Bevor Philipp Poisel auf Konzerttour in die großen Hallen Deutschlands geht, war er im K. Neues gab es von ihm zu hören.
Kornwestheim - Im Foyer vor dem Theatersaal ist die Stimmung fröhlich, fast ausgelassen, aber auch ein wenig feierlich. Junge Frauen lehnen sich an die Stehtische und trinken Weißwein aus langstieligen Gläsern, überall Paare, die sich, ins Gespräch vertieft, in die Augen sehen. Draußen im Eingangsbereich vor dem Foyer sieht man die Menschen Schlange stehen, zwei Security-Männer machen Handtaschenkontrollen, die Mitarbeiter an der Garderobe nehmen mit einem Lächeln rund vierhundert Jacken und Mäntel entgegen.
Philipp Poisel lächelt kurz, fast schüchtern ob des Jubels, als er die Bühne betritt. Seine langen, nach vorne gekämmten Haarsträhnen fallen ihm ins Gesicht als er aufschaut und von einem Projekt in Amazonien erzählt, für das sein Benefizkonzert im K stattfindet. Von den Einkünften werden unter anderem lebenswichtige Trinkwasseranlagen gebaut. Gerd Rathgeb, der Initiator der Projekte, hält, noch bevor es richtig losgeht, einen Vortrag, der auf erschreckende Missstände durch Raubbau am Regenwald und Vertreibung der Bewohner aufmerksam macht.
Dann wird das Licht im Saal gedimmt, und als Luisa Babarro singt und ihr Cello zupft, ist es absolut still im vollbesetzten Zuschauerraum. Drei Stücke singt die junge Frau, die auch in der Band von Philipp Poisel spielt, dann strahlen die fünf großen Scheinwerfer auf die dunkle in Nebelschwaden getauchte Bühne, schemenhaft erkennt man Piano, Gitarren und Cello. Im Saal ist es immer noch leise, als ob alle den Atem anhielten, kein Flüstern, kein Raunen. „Hey schönes Mädchen, ich muss dir dringend etwas sagen. Ich glaub wir beide sind füreinander bestimmt“, ein locker-flockiger Anfang, der es schafft, den Funken zum Publikum überspringen zu lassen. Poisel erzählt, dass er, obwohl die Band seit mehr oder weniger zehn Jahren in der gleichen Besetzung spielt, sehr nervös sei. Immer noch, vor jedem Auftritt.
Die Band, drei Frauen und drei Männer, sind wie Poisel in Schwarz gekleidet und unterstützen den Sänger nicht nur mit den Instrumenten, sondern auch mit ihrem Gesang. Während Poisel textlich seinen Stil beibehalten hat, hebt sich der Sound der neueren Stücke deutlich ab. Höhepunkt des Abends ist neben seinem Erfolgstitel „Eiserner Steg“ ein brandneues Stück, „Das kalte Herz“. Ein Titel, den er zum ersten Mal vor Publikum performt. „Verzeiht uns“ meint er verschmitzt und zitiert die Band Kings of Leon mit „We are testing Material“, bevor die Band loslegt. Der 33-Jährige Ludwigsburger erzählt zwischendrin von seinem Traum, den er sich verwirklicht hat. Er hat vor kurzem ein Album in den Staaten aufgenommen. Inspiriert davon geben Poisel und Band den Song „Zünde alle Feuer“ in der Nashville-Version zum Besten.
Nach stehenden Ovationen des Publikums gibt es neben drei Zugaben zuletzt den Titel „Als gäb’s kein Morgen mehr.“ „Ich hab getanzt, ich hab geweint, ich hab geschrie’n vor Glück, hol’ der Teufel meine Seele, ich will zu dir zurück.“ Und Poisel tanzt, als gäbe es kein Morgen mehr. Nicht schön, aber wild. Er gibt alles, er singt, er macht einen Backspin, er dreht sich auf dem Rücken und singt „ich hab getanzt . . . damals in Kornwestheim.“