Leere Sitzreihen im Capitol: Bis zu einer Entscheidung über die Zukunft des Lichtspielhauses dauert es noch Monate. Foto: Marius Venturini

Wie lange wird es das Capitol noch geben? Eine wichtige Entscheidung fällt im April.

Kornwestheim - Michail Toronidis kämpft an vielen Fronten: Der Betreiber des Kornwestheimer Kinocenters Capitol muss nach wie vor mit den Effekten der Corona-Pandemie klarkommen, die ihm seit mittlerweile fast zwei Jahren große Teile des Geschäfts verhageln. Streamingdienste wie Netflix oder Disney+ setzen den Kinos landauf, landab zu. Und als wäre das nicht genug, gibt es da noch eine andere Angelegenheit, die den Capitol-Geschäftsführer beschäftigt. Die gute Nachricht: In diesem Fall kann und muss er zur Zeit nicht viel unternehmen. Toronidis wartet.

Dabei ist das Thema durchaus brisant und könnte, bei entsprechendem Ausgang, zum Ende des Capitol führen. „Eine reine Verwaltungssache“, nennt Toronidis den Vorgang, der sich in Teilen schon mehrere Jahre hinzieht – und der vor allem mit der Spielhalle zu tun hat, die er parallel zum Kino im selben Gebäudekomplex in der Güterbahnhofstraße betreibt. Lichtspielhaus und Casino teilen sich das Personal, aufgrund dieser Konstellation wird das Capitol erst rentabel.

Spielhalle war zeitweise schon zu

Doch schon im Oktober 2021 hatte Toronidis, der das Kino im Jahr 2019 von Vorbesitzerin Gerda Schaich übernommen hat, Alarm geschlagen. In einem Brief hatte ihm die Stadtverwaltung mitgeteilt, dass der Betrieb der Spielhalle nicht mehr zulässig sei. Laut Landesglücksspielgesetz muss zwischen zwei Betrieben oder zu Schulen und Kindergärten ein Abstand von mindestens 500 Metern liegen. Mitte September machte er die Automatenhalle also dicht – vorerst. „Wie lange ich das Kino unter diesen Bedingungen weiter offen halten kann, zumindest mit dem derzeitigen breiten Angebot, das weiß ich aber nicht“, sagte er damals im Gespräch mit unserer Zeitung.

Nun sind ein paar Monate ins Land gezogen – und das Casino ist wieder geöffnet. Wie das geht? Toronidis spricht in diesem Zusammenhang etwas kryptisch von einem „Verfahren, das nichts zu tun hat mit dem Bescheid der Stadt“ – das schon mehrere Jahre laufe und sich mit der Konzession der Spielhalle befasse. Mehr will er vorerst nicht sagen, nur soviel: „Wir wollen die Aussage des Gerichts abwarten.“ So lange könne das Casino jedenfalls geöffnet bleiben.

Ein Casino von vier darf bleiben

Außerdem – und das dürfte auf lange Sicht für Toronidis noch wichtiger sein – ist bei der Stadtverwaltung noch längst keine Entscheidung gefallen, welche Spielhalle am Ende wirklich dichtmachen muss und welche bleiben darf. Rund um die Güterbahnhofstraße, in der Jakob- und der Bahnhofstraße, gibt es mehrere Betriebe. Die Behörden hatten bei der Anpassung des Glücksspielgesetzes zudem Übergangsfristen empfohlen, es gab außerdem Härtefallanträge.

Die „Auswahlphase“ in Kornwestheim laufe derzeit noch, bestätigt Lisa Herfurth von der städtischen Pressestelle. Die finale Entscheidung wird voraussichtlich im April getroffen. „Insgesamt sind vier Spielhallen von den Regelungen des neuen Glückspielrechts betroffen. Von diesen vier Spielhallen darf künftig nur noch eine betrieben werden“, informiert Herfurth. Es handele sich um eine sehr komplexe Rechtsmaterie, bei der viele rechtliche Fragen noch hätten geklärt werden müssen. Die meisten Fragen seien unter anderem durch das letzte Urteil des Mannheimer Verwaltungsgerichtshof vom 9. September 2021 geklärt worden. Erst danach habe die Kommune damit begonnen, die Auswahlentscheidung vorzubereiten. „In diesem Zusammenhang wird auch die Rechtssituation der Spielhalle beim Capitol bewertet“, so Herfurth.

Corona setzt dem Kino ebenfalls zu

Die Entscheidung, welche Spielhalle weiter betrieben werden darf, wird im Vorfeld auch im Gemeinderat thematisiert werden. Sollte es am Ende aber wirklich Toronidis’ Betrieb treffen, wird die Luft auch für den Kinobetrieb dünn. „Ich wüsste nicht, wie es weitergeht, wenn die Spielhalle wegfällt“, sagt er. Denn dann müsste er für das Kino eigenes Personal einstellen. Bisher kümmern sich die Casino-Mitarbeiter auch mal um Plakate und Telefondienst fürs Capitol. Diese „Synergieeffekte“ müsste Toronidis dann streichen. Schwere Zeiten sind es sowieso. Die vergangenen Monate seien „nicht so gut“ gelaufen. „Die 2G-Plus-Regeln haben schon dazu beigetragen, dass es vielen auch zu umständlich ist“, sagt er. Außerdem sei da natürlich auch noch die Angst der Leute, vor allem die Erwachsenen kämen nicht mehr so häufig ins Kino.

So flimmern im Capitol erst einmal weiter die neuesten Steifen über die Leinwände. Es fragt sich bloß, wie lange noch?

Legendäre Vorbesitzerin, Abwechslungsreiches Programm

Zwei Säle
 Das Kornwestheimer Capitol verfügt über zwei Kinosäle: Der namensgebende große Saal hat 153 Plätze, im „Little Red“ haben 73 Personen Platz.

Vorbesitzerin
 Rund 40 Jahre lang hat Gerda Schaich das Capitol betrieben. Im Frühjahr 2019 saß sie im Alter von 86 Jahren zum letzten Mal an der Kasse in der Güterbahnhofstraße – nach rund 70 Jahren Berufstätigkeit in der Kinobranche. Sie verkaufte Kino und Gebäude schließlich an Michail Toronidis.

Neues Team
Michail Toronidis, der zuvor bereits die Spielhalle unter dem Capitol betrieben hat, fungiert als Geschäftsführer. Der Stuttgarter Tobias Scholz ist für den Filmeinkauf zuständig.

Konzept
Das Programm setzt sich aus Familien- und Kinderfilmen, aus Streifen aus dem eher anspruchsvollen Arthouse-Programm, aber auch aus den gängigen Blockbustern zusammen. Das Konzept des „Besonderen Films“ einmal pro Woche haben Scholz und Toronidis sogar auf zwei Vorführungen ausgebaut. Hinzu kommen Filme auf Russisch, Polnisch, Telugu (eine Sprache Indiens) und natürlich Englisch. Außerdem im Angebot: Die Anime-Night, die vom 29. März an wieder Fans locken soll.