Isabel Thalhäuser im Merlin vor einigen ihrer Musikerfotografien. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Von Dagobert bis Peter Muffin: Pünktlich zum Beginn des Klinke-Festivals zeigt Isabel Thalhäuser im Kulturzentrum Merlin ihre Konzertfotografien.

Stuttgart - Sie steht konzentriert an der Seite der Bühne, während andere zu Pop-Musik durch den kleinen Club hüpfen. Isabel Thalhäuser spürt, wenn Musikerinnen und Musiker nicht mehr nur für das Publikum spielen, sondern für die Musik. Wann sie den Auslöser der Kamera drückt? Dafür hat sie keinen Plan, keine Vorbereitung. Das passiert aus dem Bauch heraus. Für Thalhäuser ist die Konzertfotografie ein Mittel, um ihre Leidenschaft festzuhalten: die Musik. Eigentlich ist Konzertfotografie ein eigener Beruf. Sie macht das alles neben dem Beruf. Dafür gründete sie mit einem Freund zusammen die Plattform „Fragmente Deutschland“.

Zu bekannteren Bands geht sie allerdings nicht mehr: „Mich haben diese großen Gesten fürs Publikum irgendwann gelangweilt“. Oft bekommt sie Tipps von Freunden oder entdeckt im Netz neue Musik. Einen MP3-Player hat die 33-jährige immer im Rucksack. Gefällt ihr, was sie hört, geht sie auf das nächste Konzert der Band und fotografiert. Mit einem Kollegen habe sie sich kürzlich unterhalten, der gar nicht mehr anders könne, als zu fotografieren. Für Thalhäuser ist die Trennung wichtig, zwischen Konzertfotografie und dem Konzertbesuch der guten Musik wegen. „Im Frühjahr und Herbst möchte man sich aber am liebsten zerreißen“, dann wird die Stuttgarter Szene wieder sehr lebendig und sie ärgert sich, ein Konzert gegen das andere abwägen zu müssen.

Farbe lenkt zu sehr von den Künstlern ab

Die Fotos bearbeitet sie vor der Veröffentlichung. Am besten direkt nach dem Konzert, die Musik noch im Ohr. Wenn es mal länger dauert, bis sie dazu kommt, ebenfalls mit Musik im Ohr. Zum Leidwesen der Nachbarn, glaubt sie. Schwarz-weiß müssen ihre Bilder sein: „Farbe lenkt zu sehr von den Künstlern und ihren Emotionen auf der Bühne ab“. Zwar leben ihre Bilder von der Atmosphäre, die auf der Bühne herrscht, doch gehört auch immer ein bisschen Glück dazu, eine Show zu erwischen, die einigermaßen vorteilhaft beleuchtet ist. Starke Kontraste, Licht und Schatten nutzt sie als Stilmittel, um den Ausdruck der Künstler zu verstärken.

Thalhäuser erzeugt eine große Wirkung, indem sie das Bild auf das Wesentliche reduziert. „Wie auch sonst“ möchte man sich fragen, steht man ihr gegenüber. Schlicht und schön ist die Kleidung: blaue Bluse, schwarze Jeans. Von überflüssigem Ballast befreit erzählt sie beschwingt und kichernd von ihrem musikalischen Erweckungserlebnis, den Red Hot Chili Peppers bei Rock im Park 2004. Ihre Eltern aus dem Erzgebirge hörten damals Volksmusik, sie entdeckte den Musiksender Viva und damit auch Nirvana und The Roots. Inzwischen geht sie nur noch in kleinere Clubs, wo die Künstler ihre Musik mit Leidenschaft spielen und wo den Songs noch eine Bedeutung inne wohnt, wie sie denkt. Ihr Bild von Sophie Löw, der Sängerin von Culk, lässt den psychedelischen Rock erahnen, den die Band aus Österreich spielt. Ein Moment, in dem die Sängerin das Mikrofon fest in der Hand hält, den Blick konzentriert in die Ferne gerichtet. Trotzdem wirkt die andere Hand irgendwie zart, verspielt und zurückhaltend.

Stuttgart ist eine Stadt, die sich erst auf den zweiten Blick entfaltet, findet sie. Ursprünglich nur zum Studieren nach Ludwigsburg und später in den Kessel gezogen, lernte sie schnell die lokale Musikszene kennen. Auch um sich zu dieser lokalen Szene zu bekennen, hängt in der Ausstellung ein Bild vom Stuttgarter Die-Nerven-Musiker Julian Knoth alias Peter Muffin. In Thalhäusers Augen einer der bedeutendsten Musiker im Kessel. „Ich finde es super, dass er sich auch lokalpolitisch für mehr Freiräume einsetzt, in denen Kultur stattfinden kann“.

Sie haben ein Händchen für Musiker

Am liebsten fotografiert sie bei Veranstaltungen im Kulturzentrum Merlin. „Dort haben sie ein Händchen für die Auswahl der Musiker“, und offene Türen habe sie dort auch eingerannt mit der Idee der Konzertfotografie. Deshalb wird sie auch dort ihre erste Ausstellung haben. Bilderrahmen möchte sie nicht. Sie ist nicht der Typ, der Fotos in strenge Formen zwingen will. Stattdessen hat sie die Wand um die Bilder herum schwarz gestrichen. Ihre Vernissage findet diesen Donnerstag im Merlin statt. Ebenso wie das Klinke-Festival. Vielleicht wird sie auch beim Klinke-Festival schon wieder am Rand der Bühne stehen und darauf warten, den Auslöser der Kamera drücken zu können.

Ausstellung und Festival

Termin: Isabel Thalhäuser zeigt zur Eröffnung des Klinke-Festival ihre Werke im Kulturzentrum Merlin. Vernissage ist an diesem Donnerstag um 19.30 Uhr. Das Klinke-Festival wird an diesem Donnerstag um 20.30 mit einem Konzert des Stuttgarter Kultduos Putte Edgar eröffnet. Weiter geht’s in den darauf folgenden Wochen jeweils mittwochs bis samstags bis zum 31. August.

Weitere Informationen zum Festival gibt es hier.