Wenn das Kind zur Schule muss, ist das Halteverbot oft egal: Elterntaxis haben keinen guten Ruf. Aber stimmt das Vorurteil wirklich? Der Auto Club Europa hat das im Rahmen seiner neuen Initiative “Easy Going“ geprüft.
Es ist kurz vor Schulbeginn an der Korber Gesamtschule. Die Eugen-Ruoff-Straße, die an das Schulgelände angrenzt, ist komplett voll, ein Auto nach dem anderen fährt die steile 30er-Zone hoch. Viele halten im Halteverbot am Straßenrand. Aus den Wagen steigen Eltern aus, die ihre Kinder zur Schule bringen. Autotür auf, Kind zum Eingang begleiten, weiterfahren.
Auf dem Gehweg stehen derweil Menschen in roten Jacken und beobachten mit einem Klemmbrett in der Hand das Geschehen. Jedes Mal, wenn ein Fahrer gegen eine Verkehrsregel verstößt, machen sie einen Strich auf ihrer Liste.
Die Menschen mit den leuchtend roten Jacken sind Mitglieder des Auto Clubs Europa. Jedes Jahr untersuchen die Ehrenamtlichen verschiedene Aspekte der Mobilität. Dieses Mal geht es um die Sicherheit auf Schulwegen, wobei die Ehrenamtlichen in einem ersten Schritt die Elterntaxis unter die Lupe nehmen. In einem zweiten Check prüfen die Mitglieder dann die Infrastruktur: Sind die Straßen um die Schule herum verkehrsberuhigt? Gibt es Fußgängerüberwege? So begutachtet der ACE deutschlandweit mindestens 150 Grundschulen. Auftakt ist an der Gesamtschule in Korb.
Elterntaxis schon länger ein Problem
Derweil parkt eine Mutter ihren Mazda in einer Hauseinfahrt. Sie steigt aus, lässt den Motor laufen und geht mit ihrem Kind in Richtung Schuleingang. Es ist ein typisches Szenario zum Schulbeginn und -ende, wie Konrektorin Martina Gaßner berichtet. Für die Schulleitung und die Anwohner sind Elterntaxis schon lange ein Ärgernis – kein Wunder also, dass die Korber Gesamtschule beim Projekt mitmacht.
Die Mutter bringt indes ihren Sohn über die Straße. Sie nimmt ihn an der Hand, schaut nach links und rechts und überquert die 30er-Zone rasch. In Sachen Verkehrssicherheit hat sie sich hier also korrekt verhalten. Es ist ein Bild, das der ACE-Bundesvorsitzende Stefan Heimlich häufig beobachtet. „Die Eltern machen oft alles richtig, erklären dem Kind aber meist nicht, warum“, sagt er. „Sie behandeln die Kinder oft wie kleine Erwachsene.“
Die meisten Elterntaxis parken im Halteverbot
Nach einer halben Stunde haben die ACE-Mitglieder 27 Elterntaxis gezählt. Die Auswertung ist ernüchternd: In allen Fällen haben sich die Autofahrer falsch verhalten. Mehr als drei Viertel parkten im Halteverbot und behinderten damit die anderen Fahrer. Der Rest parkte in Einfahrten, was zwar keinen Verstoß gegen Verkehrsregeln darstellt, aber trotzdem ein Ärgernis ist. „Ich bin froh, dass ich erst um 8.30 Uhr los muss“, sagt etwa eine Anwohnerin, die im Häuserblock auf der unteren Seite des Schulgebäudes wohnt. „Ich würde sonst nicht rauskommen, sie parken alles zu.“
Gut bewertet der ACE hingegen die Infrastruktur im Schulumfeld. Eine Ampel und ein Zebrastreifen helfen Kindern, die Straße von der Bushaltestelle zur Schule sicher zu überqueren. Auch drei blaue Geländer, die eine Treppe zum Schulhof von der Straße trennen, heben die ACE-Mitglieder positiv hervor. „Ich war früher auch etwas agiler, ich wäre da bestimmt auf die Straße gerannt“, sagt ACE-Mitglied Sven Hübschen dazu. Hindernisse wie diese könnten Schlimmeres vermeiden.
Statt Elterntaxi besser zu Fuß
Ziel des Projekts sei jedoch nicht, mit dem Finger auf die Eltern zu zeigen, sagt der ACE-Regionalbeauftragte Elias Schempf. Es gehe vielmehr darum, diese für die Gefahren zu sensibilisieren und das Risiko von Unfällen zu minimieren.
„Kinder können den Verkehr noch nicht richtig überblicken“, erläutert Stefan Heimlich später. Das Sichtfeld von Kindern sei viel kleiner als das eines Erwachsenen. „Und sie können keine Geschwindigkeiten einschätzen.“ Daher kämen die häufigsten Unfälle mit Kindern auch beim Überqueren der Straße zustande.
Tipps für Eltern für den Schulweg ohne Auto
- Eltern sollten den Schulweg mit ihren Kindern üben
- eine sichere Strecke auswählen, beispielsweise mithilfe von Schulwegplänen
- mit gutem Beispiel vorangehen
- ihre Kinder rechtzeitig auf den Weg schicken
- auf helle Kleidung achten
Auch die Schulleitung und der Hausmeister der Gemeinschaftsschule versuchen bereits, mit verschiedenen Aktionen dem Elterntaxi-Chaos entgegenzuwirken. Anfang des Schuljahres fand die jährliche Aktion „Sicherer Schulweg“ der Waiblinger Polizei unter anderem in Korb statt.
„Ich ermutige die Eltern bei allen Elternabenden, das Kind, wenn möglich, zu Fuß zur Schule zu bringen“, sagt Konrektorin Martina Gaßner zudem. Das sei für die Entwicklung der Kinder wichtig, sagt auch ACE-Mitglied Gabi Rolland. So übten sie, selbst Entscheidungen zu treffen und sich im Straßenverkehr zurechtzufinden. „Das ist Lebenserfahrung“, sagt Rolland. „Wo lernen sie es sonst?“