Explosive Mischung: Die Pianistin Yuja Wang tritt mit dem City of Birmingham Orchestra unter Mirga Grazinyte-Tyla auf . Foto: Kirk Edwards

Auch in der nächsten Saison lädt die Konzertagentur Russ wieder renommierte Klassikkünstler aus der ganzen Welt nach Stuttgart. 2018/19 mischen sich etablierte und neue, ältere und junge Musiker auf besonders aparte Weise.

Stuttgart - Ganz besonders weit spannt sich in der nächsten Spielzeit der Bogen: Zwischen großen Namen und Jungstars haben Michaela und Michael Russ 2018/19 ihre vier Klassik-Reihen so gestaltet, dass man richtig gespannt sein darf. Der demnächst 91-jährige Herbert Blomstedt (mit Brahms’ erster Sinfonie am Pult der Sächsischen Staatskapelle), der junge Cembalo-Wuschelkopf Jean Rondeau (mit gleich zwei Konzerten), dazu die Jugendphilharmonie aus Kolumbien, die bei ihrem letzten Auftritt im Beethovensaal bunte Flöten zum Mitmusizieren an das begeisterte Publikum verteilte: Das ist eine echte Ansage. Auf schöne Weise mischen sich im Programm bekannte Gesichter (darunter Sol Gabetta, Hilary Hahn, Baiba Skride, Avi Avital, Daniel Müller-Schott, Alice Sara Ott, Igor Levit, Grigory Sokolov) mit neuen und jungen – und mit Künstlern, die sich, wie etwa der Pianist Krystian Zimerman, generell rar machen. Zimerman, erzählt Michaela Russ, habe ihr sein Konzert selbst angeboten – per SMS.

Man hört’s, lächelt und kann sich, wenn man will, von etlichen weiteren Musiker-Schrulligkeiten berichten lassen: Michael Russ, der Senior, hat nicht nur viel Erfahrung bei der heiklen Kalkulation und beim Austarieren von Abonnements und freiem Verkauf, sondern er hat bei der Zusammenarbeit mit Künstlern auch einen großen Anekdotenschatz gesammelt. Allein über Martha Argerich könnte Russ wohl ein Buch schreiben; im Dezember kommt immerhin der Duopartner der Diva, Sergei Babayan, mit einem Chopin-Recital zu seinem Debüt bei den „Meisterpianisten“. Nach langer Pause wird dort auch Arcadi Volodos wieder zu erleben sein, und erstmals präsentieren sich in dieser Reihe auch Kirill Gerstein sowie Ferhan und Ferzan Önder. Besondere Sprengkraft verspricht die Begegnung der Pianistin Yuja Wang mit der Dirigentin Mirga Grazinyte-Tyla. Und die Kammermusikreihe profitiert vom derzeit spürbaren Boom an hoch qualifizierten Nachwuchs-Streichquartetten. Der Vorverkauf für 2018/19 hat begonnen.

Sorgen bereiten Tochter und Vater Russ die Verzögerungen in Sachen Konzerthaus, das, wenn es auf dem frei werdenden Gleisvorfeld erst nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 gebaut würde, frühestens 2028 in Betrieb gehen könnte. „Das“, sagt Michael Russ, „würden wir in Stuttgart nicht durchstehen, weil die Orchester dann in andere, bessere Säle reisen würden.“ Zwischen Frankfurt und München würde Stuttgart in der Folge zermahlen – und so auch als Standortfaktor an Attraktivität verlieren. „Nur ein neuer Saal“, sagt Russ mit Blick zur Hamburger Elbphilharmonie, „bringt neue Impulse.“ Was hilft? „Stuttgarts neues Konzerthaus muss in den Akademiegarten: als Initial der Kulturmeile.“ Was für eine Chance! Man arbeitet (auch) daran.