Vorm Schöffengericht in Ludwigsburg wird gegen einen Osteopathen aus Kornwestheim verhandelt. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Ein Quintett rückt einem Osteopathen aus Kornwestheim auf die Pelle. Die Aktion wirkt wie ein Einsatz des Zolls – und bringt unter anderem auch zwei Beamte vors Schöffengericht in Ludwigsburg.

„Passen Sie immer auf, vor welchen Karren Sie sich spannen lassen. Es kann böse ausgehen.“ Die mahnenden Worte von Richterin Annkathrin Koblinger waren an drei Männer gerichtet, die im Februar des vergangenen Jahres in ganz unterschiedlichen Rollen an einer Aktion in einer Osteopathie-Praxis in Kornwestheim beteiligt waren. Sie wirkte, so sieht es die Staatsanwaltschaft – wie ein Einsatz des Zolls. Und dabei war es, davon gehen die Ankläger aus, nur der Rachefeldzug eines Osteopathen aus Remseck gegen einen von zwei Kollegen, mit denen er seit Jahren im Clinch liegt.

Im Jahre 2017 trennten sich die Wege der drei Chiropraktiker, die in Kornwestheim gemeinsam eine Praxis betrieben hatten. Der 47-jährige Remsecker ist allerdings der Ansicht, dass seine Kollegen weiterhin für die Verpflichtungen aus dem über zehn Jahre abgeschlossenen Mietvertrag aufkommen müssen, und versucht das Geld einzutreiben – mit Methoden, die die Staatsanwaltschaft als Nötigung einstuft und nun gleich fünf Personen vors Ludwigsburger Schöffengericht gebracht hat. Der 47-Jährige hatte seine Lebensgefährtin, die beim Zoll arbeitet, deren Kollegen, einen Freund und einen Auszubildenden um Unterstützung gebeten. Zu fünft rückte man dem angeblich zahlungsunwilligen Osteopathen im Februar des vergangenen Jahres auf die Pelle.

Drei Verfahren eingestellt

So sieht die Anklage das Geschehen: Für den Zollbeamten hatte der 47-jährige Drahtzieher unter falschem Namen einen Termin bei dem Ex-Kollegen ausgemacht. Zunächst ließ sich der 46-Jährige, der in Uniform in die Praxis gekommen war, auch im Beisein seiner Kollegin behandeln, dann aber brach er die Untersuchung ab und die 43-Jährige, die eine Zoll-Strickjacke trug, übernahm das Kommando. Sie konfrontierte den Osteopathen mit Vorwürfen der Schwarzarbeit und Verstößen gegen Hygiene- und Coronaverordnungen. Man fotografierte den Ausweis des Chiropraktikers, verlangte Unterschriften, drohte mit weitergehenden Ermittlungen. Die beiden anderen Männer – einer von ihnen ebenfalls mit einer Zolljacke ausgestattet – sollten das Geschehen beobachten, um später als Zeugen fungieren zu können. Als schließlich auch noch der 47-Jährige bei dem Termin auftauchte, schwante dem Osteopathen wohl, dass es sich hier um einen getürkten Zolleinsatz handelt. Er schaltete die Polizei ein. Die erste Konsequenz für den 47-Jährigen: Ein Richter schickte ihn in Untersuchungshaft. Gut vier Monate saß der zweifache Familienvater ein.

Das Verfahren gegen den Zollbeamten, den Auszubildenden und den Freund des 47-Jährigen stellte das Schöffengericht am Ende des ersten Verhandlungstages ein – insbesondere im Fall des Staatsbediensteten schweren Herzens, wie die Richterin erläuterte. Er muss als Auflage 15 000 Euro zahlen, der Freund des Angeklagten kam mit 1500 Euro davon, der Azubi muss 60 Arbeitsstunden leisten. Warum haben sie sich vor den Karren spannen lassen? „Weil ich ein hilfsbereiter Mensch bin“, sagte der Freund. Weil es eine gewisse Abhängigkeit zu dem Osteopathen gegeben habe, antwortet der Verteidiger für den Auszubildenden. Im Falle des Zollbeamten, der auch der Amtsanmaßung angeklagt war, kann man es nur mutmaßen: Er war möglicherweise in seine Kollegin verliebt und wollte ihr den Wunsch, bei dieser Aktion mitzumachen, nicht abschlagen. Gut möglich, dass er gar nicht ahnte, auf was er sich da mit welchen Konsequenzen einließ.

„Gegenüber anderen manipulativ“

Das Verfahren gegen den 47-Jährigen und seine Lebensgefährtin wird in dieser Woche fortgesetzt. Der Angeklagte räumte zwar ein, die ganze Aktion angestoßen zu haben – aber nur um Zeugen für die Verstöße des Kollegen gegen das Heilpraktikergesetz zu haben. Gedroht habe er nicht. „Das ist nicht der Stil von Osteopathen.“ Die 43-Jährige, gleichfalls zusätzlich wegen Amtsanmaßung angeklagt, sagte, dass es für Außenstehende möglicherweise wie ein Zolleinsatz gewirkt haben könnte, aber das sei keine Absicht gewesen. „Wir haben zu keiner Zeit gesagt, dass das ein offizieller Zolleinsatz ist.“

Für einen als Zeugen vernommenen Polizeibeamten ist es eindeutig, dass der 47-Jährige die anderen instruiert hat. „Er ist den anderen gegenüber manipulativ gewesen.“