Führungskräfte aus der ganzen Welt zeigen, dass sie nicht nur fit im Kopf sind, sondern auch handwerklich begabt: Auch die Kinder vom Schullandheim freuen sich über schicke neue Außenmöbel. Foto:  

Nicht nur Seminare, Vorträge und Business-Simulationen – die Führungskräfte zimmern eigenhändig einen Verkaufswagen und Holzmöbel für ein Hofcafé der Diakonie der evangelischen Brüdergemeinde Korntal.

„Das ist allerbeste Handarbeit, da wurde Qualität abgeliefert“, ist Lloyd Comer voll des Lobes. Der Mann aus Wales muss es wissen, denn er hat mit seinem Kollegen Dan Pooley mehr als 300 ähnliche Projekte in 31 Ländern entworfen und bei deren Umsetzung haben sie gemeinsam Hand mitangelegt. Auch Andreas Wieland, der Geschäftsführer der Diakonie der evangelischen Brüdergemeinde Korntal sowie Florian Aufrecht, der Leiter der Zukunftsfelder der Diakonie, sind begeistert von dem, was in zwei Tagen auf einer Wiese beim Schullandheim am Lotterberg aus dem Boden gestampft wurde: ein riesiger neuer Verkaufswagen und eine attraktive Außenmöblierung für ein zukünftiges Hofcafé.

Doch spätestens, als nach der feierlichen Übergabe zwei riesige Luxusliner-Busse vorfahren, um die mehr als 130 „Handwerkerinnen“ und „Handwerker“ in ihr Hotel zu bringen, wird deutlich, dass diese in ihrem Alltag etwas ganz anderes sind: weltweit agierende Bosch-Führungskräfte von Mexiko über Südafrika bis nach China. Der Weltkonzern auf der Gerlinger Schillerhöhe hat sie in die Region gerufen zu Vorträgen, Seminaren, Workshops, Business-Simulationen.

Mit im Boot war auch die European School of Management and Technology Berlin (ESMT Berlin), eine private Wirtschaftshochschule. Die wurde 2002 durch deutsche Unternehmen und Verbände gegründet, um hierzulande eine internationale Wirtschaftshochschule zu etablieren. Der Partner für den praktischen Teil ist Splash Community Projects gewesen. Die Firma mit Sitz in Exmouth in der englischen Grafschaft Devon bringt Unternehmen und gemeinnützige Organisationen zu nachhaltigen Gemeinschaftsprojekten zusammen.

Die einen machen neue Erfahrungen mit Teambildung, Führungsentwicklung und Selbstwirksamkeit, indem sie außerhalb ihres normalen Geschäftsumfelds herausgefordert werden. Die andere Seite kann Vorhaben entwickeln, die sie selbst allein nicht stemmen kann – wie die Diakonie der Brüdergemeinde.

Splash verbindet Interessen

„Wir sind schon drei Monate im Vorfeld mit Splash in Kontakt gewesen, sie haben ihr Leistungsportfolio vorgelegt und wir unsere Vorstellungen und Wünsche – und das Ergebnis ist jetzt Wirklichkeit geworden“, blickt Andreas Wieland zurück. Gemeinsam wurde für rund 20 000 Euro Holz eingekauft. In Korntal hat Splash ein siebenköpfiges Team an Fachkräften für die sichere Begleitung der Baustelle sowie die nötigen Werkzeuge zur Verfügung gestellt.

Der Nutznießer des erfolgreichen Projektes ist der Schulbauernhof Zukunftsfelder der Diakonie mit dem Schullandheim. Dessen Zentrum ist die „Arche“, denn der Stall des Hofes ist einem Schiffsrumpf nachempfunden. Er soll an die biblische Geschichte der Rettung von Mensch und Tier vor der Sintflut durch Noah erinnern. Der Schulbauernhof gehört zu den rund 90 offiziell anerkannten Archehöfe in Deutschland. Hier werden Nutztiere für die Versorgung des Schullandheimes mit Lebensmitteln gehalten. Es sind Limpurger Kühe, Schwäbisch-Hällische Landschweine, Coburger Fuchsschafe, Schwarzwaldziegen – alte, vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen, die auf den Archehöfen noch gehalten werden, um die genetische Vielfalt der Nutztiere zu bewahren.

Die Versorgung der Tiere ist zu einem guten Teil durch den eigenen ökologischen Ackerbau möglich. Aber auch viele Nahrungsmittel für das Schullandheim werden selbst angebaut: Alte und moderne Getreidesorten sowie Kartoffeln und Gemüse. Ein Nutz- und Kräutergarten zur Selbstversorgung ist ein Bestandteil der Landwirtschaft, ebenso eine Streuobstwiese. Was über den eigenen Gebrauch hin erzeugt wird, kann in einem kleinen Hofladen – ein alter Bauwagen – gekauft werden: Eier, Mehl, Nudeln und Wurst sowie je nach Saison auch Kartoffeln, Zwiebeln und Kürbisse. Auch selbst gebackenes Brot gibt es hier.

„Bei ihrem Aufenthalt im Schullandheim bekommen Heranwachsende eine Vorstellung von der Abhängigkeit des Menschen vom Naturkreislauf vermittelt“, sagt Florian Aufrecht, der Leiter der Zukunftsfelder. „Die Kinder lernen die Schöpfung in ihrer Fülle kennen, wertschätzen und bewahren, zudem erfahren sie die Biografie der Lebensmittel und einer gesunden Nahrung.“

Die zweite Meile

Doch die Zukunftsfelder sind inzwischen mehr als nur das Schullandheim, mittlerweile gibt es hier auch den Tier- und Naturkindergarten „Kleine Arche“.

„Mit dem nun fertiggestellten neuen, geräumigen Verkaufswagen und dem in der Genehmigungsphase befindlichen Hofcafé für das uns die Bosch-Führungskräfte nun die perfekte Außenbestuhlung gebaut haben, leiten wir ein weiteres Angebot ein, wir nennen es die zweite Meile“, sagt Florian Aufrecht. „Hier werden Menschen mit einer Behinderung, einer psychischen Krankheit, oder die bedürftig sind, eine Begleitung auf dem Weg in den ersten Arbeitsmarkt bekommen“, schildert er. Die Einkünfte sollen auch dazu beitragen, dass die Aktivitäten des Schullandheimes künftig weniger abhängig von Spenden werden.