Patrick Siben und seine Saloniker spielen Jazz bei ihren Konzerten in luftiger Höhe. Auch Schwingungen des Turms brächten die Musiker nicht aus dem Konzept, sagt Siben. Foto: Sabine Schwieder

Karten für die Vollmondkonzerte der Saloniker auf dem Fernsehturm sind für das restliche Jahr rar. Der Kapellmeister Patrick Siben erklärt sich den Ansturm nicht mit der Wiedereröffnung, sondern mit dem Konzept und dem besonderen Veranstaltungsort.

Degerloch - Die Leser dieses Artikels müssen Geduld haben, falls sie bei der Lektüre neugierig geworden sind auf die Vollmondkonzerte des „Saloniker String und Swing Orchestras“ im Fernsehturm. Die Konzerte am kommenden Donnerstag und Freitag sind ausverkauft, und so ist es auch an den meisten anderen Terminen in diesem Jahr.

Der Kapellmeister der Saloniker, Patrick Siben, kann zufrieden sein mit der Resonanz des Publikums auf die Veranstaltung nach drei Jahren Zwangspause aufgrund der Schließung des Stuttgarter Wahrzeichens. Er weist aber den Verdacht zurück, dass die Konzerte deshalb so beliebt seien, weil die Stuttgarter im Jahr der Wiedereröffnung besonderen Nachholbedarf an Veranstaltungen im Fernsehturm haben. „Wir hatten auch Erfolg mit unseren Konzerten vor der Schließung 2013“, sagt er. Für ihn besteht das Erfolgskonzept der Konzertreihe zum einen am Veranstaltungsort in luftiger Höhe, zum anderen am Inhalt, den Siben in direkten Zusammenhang mit dem Wahrzeichen der Landeshauptstadt setzt. Siben kann Anekdoten erzählen, die deutlich machen, dass ein Konzertbesuch in der Spitze des Fernsehturms immer ein Erlebnis der besonderen Art ist. So schildert er, wie eine Besucherin des Vollmondkonzerts nur einen Fuß aus dem geöffneten Fahrstuhltür gesetzt hat, um dann schnurstracks umzukehren. „Es war Sturm, und der Turm hat etwas gewankt“, erinnert sich Siben. Die Gäste, die geblieben sind, hätten dagegen mit Begeisterung genossen, dass sie während des Konzerts ein wenig an Bodenhaftung verloren.

Geschichte mit den Sinnen erleben

Im Korb des Fernsehturms würden die Besucher förmlich spüren, wie sich die Radiowellen nach allen Seiten ausbreiten, sagt Siben. Und genau dahin will der Kapellmeister sie auch bringen. Sie sollen das Gebäude und seine Geschichte mit den Sinnen erleben.

Besonders wird natürlich das Gehör angesprochen. So nimmt Siben seine Zuhörer auf eine musikalische Zeitreise, in der er darstellt, wie der Aufschwung der Popularmusik und der damit verbundene Triumph des neuen Mediums Radio, zur Entwicklung des Fernsehens führte und damit den Bau des Fernsehturms bedingt hat.

Siben beginnt im Jahr 1890, als sich die Jugend zum ersten Mal für Vorläufer des Jazz begeisterte, streift das Jahr des Spatenstichs für den Fernsehtrum 1954. Dazwischen umschifft Siben auch schwierige Daten nicht. Für das Jahr 1933 hat er das Stück „It don’t mean a thing“ von Duke Ellington herausgesucht. Es steht für das Ende der Jazzmusik im Dritten Reich.

Doch nicht nur die Höhe und der musikalische Geschichtsunterricht zögen die Besucher an, sagt Siben. Er glaubt an die Magie des Vollmonds. „Ich schaue immer im Mondkalender nach, wie die Chancen stehen“, sagt er. „Ohne Vollmond fehlt was.“