überschreitet. Grenzwert sei früher 700 ppm gewesen, so die Stadt Kornwestheim.

Mit gerade einmal 50 Besucherinnen und Besuchern war das Gastspiel von Gogol und Mäx schlecht besucht. 210 Gäste lässt die Stadt Kornwestheim derzeit in den Theatersaal. Aber nicht nur bei Einzelveranstaltungen, sondern in allen Kategorien verzeichnet die Stadt ein deutlich sinkendes Interesse an Kulturveranstaltungen. Das Theater-Abonnement verzeichnet bei den Erwachsenen einen Rückgang von 24 Prozent, bei den älteren Kindern (sechs bis zehn Jahre) von 20 Prozent. Fast die Hälfte der Besucherinnen und Besucher bleibt beim Abo für die Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren aus.

Was bei größerem Interesse?

Nicht nur die Angst vor einer Ansteckung sei Grund für den Rückgang der Gäste, hat die Stadt Kornwestheim beobachtet. Auch die Planungsunsicherheit halte viele vom Kauf eines Tickets ab. Sie stellen sich die Frage, ob die Veranstaltung, für die sie im Vorfeld Tickets erworben haben, wirklich über die Bühne geht. Und wenn nicht: Wie kommt man wieder an sein Geld? Nicht zuletzt, so die Stadt auf Nachfrage, blieben Besucherinnen und Besucher aus, weil es nicht mehr so einfach sei, an Eintrittskarten zu kommen. Ein Ticketkauf online oder an der Kasse im K ist nicht möglich – auch nicht an der Abendkasse. Nur telefonisch oder per E-Mail ans Kulturmanagement könnten Karten geordert werden.

Zeichnet sich ab, dass das Interesse an einer Veranstaltung wider Erwarten doch groß ist, bemüht sich die Stadt um eine Doppelveranstaltung – so wie am Wochenende bei „Drei Männer im Schnee“. Um die Einhaltung von eineinhalb Metern Mindestabstand müssen sich aber auch dort die Zuschauer selbst bemühen.