Völlig erschöpft war das Team von Mike Beuerle, nachdem sich die Kunden vor dem letzten Lockdown noch alle schnell die Haare schneiden lassen wollten. Ähnlich viel Betrieb erwartet er auch für die nächsten Wochen. Foto: Archiv/z

Der Friseurmeister Mike Beuerle darf wieder loslegen. Ihm schwanen frisurentechnisch einige schlimme Dinge.

Kornwestheim - Lange wurde hier nicht geschnippelt, geföhnt, gelockt und gefärbt: An diesem Montag dürfen sie aber endlich wieder aufmachen, die Friseure. Auch für Mike Beuerle und sein Team geht wieder los – Erfahrung mit Langhaarfrisuren hat der Friseur zum Glück schon reichlich sammeln können.

Herr Beuerle, Sie dürfen endlich wieder Haare schneiden. Haben Sie’s vermisst?

Was heißt vermisst? Wenn ich keine Haare schneiden kann, dann kann ich auch kein Geld verdienen. Wir hatten immerhin 75 Tage lang keine Einnahmen. Es sind auch Kunden nach Luxemburg oder in die Schweiz zum Friseur gegangen, das kann nicht sein. Das war wirtschaftlich schon ein Problem, als Unternehmer steht man da gerade etwas im Regen. Wir Friseure sind zum Glück sehr gut in Verbänden organisiert und konnten deshalb effektive Lobbyarbeit betreiben. Jetzt freuen wir uns, dass es wieder losgeht.

Für den Start nach dem Lockdown haben Sie sogar am Montag geöffnet, obwohl Sie an diesem Tag eigentlich regulär geschlossen haben. . .

Genau, ich kann ja nicht über wirtschaftliche Not jammern und diese Chance dann nicht ergreifen. Um 7.30 Uhr geht es los, am ersten Tag steht alles vom Herrenhaarschnitt bis zum Färben in unserem Terminkalender, wobei letzteres überwiegt. Normalerweise kommen Färbekunden alle vier Wochen zu uns. Jetzt sprießt der Corona-Ansatz.

Bis wann sind Sie ausgebucht?

Wir sind für die nächsten drei Wochen komplett ausgebucht. Wir arbeiten jetzt natürlich massiv Kunden ab, können das aber nicht so schnell, wie wir oder die Kunden das möchten. Wegen der Abstände, dem Lüften und Desinfizieren können wir weniger Termine machen. Ich denke, in ein paar Wochen wird dieser Ansturm wieder abflachen, dann werden wir wahrscheinlich wieder freie Montage haben und vielleicht sogar Däumchen drehen. Leider haben wir seit dem ersten Lockdown keinen Rhythmus mehr, die Nachfrage kommt in Wellen.

Wie viele haarige Katastrophen erwarten Sie? Im Lockdown hat sich der ein oder andere ja vielleicht selbst an die Schere getraut. . .

Die Katastrophen gibt es sicher, wobei die Lockdown-Frisuren in meinen Augen gar nicht so wild sind. Mit dem Schneiden waren viele vorsichtig, das sieht man jetzt auch. Einige Kornwestheimer haben ja schon eine ordentliche Matte. Viele haben aber selbst gefärbt. Einige Männer haben in der Not ein erstaunliches Talent an den Tag gelegt und ihren Frauen die Haare gefärbt. Da habe ich ein paar beeindruckende Exemplare gesehen.

Jens Bartmann, der Besitzer des gleichnamigen Fotogeschäfts, hat sich einmal nach einer Wette zwei Jahre lang die Haare nicht schneiden lassen, bis Sie dann schließlich doch ran durften. Haben Sie schon Flashbacks zu diesem Ereignis?

Genau, er wollte damals erst wieder zum Friseur, wenn der VfB Stuttgart wieder auf einem einstelligen Tabellenplatz steht. Das hat dann länger gedauert, als er erwartet hatte. So ähnlich wie er damals werden schon einige aussehen, denke ich. Es gibt ja auch Kunden, die im Ansturm vor dem letzten Lockdown auch keinen Termin bekommen haben, und noch länger ausharren mussten. Aber ob wir zwei oder fünf Zentimeter abschneiden, macht dann auch nichts mehr aus.

Sie sind Triathlet und haben mit dem Fahrrad im Sommer mehr als 5000 Höhenmeter an einem Tag erklommen - muss der Sport für Sie jetzt wieder mehr ruhen?

Ja klar, da geht jetzt gar nichts mehr. Ab sofort werde ich morgens um 7 Uhr anfangen und vor 21 Uhr nicht aus dem Laden kommen. Da reicht die Zeit nur noch für Nahrungsaufnahme und Schlafen. Der März wird knackig.

Hat der Sport Ihnen die nötige Kondition für den Ansturm in den nächsten Wochen gegeben?

Ich denke schon. Auch meine Mitarbeiter machen alle relativ viel Sport. Ich habe im Laden auch immer einen ganz niedrigen Krankenstand. Das stärkt das Wohlbefinden und das Immunsystem. Ich denke also, wir sind gut gewappnet für die nächsten Wochen.