Bringen Farbe in den Bahnhof: (von links) Georg Waibel, Michael Balke und Philipp Becker, die vermutlich bis Mittwoch noch im Bahnhof arbeiten werden. Foto: Werner Waldner

Das Studio Vierkant gestaltet den östlichen Teil der Bahnhofsunterführung.

Vier, fünf Arbeitstage hatten sie eingeplant, um den östlichen Teil der Bahnhofsunterführung neu zu gestalten. Aber nun dauert’s doch ein bisschen länger, der vielen Winkel und Absätze wegen. Es gebe viel abzukleben, sagt Georg Waibel vom Studio Vierkant, das von der Stadt Kornwestheim den Auftrag erhalten hat, Farbe in den Untergrund zu bringen. Wie’s einmal werden soll, das lässt sich schon jetzt gut erkennen: farbenfroh.

Nein, klassische Graffiti machen Georg Waibel, Philipp Becker und Michael Balke in der Bahnhofsunterführung nicht. Wegen der Dämpfe biete sich der Einsatz der Sprühflasche nicht an, zumal sich ja auch gastronomische Betriebe dort befänden, sagt Becker Das Trio streicht die Wände und Säulen, nachdem es sie am ersten Tag grundiert hat, mit einer Latexfarbe. Philipp Becker spricht statt von Graffiti deshalb lieber von Pop-up. Ein wenig versteckt an der Nordwand findet sich die grafische Darstellung der wichtigsten Gebäude Kornwestheims, in die auf Wunsch der Stadträte noch die Moschee aufgenommen wurde. Vermutlich werden die meisten Passanten die Einstimmung auf die Stadt gar nicht wahrnehmen. Das Problem der Bahnhofsunterführung: Es gibt in dem Bereich, der im Besitz der Stadt ist, keine große, durchgehende Fläche, die eine auffallende Gestaltung mit Schriftzügen oder Zeichnungen ermöglichen würde. Die Mitglieder des Studio Vierkants müssen sich mit kleinen Flächen und Säulen begnügen.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Bahnhof – Diskussionen über Graffito

Hatten sie Probleme damit, dass ihnen die Stadträte ins Handwerk gepfuscht und Nachbesserungen verlangt hatten? „Überhaupt nicht“, versichert Georg Waibel. Es sei für sie nicht erstrebenswert, etwas gegen das Interesse der Auftraggeber zu tun. Sie verstehen sich, gerade wenn sie öffentliche Flächen im Auftrag einer Kommune oder der Bahn gestalten, nicht nur als Künstler, sondern auch als Dienstleister.

Alles beginnt für das Trio vom Studio Vierkant mit einem Besuch und dem Vermessen der Örtlichkeit. In ihrem Designbüro am Nordbahnhof in Stuttgart hirnen sie dann was man aus den Flächen machen kann – und zwar gemeinsam. „Es ist cool, dass wir aus einem breiten Spektrum schöpfen können.“ Gegenseitig spielen sie sich die Bälle zu, geben sich Rückmeldung, bis das Design steht. Aufträge gibt’s für den Grafikdesigner Philipp Becker, für Georg Waibel, der Medien- und Bildungsmanagement studiert hat, und Michael Balke, der Bildende Kunst studiert, schwerpunktmäßig in der Region Stuttgart. Aber auch in Offenburg, Bonn, Oslo und Las Vegas haben sie schon Flächen gestaltet.

In Kornwestheim werden sie noch bis Mitte der Woche im Untergrund sein, bevor das Werk, das sich die Stadt 15 000 Euro kosten lässt, vollendet haben. Und dann sollte niemand mehr sagen, Kornwestheim sei eine „graue Maus“.