Alexander Hettler vom Musikverein Weitenung bei seinem Solo. Foto: Simon Granville

Das Große Blasorchester hat wieder ein großes Konzert gegeben – und das nicht allein.

Alle Akteure sind mit viel Emotion und Freude dabei“, strahlte Michael Meyle, Vorstand der Städtischen Orchester Kornwestheim. Seiner Ansicht nach hätten die langjährigen Musizierpartner vom Musikverein Weitenung keinen passenderen Beginn für ihren Teil des Konzertes finden können als den Marsch „Start frei“. Und tatsächlich, die Instrumentalisten aus der Nähe von Bühl in Baden waren vom ersten Ton an voll bei der Sache und musizierten kraftvoll und schmissig, sodass das Publikum im K gleich diesen ersten Beitrag begeistert bejubelte.

Dabei hat der junge Dirigent des badischen Musikvereins, Tobias Schultheiß, seine Aufgabe zur beinahe schwierigsten Zeit in der Pandemie, 2021, begonnen. Dennoch haben sich die Musiker und Musikerinnen unter seiner Leitung nicht nur die Begeisterung fürs gemeinsame Musizieren erhalten, sondern überzeugten auch mit sauberer Intonation, Stilsicherheit und gelungenen rhythmischen Übergängen bei vergnüglichen Stücken wie der „Euro Swing Parade“. Hier mutet Kees Vlak aus der niederländischen Blasmusik-Komponistenschmiede den ausführenden Musikern einen wahren Parforceritt quer durch Hymnen und typische Lieder der Länder im Euro-Raum zu. Alexander Hettler verdient es unter all den guten Musikern seines Vereins, besonders erwähnt zu werden. Nicht nur, dass er als Musiker am Flügelhorn und Moderator keine Sekunde Verschnaufpause hatte – er sprang auch noch ganz kurzfristig für seinen Bruder Manuel beim Solo in „My Dream“ von Peter Leitner ein – und bewältigte die Aufgabe nervenstark und mit schöner Tongebung.

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Sein Kornwestheimer Gegenpart Michael Meyle spielte zwar selbst kein Solo. Das überließ er seinem erst elfjährigen Sohn Florian, der mit großer Konzentration und rhythmischer Sicherheit an der Trommel das Schlagzeug-Fundament zum Einzug der anderen Orchestermitglieder bei deren Paradestück „Highland Cathedral“ bildete. Aber auch Michael Meyle eilte scheinbar mühelos zwischen seinem Platz im Orchester und dem Moderatorenplatz hin und her, erfreute das Publikum dazu noch mit humorigen Seitenhieben auf die „Gelbfüßler“ aus Weitenung, überreichte diesen als Freundschaftsgeschenk aber kein Trollingerglas, sondern einen Maßbierkrug.

So einsam die Pandemiezeit mit Online-Proben auch gewesen sein mag – ähnlich wie den Mitgliedern des Sinfonieorchesters hat dies den Bläsern und Schlagzeugern Gelegenheit gegeben, ihre solistischen Fähigkeiten am Instrument auszubauen. Befeuert vom unbedingten musikalischen Willen des langjährigen Dirigenten Gunnar Dieth musizierten alle mit Begeisterung miteinander, aber auch mit klanglichem Ausdruck und guter Intonation, die aufhorchen ließen. Das Programm verlangte den Akteuren dabei sehr viel ab. Von sinfonischer Blasmusik über Musical- und Filmmelodien bis hin zum Queen-Hit „Innuendo“ und deutschen Mitsing-Liedern aus den 1980er Jahren war alles vertreten, was das Musizieren im Blasorchester auch für Jüngere immer noch sehr attraktiv macht.

Für Gänsehaut am Ende des Konzertes sorgte John Lennons gemeinsam vorgetragenes Lied „Imagine“, zu dem das Publikum große Papierblätter in den ukrainischen Nationalfarben Blau und Gelb schwenkte.