Andreas Willberg möchte vielen Menschen kulturelle Teilhabe bieten. Foto: Werner Kuhnle

Der Marbacher Kantor Andreas Willberg stellt ein breites und vielfältiges Kirchenmusikprogramm 2023 vor. Ein Jahr voller musikalischer Höhepunkte steht an.

Im Wortsinne alle Register bespielt die Evangelische Kirche in Marbach unter der Leitung ihres Bezirkskantors Andreas Willberg mit ihrem Musikprogramm 2023. Während Willberg nach Amtsantritt durch die Pandemie noch ausgebremst wurde, greift er jetzt in die Tasten und liefert Marbach ein vielfältiges Programm. „Wir haben viel mehr Formate in der Anzahl, aber auch in der Vielfalt.“

Zum Auftakt gibt es Madrigale

Willberg ist keiner für Alleingänge, sondern bereichert durch Kooperationen mit anderen Organisationen den Spielplan. Mit Schulen gibt es gemeinsame Konzerte die dann „zu Brücken für die Kultur in unseren Kirchen wird“. Eine solche lebendige Kooperation besteht auch mit dem Verein zur Erhaltung der Alexanderkirche. Den Auftakt macht am 5. Februar das DeCantata-Vokalensemble unter Thomas Meyer mit „Deutschen Madrigalen im italienischen Stil“. Meyer ist eigentlich im Brotberuf Data Analyst für das Deutsche Literaturarchiv (DLA) und laut Willberg ein herausragender Musiker. Bedauerlicherweise ist das gleichzeitig sein Abschiedskonzert vor seinem Wegzug.

Doch das sind nicht die einzigen Berührungspunkte mit dem DLA. Mit „Nun sich das Herz von allem löste“ spielt man Lieder im Krieg von Schiller bis Klepper. Nicht umsonst ist der Termin hierfür der 9. November in Erinnerung an die Reichspogromnacht. Klepper nahm sich mit seiner jüdischen Ehefrau vor dem Zugriff der Nationalsozialisten das Leben. In einer Mischung aus Vortrag und Musik wird mit dem Brennglas sichtbar, wie kriegerisch unsere Welt auch heute ist.

Geburtstagskonzert für den Astronomen Tobias Mayer

Doch was wäre ein Marbacher Programm, wenn es nicht den zweiten berühmten Sohn Marbachs zu dessen 300. Geburtstag würdigen würde. Mit einem Kantatengottesdienst von Johann Sebastian Bach „Du wahrer Gott und Davids Sohn“ am 10. Februar beginnt das Geburtstagskonzert für den Astronomen Tobias Mayer. Am 10. September folgt dann „Sonne, Mond und Sterne“ und bietet die Chance für ein offenes Abendliedersingen an. Und mit „Der Mond ist aufgegangen“ schließt sich dann der Reigen im Mayer-Jubiläumsjahr.

Und dann steht auch noch der „17. Marbacher Orgelsommer“ an. Da werden mit Abba, Queen und Harry Potter am 6. August auch Pop-, Rock- sowie Freunde der Filmmusik auf ihre Rechnung kommen. Ein Highlight dürfte sicher auch „Der müde Tod“ von Fritz Lang werden, bei dem Stummfilm und Orgelimprovisation in eine Symbiose treten. Ein weiterer Höhepunkt folgt am 26. November: Das Oratorium „Die Auferweckung des Lazarus“ von Johann Gottfried Herder.

Marimba-Virtuosin Jasmin Kolberg tritt auf

Zweites wichtiges Format neben dem Orgelsommer sind die Feiertagskonzerte. Am 10. April gastiert die Marimba-Virtuosin Jasmin Kolberg. Am zweiten Weihnachtsfeiertag gibt es mit Christmas Jazz und dem Siegfried Liebl Trio einen Festgottesdienst.

Die Kinder dürfen natürlich nicht zu kurz kommen. Neben der erwähnten Zusammenarbeit mit Musikschule oder dem Friedrich-Schiller-Gymnasium ist Willberg auch stolz auf die lebendige Chorkultur. Fast 40 Kinder machen dort. Es beginnt mit dem Musikmärchen „Peter und der Wolf“ von Sergei Prokofjew am 29. Mai und gipfelt in „Tierisch gut!“ im Sommerkonzert der Kinderchöre.

Wo kommen einem so viele Ideen für neue Formate und Konzerte? „Oh, das ist ein täglicher Prozess und viel im Urlaub beim Strandspaziergang“, sagt Andreas Willberg zu dieser Frage. „Ich bin mir natürlich unseres Privilegs durch die Kirchensteuer bewusst.“ Um etwas zurückzugeben, ist der Eintritt frei. So wird wird kulturelle Teilhabe für alle ermöglicht, das ist dem Musiker wichtig.

Herzenswunsch: ein Auftritt in Notre-Dame de Paris

Glücklich ist Willberg auch wieder über die persönliche Nähe zu den Menschen. „Digitale Formate sind wichtig, doch sie können den menschlichen Kontakt einfach nicht ersetzen“, sagt der Kirchenmusiker. Und fügt hinzu: „Es hat so etwas Magisches, wenn der Raum bei einem Konzert voll ist.“ Das könnte nur noch durch seinen Herzenswunsch eines Auftritts in der Pariser Kirche Notre-Dame übertroffen werden.